Deshalb haben Gefängnisse ihre Ausnüchterungszelle in diesem Rosa gestrichen
Vor über 50 Jahren bereits wurde die besondere Wirkung dieses Farbtones entdeckt: „Drunk-Tank Pink“. Er soll Menschen nicht nur beruhigen, sondern sogar schwächen können.
Shade of pink: Farben können beruhigend wirken und die Konzentration steigern, sie können anregen und Vertrauen schaffen – das ist schon lange aus der Farbpsychologie bekannt. Aber können Farben einen Menschen auch schwächen?
Einem bestimmten Farbton wird genau diese Wirkung nachgesagt, dem „Baker-Miller Pink“ oder auch „Drunk-Tank Pink“ (ungefähr: Ausnüchterungszellen-Rosa).
Millionenfach auf Tiktok geklickt
Darüber hat kürzlich der Tiktoker Julian Gibeau ein Video gedreht. Er widmet sich auf seinem Kanal hauptsächlich der Wirkung von Farben und erreicht damit im Schnitt einige Tausend Menschen. Eine Ausnahme macht dabei sein Video über das Ausnüchterungszellen-Rosa – das ging viral und wurde beinahe acht Millionen Mal geklickt.
Darin erzählt Gibeau, dass allein durch das Betrachten der Farbe aggressives Verhalte reduziert werde und Menschen die Kraft ausgehe: „Das US-amerikanische Militär hat in den 70 Jahren Versuche mit der Farbe gemacht und dabei offenbar herausgefunden, dass Proband*innen 30 Prozent weniger Kraft hatten, wenn ihre Wände in diesem Rosaton gestrichen waren.“
Farben spiegeln Emotionen
Erste Untersuchungen zu der Farbe, das schreibt Intheknow, gehen dabei sogar bis in die 60er Jahre zurück: Entdeckt hat ihre Wirkung damals der Psychologe Alexander Strauss und sie dann nach seinen beiden Chefs benannt, die mit Nachnamen Baker und Miller hießen.
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Strauss Ansatz fußte dabei auf der Annahme, dass persönliche Farbvorlieben Rückschlüsse zulassen auf individuelle Eigenschaften der Menschen. Damals war man überzeugt: Wer Blau mag, ist eher sympathisch, wer Gelb toll findet, trägt ein starkes Gemeinschaftsgefühl in sich.
Strauss wollte daraufhin zeigen, dass auch das Gegenteil möglich ist: Dass also Farben umgekehrt den psychologischen Zustand beeinflussen können.
Sogar Fußballmannschaften nutzen den Farbtrick
In Experimenten zeigte er seinen Proband*innen daraufhin Karten mit unterschiedlichen Farbtönen. Vor allem ein spezielles Rosa stach dabei heraus: Es verlangsamte Herzfrequenz, Puls und Atmung.
Deshalb begannen, so erklärt es Gibeau in seinem Video, Gefängnisse ihre Zellen entsprechend zu streichen. Damit die Insassen weniger aggressiv seien. So kam die Farbe zu ihrem Zeit- Namen: Ausnüchterungszellen-Rosa. Tatsächlich hätten sich Betrunkene, die in den Rosa-Zellen eine Nacht zubringen mussten, weniger geprügelt und sich insgesamt ruhiger verhalten. Wenig später übernahmen sogar Fußballmannschaften den psychologischen Trick und strichen die Kabinen der Gästemannschaften rosa.
Bestseller über die Farbe
Der – meist unbewussten – Wirkung von Farben ist auch der US-Amerikanische Autor Adam Alter auf den Grund gegangen, er hat sein Buch sogar „Drunk Tank Pink“ genannt. In einem Interview mit dem Öffentlich-Rechtlichen Radio NPR erzählt er: „Die Wirkung der Farbe konnte man vor allem in einem Gefängnis in Seattle gut sehen. Dort wurden besonders aggressive Insassen für 15 Minuten in die Rosa-Zelle gesteckt. Danach haben sie sich sehr viel ruhiger verhalten.“ Allerdings galt das nur für eine begrenzte Zeit, sahen die Insassen zu lange Rosa, kehrte sich der Effekt ins Gegenteil und sie wurden aggressiver.
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In einer zweiten Anekdote berichtet Alter von einem Versuch, den Alexander Strauss selbst mit einem Gewichtsheber haben soll. Der konnte demzufolge sein Gewicht zunächst problemlos stemmen – bis Strauss ihm eine seiner rosa-angemalten Karten zeigte. Dem Gewichtheber versagte daraufhin die Kraft.
Ganz so eindeutig ist es nicht
Auch wenn Gefängnisse und Sportmannschaften die Farbe zu ihrem Vorteil einsetzen oder eingesetzt haben, ganz so eindeutig ist aus wissenschaftlicher Sicht die Wirkung von Drunk-Tank Pink nicht. In aktuelleren Studien konnten die Ergebnisse von Strauss nicht mehr wiederholt werden oder sie waren bei weitem nicht so signifikant.
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