Bundesverwaltungsgericht bestätigt Rechtswidrigkeit von Vorratsdatenspeicherung
Nach dem Europäischen Gerichtshof hat auch das Bundesverwaltungsgericht die bisherige, seit Jahren nicht mehr angewandte deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt. Diese sei mit der europäischen Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation unvereinbar und daher nicht anwendbar, erklärte das Gericht am Donnerstag in Leipzig. In der Politik wird bereits darüber gestritten, wie die Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Aufklärung von Straftaten in Zukunft aussehen könnte. (Az. 6 C 6.22 u.a.)
Das Bundesverwaltungsgericht musste über Klagen der Telekommunikationsunternehmen Telekom und Spacenet entscheiden. Es setzte das Verfahren 2019 aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob die deutschen Vorschriften gegen EU-Recht verstießen. Das bejahte dieser im September 2022. Dieses Urteil berücksichtigte das Bundesverwaltungsgericht bei seiner nun veröffentlichten Entscheidung und gab den Unternehmen recht. Die betroffene Regelung zur Vorratsdatenspeicherung wird schon seit sechs Jahren nicht mehr angewandt.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte am Donnerstag: "Die jetzigen Entscheidungen sind für uns ein klarer Auftrag, die Vorratsdatenspeicherung nun zügig aus dem Gesetz zu streichen - und die digitalen Bürgerrechte in unserem Land weiter zu stärken." Buschmann warb erneut für das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren. Ermittlungsbehörden könnten "bei dem Verdacht auf eine erhebliche Straftat relevante Verkehrsdaten umgehend bei den Providern einfrieren lassen, um sie später im Verfahren zu nutzen."
Aus der Union kamen dagegen andere Stimmen. Die Landesinnenminister von CDU und CSU hatten bereits am Mittwoch gefordert, es müsse eine Vorratsdatenspeicherung geben. Sie argumentierten, dass das EuGH-Urteil die Sicherung von IP-Adressen erlaube.
Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) betonte nun: "Beide Gerichte eröffnen ausdrücklich Spielräume für die Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerster Kriminalität." Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) erklärte, es sei "völlig unverständlich, dass Strafverfolger beispielsweise Hinweise auf Kindesmissbrauch aus den USA nicht weiterverfolgen können, weil in Deutschland keine IP-Adressen mehr gespeichert sind."
Der Deutsche Journalistenverband begrüßte die Entscheidung aus Leipzig. "Endlich herrscht Rechtssicherheit für die Journalistinnen und Journalisten, die von Berufs wegen von der Datenspeicherung in besonderem Maße betroffen waren", erklärte der Bundesvorsitzende Frank Überall.
smb/cfm