Werbung

Deutschland erhofft Kanadas Hilfe bei Abkehr von russischem Gas

(Bloomberg) -- Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Kulisse der bayrischen Alpen genutzt, um sich bei einem Treffen mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau für engere Energiebeziehungen einzusetzen. Damit unternimmt die Ampelkoalition einen weiteren Schritt auf der Suche nach Alternativen zu fossilen Brennstoffen aus Russland.

Deutschland hofft, Flüssigerdgas aus Kanada importieren zu können, um russisches Gas zu ersetzen. Letzteres macht derzeit mehr als ein Drittel der Importe Deutschlands aus. Vor dem Einmarsch in die Ukraine war es noch etwa die Hälfte. Die Bundesrepublik und Kanada haben Optionen für ein LNG-Terminal an der Ostküste Kanadas besprochen für Exporte nach Europa, so mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Bei ihrem Treffen am Montag am Rande des Gipfeltreffens der Gruppe der Sieben auf Schloss Elmau erörterten Scholz und Trudeau, wie der Druck auf Präsident Wladimir Putin aufrechterhalten und die Abhängigkeit von russischer Energie verringert werden kann. Beiden Länder würden künftig noch enger zusammenarbeiten, sagte Scholz vor Beginn der Gespräche auf Schloss Elmau in Anwesenheit Trudeaus.

Scholz will Trudeau Ende August in Kanada besuchen, und deutsche Regierungsvertreter sind zuversichtlich, dass ein LNG-Abkommen bis dahin steht.

Aus deutscher Sicht kann eine Einigung gar nicht schnell genug kommen. Die Bundesregierung warnte letzte Woche, dass die jüngsten russischen Schritte zur Drosselung der Lieferungen an Europa einen Zusammenbruch der Energiemärkte auslösen könnten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck, der letzte Woche die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen hatte, sieht wegen Russlands Vorgehen die Gefahr einer Energiekrise. Diese könnte so weite Kreise zieht wie der Zusammenbruch von Lehman Brothers zu Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008.

“Geringere russische Gasflüsse bringen Deutschland in eine gefährliche Situation”, so Maeva Cousin, Ökonomin bei Bloomberg Economics. Ob sich das zu einer ausgewachsenen Energiekrise entwickele, hänge davon ab, inwieweit die Europäer bereit seien, den Schaden auf alle Schultern zu verteilen.

Kanada gehört zu den größten Erdgasproduzenten der Welt, hat aber keine Infrastruktur für Exporte an seiner Ostküste. Der Bau eines neuen LNG-Terminals könnte Jahre dauern und würde wahrscheinlich auf erbitterten Widerstand bei Umweltschützern stoßen.

Es gibt jedoch ein Importterminal, welches dem spanischen Unternehmen Repsol SA gehört. Dieses könnte wohl relativ schnell in ein Exportterminal umgewandelt werden. Sollte sich das Unternehmen dafür entscheiden, könnte das Terminal in drei bis vier Jahren mit der Verschiffung von Gas beginnen, so der kanadische Ministers für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson.

“Wir sind daran interessiert, unseren Freunden in Deutschland zu helfen, und die Deutschen haben uns gedrängt, alles zu tun, was wir können”, sagte Wilkinson letzte Woche.

Gleichwohl fügte er hinzu, dass die Milliarden für die Realisierung dieses Projektes aus der Privatwirtschaft kommen müssten.

Eine weitere Sorge beider Länder ist, dass ein langfristiges Erdgasabkommen ihre Verpflichtungen zur Abkehr von fossilen Brennstoffen gefährden könnte. Kanada fordert, jedes neue LNG-Terminal müsse in Zukunft auch Wasserstoff exportieren können

Überschrift des Artikels im Original:

Germany Enlists Canada to Speed Transition Away From Russian Gas

(Wiederholung von Montagnachmittag)

More stories like this are available on bloomberg.com

©2022 Bloomberg L.P.