Beauty weltweit: die Tücken des Online-Handels

Egal, ob sich die Pakete gerade auf dem Hin- oder Rückweg befinden: immer mehr Pakete werden verschickt. Aber auch retourniert. Das stellt auch die Kosmetikbranche vor Herausforderungen. Foto: Symbolbild / gettyimages / simonkr
Egal, ob sich die Pakete gerade auf dem Hin- oder Rückweg befinden: Immer mehr Pakete werden verschickt. Und retourniert. Das stellt auch die Kosmetikbranche vor Herausforderungen. Foto: Symbolbild / gettyimages / simonkr

Online-Shopping verändert unsere Gewohnheiten: Immer häufiger kaufen wir spontan und unterwegs am Smartphone ein. Was nicht gefällt, kann ja zurückgeschickt werden – meist kostenlos. Doch Retouren werden mehr und mehr zum Problem, vor allem für die Kosmetikbranche. Und bald könnte es noch viel größer werden.

Immer mehr Waren werden online gekauft – immer weniger davon auch behalten. Stattdessen nehmen Retouren rasant zu. Laut dem Digitalverband „Bitkom“ wird in Deutschland jede achte Sendung zurückgeschickt – 20 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Doch nicht die ökologischen Auswirkungen und das mindestens fragwürdige Konsumverhalten, das hinter den steigenden Gratis-Retouren steht, hat vor kurzem die Öffentlichkeit empört.

Sondern die Tatsache, dass Versandhändler Retouren zu vernichten pflegen. Also einen Teil der zurückgesandten Waren nicht begutachten, neu verpacken, wieder in die Logistik eingliedern und neu anbieten – die Händler entsorgen diese stattdessen. Die Grünen forderten daraufhin ein generelles Vernichtungsverbot für Retouren. Das Umweltministerium schreibt momentan an einem entsprechenden Gesetzesentwurf.

Das dürfte vor allem die Kosmetik- und Beauty-Branche, denn hier sind Retouren eine große Herausforderung, treffen. Das liegt daran, dass Produkte, die „besonders intensiv mit dem Körper in Berührung kommen“, nicht neu verkauft werden dürfen. Meist bleibt laut „t3n“ daher nur eine Vernichtung der kaum angebrochenen Produkte. Eine Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts „EHI“ hat passend dazu herausgefunden, dass vor allem zurückgesandte Gesundheits- und Wellnessprodukte, sowie Drogerie- und Parfümerieartikel, auf dem Müll der Händler landeten.

Auch originalverpackte Ware wird immer mehr zurückgeschickt

Der Grund: Laut Gesetz dürfen nur versiegelte Hygiene- und Kosmetik-Produkte neu verkauft werden. Hat eine Kundin oder ein Kunde die bestellte Ware aber getestet und für unpassend befunden, ist es für den Wiederverkauf ausgeschlossen.

Doch nicht nur angebrochene Beauty-Artikel werden zurückgeschickt, auch originalverpackte. Das liegt laut „Horizont“ vor allem an den, in der Branche so beliebten, Trendbegriffen. Verbraucher stellten sich demnach unter Farb-Beschreibungen wie „Puderblau“, „Salbei“, „Nude“ oder „Taupe“ schlicht anderes vor und schickten die Waren dann enttäuscht zurück. Laut Bitkom lautet der Grund für 62 Prozent aller Retouren immerhin: „Nichtgefallen“.

Eine mögliche Trendwende

Wegen des drohenden „Vernichtungs-Verbots“, aber auch weil Retouren für Händler teuer und umständlich sind, gilt deshalb: Die beste Retoure ist die, die nicht entsteht. Deshalb gibt es immer mehr Bestrebungen, Retouren zu vermeiden. Eine Strategie könnte laut Horizont sein, „Modefarben in Tagesschau-Deutsch“ zu übersetzen. Taupe? Hellgrau. Nude? Hautfarben. Blouson? Jacke. Wunder bewirken könnten auch ehrlichere Produktbeschreibungen, wie ein simples: „Produkt fällt größer aus“.

Das amerikanische Unternehmen „Returnly“ begeht seit kurzem einen ganz anderen Weg. Das Start-Up hat ein neues Retouren-System für Online-Händlern entwickelt: Kunden, die künftig ein Produkt zurückschicken wollen, dürfen es stattdessen einfach behalten. Und erhalten den Gegenwert als Gutschrift auf ihr Kundenkonto. So werden Emissionen für den Transport gespart und die Ware inklusive deren Verpackung muss nicht zerstört werden. Auch wenn den Käuferinnen und Käufern selbst die Ware nicht zusagt – vielleicht können sie diese ja verschenken oder anderweitig nutzen.

Im Gespräch mit „Forbes“ sagt der Gründer Eduardo Vilar: „Wie heute in den meisten Fällen mit Retouren umgegangen wird, ist längst überholt. Wir bieten modernen Unternehmen die Möglichkeit, die Kunden und unseren Planeten an erste Stelle zu rücken.“ Er gibt zu, dass sein sogenannter „Green Return“ nicht für hochpreisige Produkte funktioniere. Doch vor allem für die Kosmetik-Branche verspreche er sich großen Mehrwert.

Den Versand konnten Direkt-Händler lange nicht beeinflussen

Und was ist mit Kundinnen und Kunden, die Green Return ausnutzen wollen? Indem sie eine Rückerstattung beantragen und gleichzeitig das von Beginn an gewünschte Produkt behalten? Dafür schaut Returnly bei jeder Retour auf die Einkaufshistorie der Kundin oder des Kunden und entscheidet erst dann, wer für Green Return zugelassen wird. Doch nicht die Sorge über die „wenigen schwarzen Schafe“ überwiege ür Vilar, sondern die Chance, die sein System der Branche bringe.

Auf diese Weise wird den Unternehmen auch die Entscheidung abgenommen, was es mit zurückgesandter Ware anstellen soll. Ric Kostick, der Geschäftsführer des Online-Kosmetik-Händlers „100 % Pure“, der mit natürlichen Produkten auf Nachhaltigkeit achtet, konnte sein Konzept lange nicht auf den Versand ausdehnen. Jetzt geht das: „Das Modell von Returnly ist für uns absolut sinnvoll. Und es ist in meinen Augen die erste Innovation der Branche, die tatsächlich etwas verändern kann.“