Beauty weltweit: Wenn die Mafia ihre Körper zeigt

Eine junge Frau zeigt ihre Ganzkörper-Tattoos beim japanischen Sanja-Matsuri-Festival (Bild: Getty)
Eine junge Frau zeigt ihre Ganzkörper-Tattoos beim japanischen Sanja-Matsuri-Festival (Bild: Getty)

Tätowierungen sind in der westlichen Welt ein Zeichen von Individualität. Man trägt sie, um sich von anderen abzugrenzen, seine Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. In Japan ist genau das Gegenteil der Fall – Tätowierungen sind Bekundungen der Zugehörigkeit. Und das wird nun für viele Urlauber zum Problem.

Es ist immer das dritte Wochenende im Mai im Ortsteil Asakusa von Tokio, an dem das Sanja-Matsuri-Festival stattfindet. Hierbei werden die drei Männer Hinokuma Hamanari, Hinokuma Takenari und Hajino Nakatomo geehrt, die den antiken buddhistischen Tempel in Asakusa gründeten. Teil der dreitägigen Festivität, die dieses Jahr an unserem Pfingstwochenende stattfand, war der Auftritt von Menschen, die am ganzen Körper tätowiert sind – so genannte „Bodysuits“ tragen.

Koi-Karpfen (hier am linken Arm zu sehen), Samurai, Drachen und andere traditionell japanische Motive werden großflächig auf den Körper tätowiert (Bild: Getty)
Koi-Karpfen (hier am linken Arm zu sehen), Samurai, Drachen und andere traditionell japanische Motive werden großflächig auf den Körper tätowiert (Bild: Getty)

Was man bei uns auf jeder Tattoo-Messe sehen kann, hat in Japan eine besondere Bedeutung. Denn: „Tätowierungen sind in Japan auch heute noch ein Tabu. Gerade deswegen ist diese Tattoo-Kultur so schön. Die Schönheit von Glühwürmchen ist ja auch nur nachts sichtbar“, sagt der wohl bekannteste Tattoo-Künstler des Landes Horiyoshi III dem Magazin “Vice”.

Bilder für die Mafia

Damit die Tätowierungen ein Geheimnis bleiben, lassen sich Männer und Frauen aufwärts nur bis zum Hals tätowieren und abwärts an den Armen maximal bis kurz nach dem Ellenbogen. Auch lassen viele Männer den Bereich vom Hosenbund bis zum Hals frei, damit sie gegebenenfalls ihr Hemd unbekümmert aufknöpfen können, ohne ihre Körperkunst zu entblößen.

Horiyoshi III sticht eine ganz besondere Gruppe von Menschen. Es sind die Yakuza. Heute häufig als die japanische Mafia bezeichnet. Doch ihren Ursprung hatte die Gemeinschaft bereits vor vielen Hundert Jahren.

Sie selbst berufen sich auf eine Abstammung von den Glücksspielsyndikaten in der so genannten Edo-Periode, die etwa von 1600 bis 1868 andauerte. Die damaligen Mitglieder bestanden fast ausnahmslos aus Menschen „niederer Geburt“ – also Bauern, Handwerker, Kaufleute. Kamen solche Leute mittellos in eine neue Stadt oder hatten ihr Land bei Glücksspiel, durch Naturkatastrophen oder an Plünderer verloren, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich an die Yakuza zu wenden. Die gab ihnen Unterkunft und Arbeit.

Gegenspieler zur Yakuza waren übrigens die Samurai. Diese hatten zu dem Zeitpunkt keine kriegerische Arbeit mehr und sich den Schutz der Öffentlichkeit zur Aufgabe gemacht. Es entstand ein spannungsgeladenes Verhältnis.

Geschichte der Yakuza

Seine Zugehörigkeit zu den Yakuza zu zeigen oder mit ihnen zu sympathisieren, ist seit 1993 verboten. Nur an einem Tag im Jahr zeigen die Anhänger den Mitgliedsausweis, den sie auf dem Körper tragen. Dabei haben sie sonst nichts als eine Sumoringerhose und traditionelle Zehensocken an.

Horiyoshi III empfindet das schlechte Image der Yakuza als ungerechtfertigt. Er kenne viele von ihnen, schließlich seien sie ja seine Kunden, sagte er “Vice”. „Als Japan 2011 zum Beispiel von dem schrecklichen Erdbeben getroffen wurde, hat die Yakuza schneller geholfen als die Regierung.

Die Symbole auf der Haut der Yakuza-Anhänger haben besondere Bedeutungen. Viele von ihnen tragen beispielsweise einen Koi-Karpfen. Dieser steht für Erfolg, Stärke und Glück. Drachen und Dämonen auf der Haut stammen häufig aus alten Sagen. Andere Symbole wie Kirschblüten bedeuten Schönheit und Freude, aber auch Vergänglichkeit. Der Stil der Tätowierungen ist häufig sehr einheitlich, zumal es in Japan Gewohnheit ist, sich über die Jahre hinweg großflächig von demselben Künstler tätowieren zu lassen.

Probleme für Touristen mit Tätowierungen

Doch weiterhin werden Tätowierungen mit Kriminalität gleichgesetzt. Nur langsam weicht sich diese Vorstellung auf, da auch viele jungen Leute ohne Verbindung zur Yakuza Gefallen an dem Trend finden. Vor einigen Jahren wurde Tätowierten der Zugang zu Fitnessstudios, Spaßbädern und vor allem zu den, für Touristen besonders interessanten, heißen Quellen verboten. Zwar wird bei Ausländern eine Tätowierung noch eher toleriert, als bei Einheimischen. Die Chancen aus dem Bad zu fliegen, liegen jedoch trotzdem bei 50:50.

Die japanische Vorstellung von Ästhetik ist eine sehr besondere. Horiyoshi III bezeichnet sich selbst nicht als Künstler, sondern als Handwerker, weist jedoch darauf hin, dass in Japan bei Dingen wie Tee-Zeremonien, Blumenarrangements oder Samurai-Schwertern viel Wert auf den Stil gelegt werde.Und so eben auch bei Tätowierungen – jedoch für die meisten unsichtbar.