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5 Jahre nach der Übernahme: Edeka will ehemalige Kaiser's-Tengelmann-Märkte an selbstständige Kaufleute übergeben

Die Supermarktkette Edeka will noch im ersten Viertel des neuen Jahres mehrere frühere Kaiser's Tengelmann (KT) Filialen „privatisieren“. Das bedeutet, dass die ehemaligen Märkte an selbständige Kaufleute übertragen werden, die diese dann zwar unter Edeka-Flagge, aber in einer Art Franchise-System weiterführen. Denn Edeka ist anders als etwa Aldi oder Kaufland keine rein zentral organisierte Kette, sondern ein genossenschaftlich organisierter kooperativer Unternehmensverbund, bei dem die Kaufleute die Genossen von Edeka sind.

In der Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover, die 2017 etwa 60 Berliner KT-Märkte gekauft hat, ist noch in diesem Jahr die Privatisierung von rund 40 dieser Filialen geplant. Die ersten drei Märkte sollen im ersten Quartal an den Start gehen, bestätigt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage von Business Insider.

Rund fünf Jahre nach der Übernahme der ehemaligen KT-Märkte sei die Integration laut der Minden-Hannover-Sprecherin erfolgreich umgesetzt. Die Märkte seien heute “zukunftsfähig aufgestellt” und erzielen eine gute Handelsleistung im Berliner Einzelhandel. Wie die "Lebensmittelzeitung" berichtet, sollen allerdings einige Märkte trotz der Umsatzzuwächse nach der Edeka-Übernahme unter dem Strich nicht profitabel sein. Grund seien zum Teil hohe Personalkosten und Mieten.

Die Übernahme war damals nicht leicht

Zum Hintergrund: Im Jahr 2017 haben Edeka, Rewe und Netto nach einem langen hin und her den Großteil der insgesamt rund 450 Kaiser's Tengelmann Filialen bundesweit übernommen. 330 KT-Filialen gingen insgesamt an Edeka, 172 davon an die Edeka-Region Südbayern, 61 im Berliner Raum an Minden-Hannover, 46 an Rhein-Ruhr und 51 an Netto. Rewe erhielt außerdem 67 Filialen.

Die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann schrieb damals seit Jahren rote Zahlen, man sprach von Verlusten von mehr als 500 Millionen Euro. Da der Branchenprimus Edeka bereits damals Marktführer war, untersagte das Bundeskartellamt die Übernahme zunächst, um eine Monopolstellung zu verhindern. Schließlich wurde die Übernahme und die Aufteilung der Märkte an Rewe sowie Edeka allerdings doch genehmigt. Der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erlaubte dies durch eine sogenannte Ministergenehmigung unter Auflagen. So musste Edeka etwa zusagen, fünf Jahre lang mindestens 97 Prozent der Arbeitsplätze von Kaiser's Tengelmann zu übernehmen, denn damals standen rund 16.000 Jobs auf dem Spiel. Diese Bedingungen der Sondergenehmigung sind Ende 2021 ausgelaufen. Deswegen sind die Umstellungen der Märkte nun seit dem 1. Januar 2022 rechtlich möglich.

Die Arbeitsplätze sollen laut Edeka sicher sein

Die Arbeitsplätze, um die es in dem damaligen Übernahme-Streit im Wesentlichen ging, seien laut Edeka sicher. Laut der Sprecherin seien rund 2.900 Arbeitsplätze durch die Region Edeka Minden-Hannover langfristig gesichert. Das seien demnach sogar mehr als vor fünf Jahren. Darüber hinaus sei es auch das Ziel, weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Für alle Mitarbeiter gelte dabei weiterhin der KT-Tarifvertrag aus der Region Berlin/Umland im sogenannten Nachsicherungszeitraum bis Ende des Jahres 2023. Die sei unabhängig davon, ob die Mitarbeiter in einer Edeka-Filiale arbeiten, die von der Edeka-Zentrale gesteuert wird, oder von einem selbstständigen Einzelhändler.

Spannend dabei: Zumindest die Region Edeka Minden-Hannover will die Märkte zunächst ausschließlich an ehemalige Kaisers-Tengelmann-Marktleiter und -Führungskräfte übertragen, die sich nun selbstständig machen wollen. “Damit kommen wir unserem genossenschaftlichen Förderauftrag nach, ‘wirtschaftlich gesunde, voll existenzfähige Betriebe selbstständiger Unternehmer des mittelständischen Lebensmittel-Einzelhandels zu schaffen, zu fördern und zu erhalten’”, so die Sprecherin. Mit der Privatisierung wolle man auch langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Märkte weiter erhöhen.

Bereits zwei Drittel der insgesamt knapp 1.500 Märkte der Region Minden-Hannover sind in der Hand von selbstständigen Edeka-Einzelhändlern. Die Regionalgesellschaft ist mit einem Umsatz von zuletzt 10,6 Milliarden Euro netto im Jahr 2020 die umsatzstärkste. Eine Anfrage, ob auch andere Regionalgesellschaften wie etwa Südbayern an der Umstellung interessiert sind, steht noch aus.