Angelina Kirsch im Interview: "Warum muss das Attribut 'curvy' noch bei Models kommuniziert werden?"
“Rock Your Curves” - diese motivierenden drei Worte sind nicht nur das Lebensmotto des erfolgreichen deutschen Models, sondern auch der Name von Angelina Kirsch eigener Fashion Brand. Hinter diesem kurzen, aber dennoch kraftvollen Satz, steckt die Liebe zu und der Glaube an sich selbst. Als Bodyaktivistin möchte die 32-Jährige mehr Akzeptanz unterschiedlicher Körperformen schaffen - vor allem in der Modewelt. Seit 15. Juli gibt es eine neue 41-teilige Kollektion für Frauen ab Konfektionsgröße 44 exklusiv im ROCK YOUR CURVES Onlineshop. Mit “Schade, die schönen Sachen gibt es nicht in großen Größen” macht sie endlich Schluss.
Wir haben Angelina Kirsch (virtuell) zum Interview getroffen und mit ihr über ihre Arbeit als Designerin, den Druck Sozialer Medien, einem bestimmten perfekten Leben und Aussehen nachzueifern und wie die Covid-19-Pandemie ihr Leben privat verändert hat, gesprochen:
Yahoo Style: ROCK YOUR CURVES - Buchtitel, Fashion Brand und Lebensmotto. Was steckt für dich hinter dem motivierenden Satz, mit dem wir dich alle verbinden?
Angelina Kirsch: Für mich ist es wirklich ein Lebensmotto! Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass man alles erreichen kann, wenn man an sich und seine Träume glaubt. Ob man den Konventionen entspricht oder nicht – wenn man sich selbst treu bleibt, dann hat man auch die Kraft, eben diese Konventionen zu brechen und seine eigenen Regeln zu schreiben. Ich möchte mit dem Ausruf „Rock your Curves“ auch andere Frauen ermutigen, an sich zu glauben und sich nicht von vorgegebenen Standards einschüchtern zu lassen.
Am 15. Juli erschien die neueste Kollektion deiner Marke RYC by Angelina K. Du bist mehr als nur das berühmte Gesicht der Brand. Wie viel von dir selbst steckt in den neuen It-Pieces?
Mein ganzes Herz und meine ganze Fashionseele steckt in den Kollektionsteilen. Ich habe wirklich sehr sehr nah mit meinem tollen Team zusammengearbeitet und jedes Stück mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Dabei stand für mich immer im Vordergrund, eine Kollektion zu schaffen, die modisch ist und in der sich die Frauen wohl und schön fühlen.
Was ist deine Inspirationsquelle beim Kreieren deiner Kollektionen? Worauf kommt es dir an? Gibt es vielleicht Designer*innen zu denen du aufschaust?
Für mich spielt vor allem der modische Aspekt eine Rolle. Ich stelle mir da immer die Frage: Welche Trends möchte ich tragen, die es aber nicht in meiner Größe gibt? Jede kurvige Frau kennt das: Man sieht ein Outfit, verliebt sich darin und möchte es unbedingt haben – muss dann aber ernüchternd feststellen, dass es die Mode nur bis zu einer gewissen Größe gibt. Damit mache ich jetzt Schluss! Warum sollen nicht auch kurvige Frauen schöne und modische Outfits mit einer tollen Qualität tragen?! Jetzt können sie es.
Was ist dein persönlicher Lieblingslook der neuen Kollektion?
Das ist immer die allerschwerste Frage für mich, denn es gibt nicht ein Teil, über das ich sagen würde: „Haut mich nicht um“, denn ich liebe jedes Piece! Vom Statementshirt, über die Jeans, die Anzüge, die Kleider, die Hoodies, die Röcke, die Oberteile und Lederjacken...ach, es ist einfach für jeden Geschmack und für jede Situation etwas dabei. Ich bin super stolz!
Bei welchem Celebrity würdest du vor Freude ausflippen, wenn er ein Teil von RYC trägt (und liebt)?
So kitschig das vielleicht klingt, aber ich freue mich über jede Frau, die meine Sachen trägt. Egal, ob sie berühmt ist, oder nicht! Und darüber hinaus freue ich mich über jede kurvige Frau, die in den Medien zu sehen ist und eine Lanze für alle Frauen jenseits der Kleidergröße 36 bricht.
Wird es auch Bademode in deiner neuen Kollektion geben? Worauf kommt es bei dir bei dem perfekten Bikini an?
Das ist auf jeden Fall ein Ziel für mich! Ich liebe Bikinis und finde, dass ein toller Bikini ein absolutes Must-Have jeder Frau ist. Wichtig ist hierbei vor allem die Passform. Ein Bikini sollte super sitzen. Wir alle haben unterschiedliche Körper. Für mich ist es wichtig, dass das Oberteil eine tolle Passform hat und meine Oberseite unterstützt, damit ich auch am Strand eine gute Figur mache. Bei Hosen bin ich für Schnittformen offen: Ich mag die Highwaist Hosen genauso, wie den Riopant. Nur beim String steige ich aus. Wichtig ist aber, dass sich die Trägerin sicher und schön fühlt! Dann strahlt sie ihr Selbstbewusstsein auch aus und Lebensfreude macht bekanntlich schön.
Nach dem letzten Launch bei Aldi Süd und Aldi Nord kam es zu Problemen der Größen, was zu verärgerten Kundinnen führte. Auf Instagram schreibst du, dass du mit deinem Team aus den Schwierigkeiten und Fehlern gelernt hast. Worauf achtest du nun besonders bei deinen neuen Designs?
Zunächst möchte ich sagen, dass ich wirklich Spaß an der Kooperation mit Aldi hatte. Ich konnte mich auf dem kreativen Feld ausprobieren und viel lernen. Dass die Größentabelle, die Aldi seit Jahren erfolgreich verwendet, nicht auf alle Figuren optimal passt, ist schade, kann aber vorkommen. Wir haben für meine Kollektion eine eigene Größentabelle entwickelt, die im Onlineshop zu jedem Artikel zu finden ist. Gemeinsam mit einer ausführlichen Erklärung, wie sich die Kundin am besten ausmisst und mit meinen persönlichen Passform-Empfehlungen sorgen wir dafür, dass unsere Kundinnen sich sehr schnell sicher mit den Größen fühlen können.
Du bist schon lange als Bodyaktivistin aktiv - hat sich deiner Meinung nach in der Modewelt etwas in Sachen Körperbild getan?
Ich merke, dass Kurven jetzt häufiger zu sehen sind und berücksichtigt werden, aber es fehlt mir einfach noch die Selbstverständlichkeit. Warum muss das Attribut „curvy“ zum Beispiel noch bei Models kommuniziert werden? Man sagt doch auch nicht: eine große Frau oder eine kleine Frau. Man sagt eher: eine Frau. So selbstverständlich, wie wir mit vielen anderen Dingen im Leben umgehen, würde ich mir auch die Selbstverständlichkeit von Kurven in der Mode und in der Gesellschaft wünschen.
Du selbst bist sehr aktiv auf Instagram, motivierst deine Follower zu mehr Selbstliebe. (Danke dafür). Wie kritisch gehst du mit der Nutzung von Sozialen Medien um, nachdem es einen riesigen Trend gibt, Bilder von dem vermeintlich perfekten Leben zu faken, auf das andere neidisch blicken - Stichwort: Reality vs Instagram.
Ich denke, wir alle kennen uns mittlerweile aus in den Sozialen Medien und können sicher auch unterscheiden, wann etwas vorgespielt ist und wann etwas echt ist. Ich finde es schade, dass einige den Zwang verspüren, ihren Followern etwas vorzumachen, was nicht stimmt. So kann bei vielen Menschen ein Druck entstehen, diesem Trugbild entsprechen zu müssen und das kann einen am Ende auffressen. Ich sage immer: Wir sind alle Menschen und das ist doch toll! Also sollten wir unsere menschlichen Seiten ruhig öfter zeigen.
Die Covid-19-Pandemie hat das Leben für alle in den letzten Wochen und Monaten stark verändert. Viel Zeit zuhause führt auch zum Nachdenken, was hast du aus dieser Zeit für dich mitgenommen? Gibt es etwas, dass du künftig anders machen möchtest?
Ja, ich habe kleine neue Routinen für mich entdeckt. Eine große, positive Änderung hat es in der Krise auch für mich gegeben: Ich bin mit meinem Freund zusammen gezogen und das genieße ich sehr. Wir haben also während dieser Zeit auch gemeinsam viele neue gemeinsame Routinen entdeckt. Das war sehr schön!
Ich denke, was uns alle nachhaltig begleiten wird, wird die Achtsamkeit für uns selbst sein. Wir werden anders mit Hygiene und unserer Umwelt umgehen und ich hoffe, dass viele den Weg zu sich und ihren Bedürfnissen finden konnten, um diese in der Zukunft schneller zu erkennen und zu beherzigen.
