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"Buy now pay later": Diese Richtlinie könnte dafür sorgen, dass ihr nicht mehr so einfach mit Klarna & Co. bestellen könnt

Die EU will die Verbraucherkredit-Richtlinie anpassen – das Geschäftsmodell von Zahlungs-Dienstleistern könnte darunter leiden. - Copyright: Getty Images ; Oscar Wong
Die EU will die Verbraucherkredit-Richtlinie anpassen – das Geschäftsmodell von Zahlungs-Dienstleistern könnte darunter leiden. - Copyright: Getty Images ; Oscar Wong

„Buy now, pay later“ (BNPL) ist den meisten spätestens ein Begriff, seitdem es bei jungen Erwachsenen zum Trend geworden ist, ihre Schulden auf Social Media zu präsentieren, unter anderem unter dem Hashtag #klarnaschulden.

Mit BNPL ist es möglich, online einzukaufen, ohne direkt bezahlen zu müssen. Mit ein paar Klicks ist der Kauf abgeschlossen. Das Geld wird automatisch entweder nach einer bestimmten Frist vom Konto eingezogen oder es geht monatlich per Ratenzahlung ab.

Das Problem: Im Gegensatz zu herkömmlichen Krediten ist für BNPL keine Kreditwürdigkeitsprüfung im Rahmen der Verbraucherkreditrichtlinie vorgeschrieben. Denn diese gilt nicht für Kredite unter 200 Euro oder solche, die innerhalb von weniger als drei Monaten zurückgezahlt werden.

„Bei Krediten gibt es viele ausbeuterische Praktiken“

Das Europäische Parlament diskutiert nun, wie es die Richtlinie anpasst. Verbraucher sollen „angesichts der neuen digitalen Möglichkeiten und der wirtschaftlichen Lage geschützt werden“, heißt es auf der Website des Europäischen Parlaments. Die Europäische Kommission hat schon im vergangenen Jahr eine neue Fassung vorgeschlagen.

„Die EU-Verbraucherkreditrichtlinie muss es geben, weil es bei Krediten viele ausbeuterische Praktiken gibt“, sagt Malte Gallée, Schattenberichterstatter für die Greens/EFA-Fraktion, im Gespräch mit Business Insider. „Damit schützt man Kreditnehmende vor Kreditgebenden.“

Da die derzeit gültige Richtlinie zu Verbraucherkrediten 2008 verabschiedet wurde, seien die Internet-Angebote noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die Internet-Bezahlfunktion nutzen besonders viele junge Leute. „In dieser Nische hat sich mit ‚Buy now pay later‘ ein Verschuldungsproblem entwickelt“, sagt Gallée.

„Die Überprüfung muss mit finanzrelevanten Daten gelöst werden“

Mit einer Kreditwürdigkeitsprüfung gäbe es laut dem Abgeordneten nur noch Kredite für diejenigen, die es sich leisten können. Alle anderen könnten durch eine neue Richtlinie vor Überschuldung geschützt werden. „Wir sind auf einem guten Weg, den Anwendungsbereich der Richtlinie zu erweitern, sodass sie ab einem Euro gilt“, sagt Gallée weiter.

Bisher würde es teilweise als Prüfung ausreichen, wenn der Kreditgeber den Kreditnehmer frage, ob er sich den Kredit leisten könne, so der Abgeordnete. „Wir werden in der neuen Version aber konkreter und sagen, dass die Überprüfung mit finanzrelevanten Daten gelöst werden muss.“ Von der bisherigen Rechtslage profitieren laut Gallée Anbieter wie Klarna, deren Geschäftsmodell von Strafzahlungen profitiere.

Carlos Link-Arad
Carlos Link-Arad

„Wir verdienen Geld, indem wir Gebühren von Einzelhändlern verlangen“

Ein Sprecher von Klarna weist das allerdings zurück. „Wir verdienen Geld, indem wir Gebühren von Einzelhändlern verlangen, die ihren Kunden unsere Services anbieten“, sagt der Sprecher auf Nachfrage zu Business Insider. Die Mahngebühr des Zahlungsanbieters betrage 1,85 Euro und gehöre zu den niedrigsten der Branche.

„In der Öffentlichkeit werden wir meist als Anbieter von Ratenkrediten wahrgenommen“, so der Sprecher weiter. Allerdings seien im vergangenen Jahr 49 Prozent der Rechnungen in Deutschland per Sofortüberweisung beglichen worden. 48 Prozent wurden demnach per Rechnungskauf abgewickelt. Lediglich drei Prozent entfielen auf den Ratenkredit.

Klarna schränkt den Zugang zu Dienstleistungen nach verpassten Zahlungen ein

Die Regulierung der Branche unterstützt Klarna laut dem Unternehmenssprecher. Eine Kreditwürdigkeitsprüfung würde der Zahlungsanbieter ohnehin schon machen. „Wir schränken den Zugang zu unseren Dienstleistungen nach verpassten Zahlungen ein, um eine Anhäufung von Schulden zu verhindern“, teilt das Unternehmen mit. Hierfür verwende Klarna interne Daten und führe darüber hinaus Softchecks mit externen Kreditauskunfteien wie der SCHUFA durch.

Auch PayPal begrüßt laut einer Unternehmenssprecherin eine Gesetzgebung zum Schutz der Verbraucher. Eine überarbeitete EU-Verbraucherkreditrichtlinie könne demnach ein Gleichgewicht schaffen – zwischen strengen Verbraucherschutzstandards und der Fähigkeit von Unternehmen, innovative Produkte anzubieten.

Paypal führt mit internen Daten eigene Kreditwürdigkeitsprüfungen durch

„Wir möchten niemanden ermutigen – insbesondere nicht diejenigen, die mit Schulden zu kämpfen haben – Artikel zu kaufen und hierfür die PayPal Ratenzahlung zur Bezahlung zu nutzen, wenn die Rückzahlung nicht gesichert ist“, teilt die Sprecherin mit.

Paypal führt demnach ebenfalls eigene Kreditwürdigkeitsprüfungen durch. Dafür nutze der Online-Bezahldienst „sowohl interne als auch in den allermeisten Fällen externe Daten“. Zudem sende Paypal frühzeitige Erinnerungen an fällige Zahlungen heraus und arbeite mit Betragsobergrenzen, die mithilfe von individuellen Bewertungen festgelegt werden.

Die Ratenzahlung biete das Unternehmen „typischerweise solchen Kund*innen gerade nicht an, die unserer Erfahrung nach bereits in der Vergangenheit Zahlungen gegenüber PayPal nicht fristgemäß geleistet haben“.

„Wir prüfen die Kreditwürdigkeit der Käufer daher bereits sehr streng“

Auch der Zahlungsdienstleister Ratepay beantwortet die Frage, wie er bisher die Kreditwürdig von Kunden prüfe, ähnlich wie die anderen beiden: Ratepay sei über die Bafin nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz reguliert. „Wir prüfen die Kreditwürdigkeit der Käufer daher bereits sehr streng“, heißt es vom Unternehmen.

Ratepay habe „keinerlei Interesse an Kreditausfällen“, da das Unternehmen das Ausfallrisiko für seine Händler übernehme. Sollte die EU eine solche Richtlinie einführen, stelle das für das Unternehmen keine besondere Neuerung dar. „Wichtig ist, dass diese Prüfungen verhältnismäßig bleiben und man einen Kleinkredit nicht mit einem klassischen Konsumentenkredit gleichsetzt.“

40 Prozent der BNPL-Nutzer haben schon einmal eine Rechnung nicht bezahlt

Die Aussagen der Anbieter, man würde nur zahlungsfähigen Kunden einen Kredit anbieten, stehen im Widerspruch zu aktuellen Zahlen der Schufa. Laut dieser haben bereits 40 Prozent der BNPL-Nutzer schon einmal eine Rechnung nicht bezahlt oder eine Mahnung erhalten. 18 Prozent von ihnen haben es demnach nicht vergessen, sondern hatten nicht das Geld. Zahlen, die Sinn ergeben. Denn wenn jemand das Geld sofort zur Verfügung hat, würde er vermutlich gar nicht erst einen Kredit abschließen.

Ein weiterer Punkt: Zwar haben alle Anbieter von BNPL auf unsere Anfrage hin auf ihre internen Bonitätsprüfungen verwiesen. Wie genau diese ablaufen und welche Daten dafür erhoben werden, wollte uns aber niemand offiziell erzählen. Mit intern erhobenen Daten kann vielleicht verhindert werden, dass ein bereits in Zahlungsverzug geratener Verbraucher keinen zusätzlichen Kredit bekommt. Allerdings schützt das nicht unbedingt Neukunden davor, in die Schuldenfalle zu tappen.

Durch die neue Richtlinie könnte es also sein, dass die Kreditwürdigkeitsprüfung für die BNPL-Anbieter aufwendiger und damit wirtschaftlich unattraktiver wird. Für nicht zahlungsfähige Kunden könnte das bedeuten, dass sie weniger Schulden anhäufen.