10 Fakten: Was ist Kaschmir?

Kaschmir zählt zu den hochwertigsten Stoffen in der Modebranche. Kein Wunder, das teure Material hat ganz besonders gute Eigenschaften. Aber leider gibt es bei der Kaschmirproduktion auch eine dunkle Seite, die nur wenigen bewusst ist.

Kaschmir ist ein seltener, teurer Rohstoff, der hauptsächlich in der Textilindustrie Verwendung findet. (Foto: Getty Images)
Kaschmir ist ein seltener, teurer Rohstoff, der hauptsächlich in der Textilindustrie Verwendung findet. (Foto: Getty Images)

Kaschmir ist ein ganz besonders feines Material, das alles andere als leicht zu gewinnen ist. Nicht nur deshalb muss man für einen Kaschmirpullover oder -schal meist tief in die Tasche greifen. Knapp 24.000 Tonnen der Wolle werden jährlich allein in China und der Mongolei produziert und die Industrie wird auf einen Wert zwischen 2,5 bis 3 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Tierschutzorganisationen wie Peta weisen aber darauf hin, dass das Geschäft mit der feinen Wolle auf unglaublichem Tierleid und der Zerstörung natürlicher Lebensräume basiert.

Wir haben 10 Fakten über Kaschmir zusammengestellt und erklären, was es mit der Luxuswolle und den dunklen Seiten ihrer Gewinnung auf sich hat.

Das ist Kaschmir

Als Kaschmir wird das Edelhaar der Kaschmirziege bezeichnet. Die Ziegenart ist ursprünglich in der Kaschmirregion im Himalaya heimisch, die zwischen Indien, Pakistan und China liegt.

Obwohl das Material aus der wärmenden Unterwolle der Tiere stammt, die sie in ihrer frostigen Heimat in den kalten Jahreszeiten schützt, handelt es sich bei Kaschmir streng genommen nicht um Wolle, weil die per Definition in der Textilbranche vom Schaf stammt. Das sogenannte Edelhaar der Ziegen ist im Gegensatz zu Wolle glatter und weicher.

Hat ein ganz besonderes Fell: Die Kaschmirziege. (Foto: Getty Images)
Hat ein ganz besonderes Fell: Die Kaschmirziege. (Foto: Getty Images)

45% des weltweit verarbeiteten Kaschmirs stammen aus China, weitere 45% aus der Mongolei. Die restlichen 10% kommen von Tieren in Afghanistan, Russland, dem Iran und der Türkei. Auch in Europa und sogar in Deutschland gibt es vereinzelte Betriebe.

So wird Kaschmir gewonnen

Um an das weiche, wärmende Fell der Kaschmirziegen zu kommen, werden die Tiere entweder gekämmt oder geschoren. Dabei ist die "Ernte" alles andere als ergiebig, da jede Ziege an Maßstäben der Textilindustrie gemessen nur eine sehr geringe Menge des kostbaren Edelhaars besitzt.

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Wie die Tierschutzorganisation Peta bei der Recherche in diversen Kaschmirbetrieben herausgefunden hat, ist die Prozedur der Schur für die Tiere äußerst qualvoll.

Beim Scheren oder Kämmen der Kaschmierziegen geht es äußerst brutal zu. (Foto: Reuters)
Beim Scheren oder Kämmen der Kaschmierziegen geht es äußerst brutal zu. (Foto: Reuters)

Beim Rasieren mit Schurmessern erleiden die gefesselten, panischen Ziegen oftmals Schnittwunden, beim groben Kämmen werden ihnen teils sogar Stücke der Haut mit herausgerissen.

Diese Eigenschaften hat Kaschmir

Was für die Kaschmirziege so sehr von Vorteil ist, will sich auch der Mensch zunutze machen. Kaschmir ist nicht nur unglaublich weich und fühlt sich zugegebenermaßen toll an, die Wolle eignet sich auch deshalb so gut für die Textilherstellung, weil sie atmungsaktiv ist.

Kaschmir hat außen eher wasserabweisende Eigenschaften, lässt aber Feuchtigkeit von innerhalb des Kleidungsstücks nach draußen dringen. Dadurch fühlt man sich in Kaschmir eigentlich immer wohl und kommt nicht leicht ins Schwitzen. Kaschmir ist außerdem schmutzabweisend und nimmt keine Gerüche an.

Die Kaschmirziege braucht ihr Fell selbst

So toll die Eigenschaften der Kaschmirwolle sind – sie gehört eigentlich den Ziegen. Denn wie bereits erwähnt hat das warme Winterfell einen lebenswichtigen Sinn für die Tiere: sie schützt die nicht besonders fettreichen Körper der genügsamen Paarhufer vor den eisigen Temperaturen ihres natürlichen Lebensraums.

Während Kaschmirziegen in China meist in dunklen Ställen ohne Auslauf gehalten werden, leben sie im zweitgrößten Produktionsland, der Mongolei in nomadischen Betrieben. Das heißt, die Tiere ziehen ganzjährig über die Steppe und sind dort schonungslos Wind und Wetter ausgeliefert.

Das Winterfell schützt die Kaschmierziege vor Schnee, Eis, Wind und Insekten. (Foto: Getty Images)
Das Winterfell schützt die Kaschmierziege vor Schnee, Eis, Wind und Insekten. (Foto: Getty Images)

Sie benötigen ihr Fell also eigentlich dringend selbst. Zwar verlieren die Kaschmirziegen ihr Winterfell im Frühjahr auf natürliche Weise, aber eigentlich nach und nach, statt frühestmöglich innerhalb einer Schur.

Dadurch leiden viele Tiere nach der Entfernung der Unterwolle an der Kälte und sie sind nicht mehr ausreichend vor Insekten geschützt. Laut Peta (unter Berufung auf wissenschaftliche Untersuchungen) kostet dieser Umstand jedes Jahr viele Ziegen das Leben – vor allem in Kombination mit den bei der Schur zugefügten Wunden.

Es gibt durchaus Textilhersteller, die sich damit rühmen, das Edelhaar besonders schonend zu gewinnen, für Verbraucher*innen ist das aber meist schwer überprüfbar.

Zertifikate bringen keine Sicherheit

Nach dem Bekanntwerden der schrecklichen Methoden bei der Kaschmirgewinnung, wurden diverse Zertifikate eingeführt, die Käufer*innen von Kaschmirprodukten Sicherheit beim Thema Tierwohl vermitteln sollen.

Leider hat Peta bei seiner Recherche festgestellt, dass auch unter Labels wie der "Sustainable Fibre Alliance (SFA)" Wolle auf qualvolle Weise gewonnen wird. Zudem erklärt die Tierschutzorganisation dass gewisse qualvolle Praktiken unabhängig von Labels zum Standard der Kaschmirindustrie gehören: so zum Beispiel das Kastrieren männlicher Jungtiere ohne Betäubung und das extrem gewaltvolle Schlachten der Ziegen, wenn sie nicht mehr genug Wolle produzieren.

Darum ist Kaschmir so teuer

In einem Jahr liefert eine einzelne Kaschmirziege ungefähr 150 bis 200 Gramm Edelhaar. Für einen einzigen Pullover benötigt man aber teilweise die fünffache Menge. Laut einiger Hersteller braucht man für einen Kaschmirschal die Unterwolle von zwei bis drei Tieren. Der Hohe Aufwand verbunden mit der geringen Ausbeute bei der Schur macht das Material so kostspielig.

Ein Kilo Kaschmir von sehr guter Qualität kostet im Einkauf schnell mal 200 Euro.

Was es mit billigem Kaschmir auf sich hat

Die Bezeichnung Kaschmir bedeutet für Verbraucher*innen nicht immer, dass ausschließlich die Haare der Kaschmirziege für ein Kleidungsstück verwendet wurden. Produkte dürfen zum Beispiel aus einem Gemisch 85% Kaschmir und 15% Schafswolle bestehen und sich trotzdem Kaschmir nennen.

Nicht überall wo Kaschmir draufsteht ist auch ausschließlich Kaschmir drin. (Foto: Getty Images)
Nicht überall wo Kaschmir draufsteht ist auch ausschließlich Kaschmir drin. (Foto: Getty Images)

Breaking Good: Luchs im Solling ausgewildert

Produkte, die wirklich aus reinem Kaschmir bestehen, erkennt man an der Bezeichnung "100% Kaschmirwolle". Eine EU-Verordnung regelt, dass die wirklich nur echte Kaschmirtextilien tragen dürfen.

So viele Kaschmirziegen werden für die Wolle gehalten

Weil die Ausbeute so gering ist, aber das Geschäft mit der Wolle brummt, werden laut Schätzungen von Peta in China und der Mongolei zwischen 140 bis 190 Millionen Kaschmirziegen gehalten.

Kaschmir ist schlecht für die Umwelt

Tierhaltung für industrielle Zwecke per se ist eigentlich fast immer schlecht für Klima und Umwelt. Die gigantische Zahl der Tiere, die benötigt wird, um weltweite Nachfragen für Fleisch, Eier, Milch, Fell und ähnliches zu decken, macht einen unglaublichen Ressourcenaufwand notwendig. Zum Beispiel in der Fleischindustrie gehen riesige Flächen an Regenwäldern und natürlichen Lebensräumen zahlreicher Arten allein für den Futteranbau verloren.

Für die Kaschmirproduktion werden in China und der Mongolei riesige Herden gehalten - mit verheerenden Folgen. (Foto: Getty Images)
Für die Kaschmirproduktion werden in China und der Mongolei riesige Ziegenherden gehalten - mit verheerenden Folgen. (Foto: Getty Images)

Bei der Kaschmirziege ist es nicht anders. Zum Beispiel in den Steppen der Mongolei sorgt die viel zu hohe Zahl an Ziegen für zertrampelte und abgegraste Landflächen, die sich so nach und nach dauerhaft in unfruchtbare Wüsten verwandeln.

Um die kostbaren Tiere vor Fressfeinden zu schützen, werden außerdem seltene Tierarten wie der Schneeleopard gejagt – was mitunter dafür sorgt, dass die Raubtiere vom Aussterben bedroht sind.

Es gibt vegane Alternativen zu Kaschmir

So schade es ist – es wird niemals "tierfreundliche" Kaschmirwolle für einen Weltmarkt geben – und auch mit Schafswolle gestreckte Produkte basieren nur auf weiterem Tierleid.

Deshalb empfiehlt es sich, nach veganen Alternativen Ausschau zu halten. Aus Bambus, Sojaseide, Lyocell (z.B. Tencel, Modal) und Pima-Baumwolle lassen sich ebenfalls sehr weiche und angenehme Stoffe herstellen. Die sind nicht immer billig, aber im Vergleich zu Kaschmir definitiv nicht weniger erschwinglich.

Auch aus veganen Materialien lassen sich weiche Stoffe mit guten Eigenschaften herstellen. (Foto: Getty Images)
Auch aus veganen Materialien lassen sich weiche Stoffe mit guten Eigenschaften herstellen. (Foto: Getty Images)

Ob die Fasern mit den Eigenschaften der Kaschmirwolle mithalten können, muss jede*r für sich selbst herausfinden. Gemessen an dem enormen Schaden an Umwelt und Tierwohl, der von der Kaschmirproduktion verursacht wird, sollte man notfalls aber auch Abstriche in Kauf nehmen können.

Beim nächsten Mal shoppen also vielleicht Kaschmir-Alternativen ausprobieren und etwas Gutes für Tiere und Umwelt tun.

Noch mehr Fakten und Tipps aus der Modewelt gibt es hier:

Im Video: "Folter" von Ziegen nachgestellt - Aktivistin protestiert gegen Kaschmir-Produktion