10 Fakten: Warum die FSME-Impfung nie wichtiger war als jetzt

Zecken sind auf dem Vormarsch. Darum solltest du dich schützen.

Frau wird geimpft
FSME: Nach insgesamt drei Impfungen ist der Langzeitschutz gegeben. (Foto: Getty)

Laut dem Robert-Koch-Institut ist das Risiko, in Deutschland mit dem FSME-Virus infiziert zu werden, so hoch wie nie. Denn immer mehr Regionen werden offiziell zu Risikogebieten erklärt, die mittlerweile mehr als 40 Prozent der deutschen Stadt- und Landkreise betreffen. Bedingt durch die veränderten klimatischen Verhältnisse breiten sich die übertragenden Zecken aus und können mit der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) eine Krankheit verursachen, für die es bislang keine Heilungsmöglichkeiten gibt.

Die gute Nachricht: Anders als bei Borreliose, die ebenfalls durch Zecken verursacht wird, kann FSME in den meisten Fällen durch eine Impfung verhindert werden. Für eine solche spricht neben der steigenden Zahl der Risikogebiete auch die Verlängerung der Zecken-Saison sowie die Verbreitung neuer Arten, die Menschen gezielt ansteuern können.

Fast alle Fälle von FSME betreffen ungeimpfte Menschen

Erst kürzlich teilte das Robert-Koch-Institut die Anzahl der FSME-Fälle aus dem vergangenen Jahr mit: Insgesamt wurden 475 Fälle einer Frühsommer-Meningoenzephalitis gemeldet, der Großteil davon im Frühling und Sommer. Dabei hatten 99 Prozent der Patient*innen keinen oder keinen hinreichenden Impfschutz.

Der Epidemiologe Pro. Dr. Martin Pfeffer von der Universität Leipzig bezeichnete die Impfquoten explizit auch in ausgewiesenen FSME-Risikogebieten als "niedrig". Problematisch und wenig verständlich vor dem Hintergrund, dass die Impfung eine Erkrankung in den allermeisten Fällen verhindert.

FSME wird direkt beim Stich übertragen

Während die Gefahr einer Borreliose mit der Zeit steigt, die eine Zecke am menschlichen Körper verbringt, kann man eine FSME-Infektion nicht durch ein schnelles Entfernen der Zecke verhindern. Zecken können die Krankheit also direkt am Anfang des Stichs übertragen. Ein weiteres Problem: Anders als bei Borreliose, die mit Antibiotika behandelt werden kann, gibt es keine wirksame Medikation bei FSME. Möglich ist nur die Behandlung der Symptome zum Beispiel durch Fieber senkende Mittel.

FSME kann im schlimmsten Fall tödlich enden

Laut RKI verlaufen 70 bis 95 Prozent aller Infektionen mit dem FSME-Virus asymptomatisch und damit beschwerdefrei. In den restlichen Fällen beginnt die Krankheit mit unspezifischen und grippeähnlichen Symptomen wie Fieber oder Kopfschmerzen, die aber nach einigen Tagen wieder verschwinden, womit die Krankheit oft auch überwunden ist.

Zecke krabbelt auf Haut herum
Weil Zecken oft noch eine Weile auf der Haut herumkrabbeln, erwischt man sie im besten Fall noch vor dem Stechen. (Foto: Getty)

Bei einem Teil der Patient*innen kommt es rund eine Woche nach Verschwinden der Symptome zu einer zweiten Krankheitsphase, bei der es zu Entzündungen des Gehirns, der Hirnhäute (Meningoenzephalitis) oder auch des Rückenmarks (Myelitis) kommen kann. Ist das zentrale Nervensystem betroffen, kann es bei schweren Verläufen zu Lähmungen der Extremitäten kommen sowie zu Sprech- und Schluckstörungen und zu Atemlähmungen. Solche schweren Verläufe treten vor allem bei Erwachsenen auf und enden in 1 Prozent der Fälle tödlich.

Zeckenzeit und -regionen weiten sich aus

Laut dem jüngsten Bericht des RKI gibt es in Deutschland ganze 180 Risikogebiete. Neu dazu gekommen sind der Stadtkreis Frankfurt (Oder) in Brandenburg und der Landkreis Altenburger Land in Thüringen. Die meisten der Gebiete befinden sich aber im Süden und Südosten Deutschlands. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Impfung nicht nur allen Bewohner*innen der betroffenen Gebiete, sondern auch allen Menschen, die planen, diese Gebiete zu bereisen.

Natürlich gibt es FSME-Risikogebiete auch außerhalb Deutschlands zum Beispiel in Österreich, der Schweiz und Skandinavien. Neben der steigenden Zahl der Risikogebiete steigt auch die Aktivität der Zecken im Jahresverlauf. Denn die milden Temperaturen sorgen dafür, dass Zecken nicht mehr nur im Frühling und Sommer aktiv sind, sondern inzwischen fast ganzjährig.

Fast jeder hält sich an Orten auf, an denen auch Zecken zu Hause sind

Man muss nicht in einem dichten Wald oder im hohen Gras in freier Natur unterwegs sein, um von einer oder mehreren Zecken gestochen zu werden. Im Prinzip finden sie sich überall dort, wo es grüne Flächen gibt, und das ist natürlich auch in der Stadt gegeben. Wer also im Park, im Biergarten oder auch auf dem Sportplatz unterwegs ist oder seinen Hund auf einem Grünstreifen Gassi führt, kann gestochen werden.

Schild im Wald warnt vor Zecken
Zecken lauern auch, aber längst nicht nur im Wald. (Bild: Getty)

Anders als oft angenommen klettern Zecken auch nicht auf Bäume, um sich dann auf ihre Opfer fallen zu lassen. Stattdessen finden sie sich auf Gräsern und Büschen und krallen sich in ihrem Wirt oder ihrer Wirtin fest, sobald er oder sie mit ihr in Berührung kommt. Die verbreitetste Art ist der Gemeine Holzbock.

In Zukunft werden sich weitere Zeckengattungen ansiedeln

Der Gemeine Holzbock ist blind und kann nur warten, bis jemand an ihm vorbeiläuft. In wärmeren Ländern wie Portugal, Spanien oder Südfrankreich ist dagegen die Gattung Hyalomma verbreitet. Diese Zecken können sehen und steuern ihre Opfer auch gezielt an. Expert*innen gehen davon aus, dass die wärmeren Temperaturen hierzulande auch dazu führen werden, dass Arten dieser Gattung hier heimisch werden und überwintern können. Möglich sind dann auch andere Krankheiten wie das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber, das die Hyalomma übertragen kann.

Der Impfschutz muss erst aufgebaut werden

Der Frühling steht vor der Tür und damit auch die Zeit, in der wir alle öfter im Freien unterwegs sind. Wer bisher ungeimpft ist, sollte sich möglichst beeilen, da der Impfschutz nicht schon nach der ersten Spritze besteht. Die ersten beiden sollten mit einem Abstand von einem bis drei Monaten stattfinden und genügend Schutz für die aktuelle Saison bieten. Die dritte Impfung kann frühestens nach fünf und spätestens nach zwölf Monaten verabreicht werden und sorgt für langfristigen Schutz. Zudem besteht der Impfschutz nicht lebenslang und sollte abhängig vom Alter und Impfschutz alle paar Jahre aufgefrischt werden.

2024 werden verhältnismäßig viele Fälle erwartet

2024 wurden bereits sechs Fälle von FSME gemeldet und damit zwei mehr als im selben Zeitraum des vergangenen Jahres. Diese Infektionen müssen rein rechnerisch schon im Januar erfolgt sein und sind Vorboten eines zeckenreichen Jahres. Anders als früher, in denen es alle drei Jahre zu vermehrten FSME-Fällen kam, ist laut dem neuen Zwei-Jahres-Wechsel jetzt wieder ein Jahr mit hohen Fallzahlen zu erwarten.

Die Dunkelziffer ist hoch

Eine Untersuchung des Nationalen Konsiliarlabors FSME hat kürzlich gezeigt, dass es bei FSME eine hohe Dunkelziffer gibt. Demnach konnten die Wissenschaftler*innen anhand von Antikörpern in Blutproben von Blutspender*innen aus Baden-Württemberg nachweisen, dass das Risiko einer FSME-Infektion dort siebenmal höher lag als bis dahin angenommen.

Junges Mädchen wird von einer Ärztin geimpft.
Die FSME-Impfstoffe sind für Kinder ab einem Jahr zugelassen. (Symbolfoto: Getty)

Auch Kinder müssen geschützt werden

Während früher angenommen wurde, Kinder könnten nicht schwer an FSME erkranken, ist dies inzwischen widerlegt. Zudem schätzt das RKI deren Gefahr einer Infektion als besonders hoch ein, weil Kinder sich meistens viel im Freien aufhalten. Beide verfügbaren Impfstoffe sind für Kinder ab 1 Jahr zugelassen, wobei es im Nachgang bei etwa 15 Prozent der Ein- bis Zweijährigen zu Fieber kommen kann. Ab drei Jahren sind davon nur noch 5 Prozent der Kinder betroffen.