3 asiatische und deutsch-asiatische Buchautorinnen, die Sie jetzt kennen sollten

Buchtipps: Diese Autorinnen aus Asien sollte man kennen

Die japanische Schriftstellerin Mieko Kawakami wurde mit ihrem Debütroman „Brüste und Eier“ bekannt. Ihre Werke und die weiterer Autorinnen aus Asien liefern eine bedeutende Perspektive auf das Leben in Fernost oder als Kind asiatischer Auswanderer in Deutschland

CHARLY TRIBALLEAU/AFP via Getty Images,

Manchmal bedarf es neuer Perspektiven, um als Mensch zu wachsen. Und die Sichtweise anderer, die vielleicht von der eigenen abweicht, besser nachvollziehen zu können. Um mehr Empathie zu entwickeln und ein friedlicheres Miteinander zu fördern. Bücher bieten eine solche Möglichkeit, indem sie uns als Leser*innen Welten oder Gedanken näher bringen, die manchmal fernab unserer individuellen Realität liegen. Einen bedeutenden Beitrag zu dieser Form der literarischen und zugleich äußerst menschlichen Weiterbildung bietet eine neue Generation von Autorinnen aus Asien oder mit asiatischen Wurzeln. Sie schreiben vom Leben als Frauen in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft, von Erwartungen anderer, die nicht den eigenen entsprechen und der Frage danach, was der richtige Lebensweg ist und ob es den einen, richtigen Weg überhaupt gibt. Und bringen Schicksale näher, die selbst in der heute mutmaßlich aufgeklärten und offenen Welt oftmals unsichtbar und vergessen bleiben. Drei zeitgenössische Autorinnen und dazugehörige Buchtipps, die sich jetzt und immer lohnen.

Buchtipps: Diese 3 asiatischen und deutsch-asiatischen Autorinnen sollten Sie kennen

1. Cho Nam-Joo

Wenn man den Schreibstil und die Erzählstränge von Cho Nam-Joo mit einem Adjektiv benennen sollte, würde es ein Begriff am treffendsten beschreiben: ernüchternd. Denn die Hauptfiguren in den Romanen der koreanischen Schriftstellerin sind typischerweise vom Leben und der Realität desillusioniert. Dazu trägt auch stets die Gesellschaft bei, die ihnen Vorstellungen aufzwingt und sie bei kurzweiligen Phantasien, aus sozialen Konventionen auszubrechen, schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringt. Und in der eine Misogynie herrscht, die die Träume der Romanfiguren zerplatzen lässt.

Ihr bislang bekanntestes Werk „Kim Jiyoung, geboren 1982“ handelt von so einer Frauenfigur. Die namengebende Heldin oder Anti-Heldin lebt mit ihrem Mann und Baby in einer Wohnung am Rande von Seoul. Für ihr neues Dasein als Mutter gab sie ihren Job auf. Damit folgt sie dem Weg ihrer eigenen Mutter, die einst ebenso Karriere gegen die Kinderversorgung tauschte. Der Roman offenbart die triste Rolle, die Frauen heute noch in der koreanischen Kultur zugewiesen wird: Sie sind stets die zweite Wahl neben ihren männlichen Weggefährten. So lernt Kim Jiyoung fleißig in der Schule und zeigt sich stets pflichtbewusst, Klassensprecherin kann sie trotzdem nicht werden. Weil sie ein Mädchen ist. Sie schafft es an die Universität, studiert intensiv, und dennoch bekommt sie nur einen mittelmäßigen Job. Weil den Männern ihres Jahrgangs Vorzug gegeben wird. Und eines Tages, sie ist gerade auf dem Nachhauseweg aus der Schule, wird sie im Bus und beim Aussteigen von einem Mann verfolgt. Sie traut sich nicht, jemandem davon zu erzählen. Denn als Frau im kurzen Rock ist sie, so redet es die Gesellschaft ein, schließlich selbst an der sexuellen Belästigung schuld. Ein Buch, das so tragisch authentisch die Realität in Südkorea spiegelt, aber auch von Frauen überall thematisiert. Und zeigt, wie lange der Weg zu einer gleichberechtigten Welt noch ist. Vorsicht, dieses Buch lässt einen unguten Geschmack zurück und ist alles andere als optimistisch, dafür aufrüttelnd real.

2. Hami Nguyen

Strenggenommen fällt diese Autorin aus der Reihe, denn Hami Nguyen ist Vietdeutsche. Weil sie aber über ein besonders wichtiges, aber wenig besprochenes Thema aus der Sicht einer asiatisch gelesenen Person schreibt, ist sie Teil dieser Aufzählung. Wer sich aktiv in puncto Anti-Rassismus und Anti-Diskriminierung weiterbilden möchte, sollte das Erstwerk von Hami Nguyen unbedingt auf die entsprechende Leseliste setzen. Die Autorin wurde 1989 in Vietnam geboren. 1991 floh ihre Mutter mit ihr nach Deutschland, wo ihr Vater als Vertragsarbeiter in der DDR gearbeitet hatte. Hami Nguyen hat in Haale an der Saale und Luzern VWL, Politikwissenschaften und Sozialwissenschaften studiert. 2023 hat Nguyen, die gegenwärtig als Referentin in der Bildungsstätte Anne Frank arbeitet, ihr erstes Buch veröffentlicht: In „Das Ende der Unsichtbarkeit“ liefert sie einen alarmierenden Erfahrungsbericht, wie es ist, als asiatisch gelesene Person in Deutschland zu leben und aufzuwachsen. Sehr persönlich am Beispiel ihrer eigenen Geschichte verdeutlicht Hami Nguyen, wie Menschen die Diskriminierung gegenüber Personen mit asiatischer Herkunft bei Debatten rund um Rassismus und Toleranz oft außer Acht lassen. Und dieses Vergessen für Betroffene bedeutet, sich unsichtbar zu fühlen.

Gerade heute, wo Deutschland einen drastischen Rechtsruck erlebt, eine bedeutsame Lektüre, die die Realität von Mitgliedern der vietnamesisch-deutschen Diaspora als aufrüttelndes Beispiel von Rassismuserfahrungen näherbringt. Und Themen aus der Lebensrealität der betroffenenen Menschen illustriert wie die stets gegenwärtige Angst vor einer plötzlichen Abschiebung, vor Alltagsrassismus und damit verbundener Gewalt in rein alltäglichen Situationen und Ausgrenzung und Diskriminierung, die selbst vor Kindern im zarten Alter keinen Halt macht.

3. Mieko Kawakami

Der Titel dieses Buches mag aufs Erste provokativ klingen, tatsächlich bringt er die Handlung aber relativ nüchtern auf den Punkt: „Brüste und Eier“. Neben der Hauptfigur Natsuko, die zu Beginn des Romans 30 und alleinstehend ist und in Tokio lebt, geht es auf recht vielen Seiten um Brüste. Und Eier in Form von Eizellen, und die Frage, welches Recht Menschen über diese besitzen sollten. Denn Natsuko ist Single und sehnt sich danach, Mutter zu sein. Sie ergründet einen in der japanischen Gesellschaft kontroversen Ansatz und zieht in Erwägung, sich von einem wildfremden Mann schwängern zu lassen. Nebenbei schlägt sie sich mit der nüchternen Realität des Erwachsenseins herum, die viele auch hierzulande kennen: Dass ihr Job ihr meist Freude bereitet, aber eben keine vollkommene Erfüllung bringt. Und vor allem nicht ausreichend Geld auf ihr Konto liefert. Es geht auch um Natsukos Schwester Makiko, die als Hostess arbeitet und deren Hauptproblem die mutmaßlich zu klein geratenen Brüste sind. Die dritte Frauenfigur, die Kawakamis Romanhandlung umspannt, ist Makikos Teenagertochter Midoriko, die eines Tages beschlossen hat, nicht mehr zu sprechen. Zumindest nicht mehr, wenn ihre Mutter anwesend ist. Auf nüchterne und zugleich berührende Weise beschreibt Mieko Kawakami drei Lebenswege von drei Frauen im Japan der jüngeren Gegenwart.

Ein lesenswertes Buch, das nach dem Zuendelesen noch länger nachhallt. Auch andere Romane von Mieko Kawakami wie „All die Liebenden der Nacht“ erzählen auf ähnlich ungeschönte Weise von Lebensrealitäten und -krisen und regen zum Nachdenken über das eigene Dasein an.