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Beauty weltweit: Schönheitsoperation nach dem Snapchat-Ideal

Vor allem Millenials legen sich vermehrt unters Messer, um auszusehen, wie die digitale aufgehübschte Version ihrerselbst. Foto: Symbolbild / gettyimages / Robert Daly
Vor allem Millenials legen sich vermehrt unters Messer, um auszusehen, wie die digitale aufgehübschte Version ihrerselbst. Foto: Symbolbild / gettyimages / Robert Daly

Immer mehr Menschen legen sich unters Messer, um ihrem digitalen, schönheits-gefilterten Ich näher zu kommen. Vor allem die Generation der „Millenials“ eifert dabei Instagram- und Snapchat-Idolen nach.

Für viele Menschen sind sie die Währung unserer Zeit: Likes. Denn Likes kreieren Schönheitsideale. Durch Likes werden soziale Netzwerke erst sozial. Sie sind die knappste Art der zwischenmenschlichen Interaktion: joa, hübsches Bild, gefällt mir. Likes sind der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Nutzer sozialer Netzwerke einigen. Sie geben auf diese Weise Trends vor, definieren, was schön ist und was nicht.

Social-Media-Stars sind ungesunde Vorbilder

Doch vor allem auf Instagram und Snapchat hat die gelikte Schönheit sehr wenig mit der Realität zu tun. Die Welt von Instagram und Snapchat ist durch Filter künstlich verschönert, begradigt, weichgezeichnet. Im Grunde ist das nichts Neues, seit es Fotografie gibt, schummeln und mogeln Menschen ihr Äußeres auf Bildern zurecht. Doch wo analoge Bilder früher nur eine kleine Öffentlichkeit erreichten, werden für manche Nutzer sozialer Netzwerke ihre digitalen Abbilder zur Identität.

Das hat zur Folge, dass sie nicht mehr nur ihr digitales Ich frisieren, um online subjektiv schöner wahrgenommen zu werden. Vielmehr spiegeln die digitalen Schönheitsideale zurück auf das analoge Ich. Das wird mittlerweile immer häufiger frisiert – und damit Schönheitsidealen aus sozialen Netzwerken angeglichen. So berichtet Cynthia Wolfsberger, Ärztin für ästhetische und plastische Chirurgie in der „NZZ“, dass vor allem junge Frauen ihren Vorbilder aus sozialen Netzwerken nacheiferten: „Einige haben das Gefühl, sie müssten sich möglichst perfekt dem Bild annähern, das Social-Media-Stars von sich vermitteln.“

Doch Wolfsberger warnt, denn bei den allermeisten Bildern sei offensichtlich, dass diese bearbeitet und damit verfälscht seien. „Manche Patientinnen leiten daraus ab, in der Zeit von Photoshop sei mit einer Schönheitsoperation alles machbar. Das ist aber eine Illusion.“ Weiter erklärt sie, dass zudem die Patientinnen in ihrer Praxis immer jünger würden.

Po-Vergrößerungen am häufigsten

Denn vor allem die Generation der Millenials folgt dem digitalen Schönheits-Trend. So schreibt „CNBC“, dass vor allem der „Brazilian Butt Lift“, eine Po-Vergrößerung mit Eigenfett, angesagt ist. Inspiriert sind viele Millenials durch Kim Kardashian und ihre unnatürliche, vielfach schönheitsoperierte, Sanduhr-Figur. Beim Brazilian Butt Lift saugt der Schönheitsdoktor übrigens Fett an unliebsamen Stellen ab, etwa am Unterbauch, um damit den Po zu unterspritzen und ihn so voluminöser zu formen.

Auch laut der „American Society of Plastic Surgeons“ nimmt die Po-OP am schnellsten zu. Im vergangenen Jahr haben sich 24.099 Menschen den Hintern vergrößert, eine Zunahme um 19 Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Die Schönheitsdoktoren erzählen zudem, dass die Patienten darauf abzielen, auch in der Realität wie durch einen Snapchat-Filter auszusehen.

In einer Studie, im Fachjournal „Jama Facial Plastic Surgery“ erschienen, beschreiben die Autoren die Gegenwart als eine „Ära der Foto-Filter“. Und dass „die Filter und bearbeiteten Bilder zur Norm geworden sind und damit weltweit die Auffassung von Schönheit beeinflussen“. Die Autoren nennen das „Snapchat-Dysmorphophobie“, eine gestörte und verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers aufgrund von Snapchat-Filtern. In „Inverse“ schreibt eine der Autorinnen, Neelam Vashi, sie leitet das „Ethnic Skin Center“ der medizinischen Fakultät an der Universität Boston: „Menschen bringen Bilder von sich mit, die aus einer ganz bestimmten Perspektive aufgenommen worden und besonders ausgeleuchtet sind. Ich sehe viele Bilder, die einfach nicht real sind. Die aber bei den Patienten die unrealistische Erwartung wecken, wie eine Fantasie-Version ihrer selbst auszusehen.“

Dass dafür immer mehr Menschen gewillt sind, sich einem Eingriff zu unterziehen, zeigen folgende Zahlen: Zählt man laut der amerikanischen Gesellschaft für plastische Chirurgie Botox-Injektionen dazu, haben sich im vergangenen Jahr 17,7 Millionen Menschen einem kosmetischen Eingriff unterzogen – fast zwei Prozent mehr, als im Vorjahr.

Doch vor allem die Langzeit-Trends sprechen Bände: Verglichen mit dem Jahr 2000 haben Botox-Injektionen um 845 Prozent zugenommen. Fast alle mikro- oder kleinst-chirurgischen Schönheitseingriffe sind in dem Maße gewachsen.

Zahl der Patienten unter 30 steigt

Laut dem Verband für Chirurgie „American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery“, haben fast die Hälfte ihrer Chirurgen in den letzten Jahren Menschen behandelt, die auf Bildern in sozialen Netzwerken besser aussehen wollten. Mehrheitlich junge Menschen, um 56 Prozent ist die Zahl der Patienten unter 30 Jahren im vergangenen Jahr gestiegen.

Die Hamburger Morgenpost sucht in einem Übersichtsartikel nach den Beweggründen dafür. Eine Antwort gibt Bert Theodor te Wildt, er arbeitet als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Bochum. Er ist der Meinung, dass sich die Motivation zur Selbstdarstellung aus dem System der Netzwerke mit Likes und Kommentaren, sozusagen eine Art Belohnungssystem, ergibt. Wer in den sozialen Netzwerken mit den Bildern erfolgreich ist, wie eben Kim Kardashian, gibt damit das Schönheitsideal vor. Te Wildt sagt: „Unter dem Druck, auch digital gut performen zu wollen, folgen Menschen auch ästhetischen Vorbildern und Verhaltensmustern, die Außenstehende schwer nachvollziehen können.“