Aufgrund einer bizarren Erkrankung „braut“ ein Mann Bier in seinem Darm

Einem Mann, dem Trunkenheit am Steuer vorgeworfen wurde, leidet in Wirklichkeit an einer bizarren Erkrankung, die dazu führte, dass er in seinem Darm „Bier braute“.

Eine bizarre Erkrankung ist die Ursache dafür, dass ein Mann in seinem Darm „Bier gebraut“ hat. [Foto: Getty]
Eine bizarre Erkrankung ist die Ursache dafür, dass ein Mann in seinem Darm „Bier gebraut“ hat. (Foto: Getty Images)

Ein unbenannter 46-Jähriger wurde 2014 von der Polizei angehalten. Ein Alkoholtest ergab, dass er fünfmal so viel Promille hatte wie erlaubt sind. Der Mann behauptete, er habe keinen Tropfen Alkohol getrunken — was ihm sowohl die Polizei als auch seine Familie nicht geglaubt hat.

Erst 2017 fanden Ärzte heraus, dass er das Eigenbrauer-Syndrom (auf Englisch: Auto-Brewery Syndrome, kurz ABS) hat. Diese extrem seltene Erkrankung führt dazu, dass der Körper zucker- und stärkehaltige Lebensmittel in Alkohol umwandelt.

Das Eigenbrauer-Syndrom tritt auf, wenn Hefe, die Alkohol produziert, den Darm überwuchert. Wenn ein Patient Kohlenhydrate oder Zucker zu sich nimmt, zerlegt die Hefe diese Lebensmittel in Alkohol und macht die Betroffenen „betrunken“.

In seinem Darm wurde eine hohe Konzentration der Pilze Saccharomyces cerevisiae gefunden, auch bekannt als „Bierhefe“. [Foto: Getty]
In seinem Darm wurde eine hohe Konzentration der Pilze Saccharomyces cerevisiae gefunden, auch bekannt als „Bierhefe“. (Foto: Getty Images)

Die Erkrankung, die auch als Gut Fermentation Syndrome bekannt ist, ist so selten, dass es in den vergangenen 30 Jahren nur fünf gemeldete Fälle gegeben haben soll. ABS ist unheilbar. Den Patienten wird geraten, Zucker und Kohlenhydrate zu vermeiden, um die Symptome in Schach zu halten. Zudem sollen sie ihren Blutalkoholspiegel regelmäßig überprüfen.

Drei Jahre nachdem er mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, ging der Mann zu einem Gastroenterologen am Richmond University Medical Center in New York. Es ist nicht bekannt, ob er für das Fahren „unter Alkoholeinfluss“ Strafe zahlen musste. Der Arzt entdeckte, dass er eine ungewöhnlich hohe Konzentration der Hefepilze Saccharomyces cerevisiae im Stuhl hatte. Er nahm an, dass die Pilze aus seinem Darm stammten.

S. cerevisiae, auch bekannt als Brauhefe wird von Brauern eingesetzt, um Kohlenhydrate in Getreide in Alkohol umzuwandeln. Jedes Mal, wenn der Mann etwas aß, das viele Kohlenhydrate enthielt, schoss der Alkoholspiegel in seinem Blut in die Höhe. Er erreichte bis zu 400 Milligramm auf 100 Milliliter – das entspricht dem Elffachen des Limits für Alkohol am Steuer in den USA.

Eine Daumenverletzung als Ursache

Es wird angenommen, dass die Einnahme von Antibiotika wegen einer Daumenverletzung 2011 die Ursache für seine Erkrankung war. Antibiotika können „gute Bakterien“ im Darm abtöten. Das führt dazu, dass sich Pilze, die normalerweise unter Kontrolle gehalten werden, rapide vermehren.

Der Mann sagte Ärzten, er leide seit der Verletzung unter „Gehirnnebel“, Schwindel und Gedächtnisverlust. Diese Symptome führten dazu, dass die Mediziner bei ihm zunächst die Fehldiagnose Depression stellten. Die Situation wurde so schlimm, dass er sogar gezwungen war, seinen Job zu kündigen.

Als endlich die richtige Diagnose gestellt wurde, bekam er Antibiotika und Anti-Pilz-Medikamente verschrieben und ihm wurde gesagt, er solle eine strenge kohlenhydratarme Ernährung einhalten. Seit zwei Jahren ist der Mann symptomfrei.

Niemand hatte ihm geglaubt

Dr. Fahad Malik, bei dem der Mann in Behandlung ist, sagte der Zeitschrift New Scientist: „Er war extrem glücklich, als es ihm besser ging, denn jahrelang hatte ihm niemand geglaubt.“

„Die Polizei, Ärzte, Krankenschwestern und selbst seine Familie sagten ihm, er lüge und sie nahmen an, er trinke heimlich.“

„Jetzt nimmt er keine Antidepressiva mehr, arbeitet wieder und hat sein Leben endlich wieder im Griff.“

Bei der diesjährigen Konferenz des American College of Gastroenterology in San Antonio, Texas, Ende des Monats, soll ein vollständiger Fallbericht präsentiert werden.

Alexandra Thompson

Seltene Erkrankung: Patient findet die Therapie für seine Krankheit selbst