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Bilderbuchstart für das Oktoberfest

Die Wiesnbedienung Beli trägt im Hofbräuzelt die ersten Bierkrüge zu den Gästen. Foto: Felix Hörhager
Die Wiesnbedienung Beli trägt im Hofbräuzelt die ersten Bierkrüge zu den Gästen. Foto: Felix Hörhager

Feiernde Massen, klirrende Krüge - das Oktoberfest hat begonnen. Sechs Millionen Gäste werden erwartet, die erste Million kommt schon am ersten Wochenende nach einem ungetrübt sonnigen Start. Da spielen Sorgen ums Klima nur am Rande eine Rolle.

München (dpa) - Sonne, blauer Himmel und ein gelungener Anstich: Die Wiesn hat einen Bilderbuchstart hingelegt. Eine Million Besucher kam am ersten Wochenende. In den Gassen zwischen Festzelten und Fahrgeschäften herrschte so dichtes Gedränge wie lange nicht. Viele Zelte waren schon am frühen Samstagnachmittag wegen Überfüllung geschlossen.

«Man hat es beim Einzug der Wirte gesehen: Es waren an den Straßen wahnsinnig viele Leute - viel, viel mehr als früher», sagte Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). «Ich glaube, die Lust auf die Wiesn ist wieder größer geworden.» Auch auf der Wiesn-Sanitätswache war der große Andrang spürbar: Die Helfer mussten fast 560 Patienten versorgen - fast hundert mehr als im Vorjahr.

Mit zwei Schlägen hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) - inzwischen Meister dieser Kunst - das erste Fass Bier angezapft. Mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stieß er auf eine friedliche Wiesn an. Dass nichts passiert, dass alle wieder heil nach Hause kommen: Das ist das Wichtigste - da sind sich alle einig.

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Für die Sicherheit ist alles getan: Hunderte Polizisten und Hunderte Ordner sind im Einsatz, fast 50 Videokameras überwachen das Gelände. Anders als in den Vorjahren bekümmert Terrorangst die Gäste deutlich weniger. Dafür gibt es heuer ein anderes drängendes Thema, das den Wiesnstart gewissermaßen umrahmte: die Sorgen um das Weltklima. Hunderttausende hatten am Freitag weltweit demonstriert; Vertreter der Bundesregierung berieten 19 Stunden lang übers Klima. Kanzlerin Angela Merkel (CSU) reist nach New York zum UN-Klimagipfel an diesem Montag.

Die Klimafrage hat längst das größte Volksfest der Welt erreicht, das zwar weltweit als Vorbild in der umweltschonenden Organisation gilt, aber mit sechs Millionen Besuchern kaum zur Energiespar-Veranstaltung mutieren wird. Das Fest verbraucht in gut zwei Wochen so viel Strom wie eine Kleinstadt mit 21 000 Einwohnern, 2018 waren es 2,93 Millionen Kilowattstunden und 200 937 Kubikmeter Erdgas. Durch Ökostrom und Ökogas spart das Fest rund 1000 Tonnen CO2 ein.

LED-Lampen erleuchten die Zelte. Spülwasser der Bierkrüge wird für die Toilettenspülung verwendet. Einige Zelte haben Solarzellen fürs heiße Wasser. Die Stadt berücksichtigt, so betont OB Reiter, bei der Zulassung mehr als früher Umweltverträglichkeit und Regionalität. Bewerber bekommen Punkte etwa für biologisch abbaubare Hydrauliköle, für schadstoffarme Zugmaschinen und ein Produktangebot aus Öko-Anbau. Es gibt nicht nur vegetarische, sondern auch vegane Gerichte.

Trotzdem bleibt die Wiesn ein Fest des Fleisches: Zehntausende Hendl wurden allein am ersten Wochenende gegrillt, dazu mehrere Ochsen. Der erste, der in der Ochsenbraterei auf dem Gasgrill hing, hieß Max. Immerhin: Sein Spieß drehte mit Ökostrom. Die Gasgrills sind aber wohl ein Grund für hohe Methanwerte am Wiesngelände. Forscher hatten 2018 im Schnitt sechsfach erhöhte Werte des Klimagases gemessen verglichen mit der Zeit vor und nach dem Fest.

Ministerpräsident Söder, am Freitag noch beim Klima-Verhandlungsmarathon, sagte, man müsse sich weiter mit Klimaneutralität befassen - aber «trotzdem die Wiesn genießen»: «Wir müssen Lebensfreude mit Klimaschutz verbinden.»

Dagegen wurde ein anderes, unvermeidliches Thema am ersten Wochenende häufiger diskutiert: Tracht. Der Oberbürgermeister zapfte standesgemäß in kurzer Lederhose an, seine Frau Petra wie auch Söders Gattin Karin Baumüller-Söder erschienen im Dirndl. Söder hatte eine Trachtenjacke übergeworfen. Was ist mit Lederhose? «Ja, hab' ich auch - steht mir auch gut.» Auch Wiesnchef Baumgärtner trug eine lange Stoffhose. «In offizieller Mission finde ich des Gwand schon adäquat», sagte er.

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Auffällig war auch der Look des Franken Thomas Gottschalk: Der Entertainer trug ein weißes T-Shirt, auf dem Hosenträger aufgedruckt waren - indiskutabel für Münchner Traditionalisten. Der Brauch schreibt weißes Leinenhemd vor. Der gemeine Wiesngast wiederum trug auch heuer wieder gerne Karomuster in rot, blau oder grün.

Neben Vertretern aus der Politik - darunter CSU-Generalsekretär Markus Blume (kurze Lederhose), SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (Janker und Jeans) und die grüne Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Dirndl) - feierte am ersten Tag Prominenz aus dem Showbusiness: Gottschalk stand im Marstall-Festzelt sogar auf der Bühne und sang «Marmor, Stein und Eisen bricht» und «Rockin' All over the World». Ferner zeigten sich Elyas M'Barek, Michaela May, Aylin Tezel und Luna Schweiger, die Volksmusikstars Florian Silbereisen, Carolin Reiber und Marianne und Michael - allesamt trachtig gekleidet.

Spekuliert wird in diesem Jahr über einen besonderen Besuch: Barack Obama spricht am 29. September beim Start-up-Festival «Bits & Pretzels» in München - da wäre es nur ein Katzensprung zur Theresienwiese. 2016 hatte er angekündigt, das Oktoberfest nach Ende seiner Amtszeit besuchen zu wollen. Im vergangenen Jahr waren überraschend schon die Clintons auf der Wiesn aufgetaucht.

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