Diplom-Biologin enthüllt: Warum diese Diät-Mythen nichts taugen
"Wenig essen, Sport treiben, Disziplin" - das sind angeblich alles Mittel zum Abnehm-Erfolg. Laut Ernährungsberaterin ist aber etwas ganz anderes wichtig. Sie deckt die Diät-Mythen auf.
Die Zeit des Kalorienzählens ist vorbei. Laut Ernährungsexpertin Barbara Plaschka sollten wir uns alle von unserem Diät-Ich verabschieden:
Dieses "Diät-Ich" ist der Teil von uns, der beim Anblick von leckeren Schokotorten den Taschenrechner zückt und überprüft, ob wir unser tägliches Kalorienlimit bereits überschritten haben. Es ist der Teil, der darüber nachdenkt, wann wir das letzte Mal Sport gemacht haben und ob wir wirklich das Eis essen sollten.
Um uns von diesem Diät-Ich zu verabschieden, möchte ich Ihnen einige gängige Abnehmmythen vorstellen und zeigen, wie sie durch bewusstes Kauen entschärft werden können. Ihr Diät-Ich wird überrascht sein.
1. Diät-Mythos: "Um abzunehmen, muss man wenig essen"
Jeder kennt den typischen Teller, den Menschen serviert bekommen, wenn sie auf Diät gesetzt werden. Ein bisschen gedünstetes Gemüse, ein paar Erbsen und vielleicht eine Pellkartoffel. Das Ganze wird mit einem kleinen Strauß Petersilie garniert, wie in einer Katzenfutter-Werbung. Viele glauben tatsächlich, dass sie nur so viel essen dürfen, um dauerhaft Gewicht zu verlieren. Und dann tritt sofort der verständliche Schutzmechanismus ein, dass sie jetzt erstmal richtig zuschlagen müssen, bevor die strenge Diät wirklich beginnt.
Je mehr wir uns in Bezug auf die Menge reglementieren, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir ausbrechen und das Ganze ins Gegenteil umschlägt. Wir müssen auch akzeptieren, dass jeder Tag unterschiedlich aussehen kann. Es ist wichtig zu wissen, dass jeder Mensch seinen eigenen Bedarf hat, der seinem Stoffwechsel entspricht, und dass es keine Einheitslösung für alle gibt.
Wenn du beim Essen genau kaust, hat das den Vorteil, dass du während der Mahlzeit Zeit hast, um zu spüren, ob du überhaupt noch Hunger hast. Dadurch kannst du an manchen Tagen möglicherweise einen vollen Teller nicht schaffen und an anderen Tagen einen Nachschlag brauchen. Dies kann zum Beispiel daran liegen, dass dein Körper hormonell in einer anderen Phase ist oder du in den Tagen zuvor körperlich besonders aktiv warst.
Es ist wichtig zu verstehen, dass dauerhaftes Abnehmen nichts mit Kleinstportionen zu tun hat. Tatsächlich hatten einige meiner Klienten und Klientinnen Probleme beim Gewichtsverlust, weil sie dauerhaft zu wenig Kalorien zu sich genommen haben. Erst als wir die Portionen schrittweise erhöhten - natürlich mit nährstoffreichen Lebensmitteln -, begannen die Pfunde zu purzeln. Der Körper hält nun mal an seinen Reserven fest, wenn er dauerhaft zu wenig Nahrung bekommt.
Eine interessante Erfahrung macht man, wenn jemand, der sich keine Pizza mehr erlauben würde und immer den Schonkostteller wählt, sich doch einmal eine Pizza bestellt und diese dann durch genaues Kauen langsam genießt. Früher hätte er die Pizza mit einem Bissen verschlungen und dadurch den Glauben verstärkt, dass er sowieso nie abnehmen wird. Als genauer Kauer passiert es ihm plötzlich, dass er nach der Hälfte der Pizza satt ist, wirklich satt. Und er hebt den Rest einfach für den nächsten Tag auf. Nach solchen Erfolgserlebnissen gibt es keinen Platz mehr für selbstsabotierende Gedanken. Und die Angst vor Kleinstportionen kann für immer verschwinden.
2. Diät-Mythos: "Die Süßigkeiten sind schuld"
"Wenn die Süßigkeiten nicht wären, hätte ich kein Problem." Dieser Satz wird mir wirklich oft gesagt. Kommt Ihnen das bekannt vor? Jedenfalls ist er mir nur zu vertraut. Irgendwann wurde ich klug und hörte auf, Süßigkeiten zu kaufen. Ein Trick. Für eine Weile habe ich meinen Süßigkeitenkonsum reduziert.
Nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, um ehrlich zu sein. Es schlummerte immer noch ein Teil in mir, der einerseits jetzt erst recht Lust auf Süßigkeiten hatte – und damit sind wir wieder beim Thema, dass Verbote und Verzicht oft das Gegenteil bewirken. Doch da war noch etwas anderes. Ich hätte einfach glücklich sein können, dass ich die Vermeidungsstrategie erfolgreich umsetze.
War ich aber nicht. Es blieb eine gewisse Unsicherheit: Was passiert, wenn ich wieder anfange, Süßigkeiten zu essen? Was passiert, wenn mir jemand etwas Süßes anbietet? Außerhalb meines strategisch abgesicherten Bereichs. Ich bin mir sicher, Sie verstehen, was ich meine.
Das Thema Süßigkeiten und Naschereien dreht sich genau um diesen Aspekt. Es geht darum, wie man es schafft, nur ein paar Süßigkeiten zu essen, anstatt die ganze Tafel Schokolade oder die halbe Tüte Gummibärchen. Die wahre Lösung des Süßigkeitenproblems liegt darin, das Kauen zu trainieren, auch bekannt als Kausdauertraining. Wenn man ein Problem mit Süßigkeiten hat, kann man Schokolade oder Kekse als Trainingspartner nutzen. Durch das Training gewöhnt man seine Zunge daran, Süßigkeiten im Alltag langsamer zu essen und den süßen Geschmack besser wahrzunehmen.
Früher habe ich Süßigkeiten im "Normalmodus" schnell verputzt, regelrecht hinuntergeschlungen. Es schien mir sogar so, als hätte ich sie gar nicht gegessen, weil es so schnell ging. Doch wenn man das Verlangen nach Süßem achtsam und bewusst stillt, reicht plötzlich ein kleines Stückchen Schokolade, ein paar Pralinen oder ein Keks aus. Dadurch gewinnt man auch kostbare Zeit, um sich zu fragen: Ist es genug? Soll es noch mehr sein? Eine wichtige Frage beim Heißhunger auf Süßes ist auch: Was brauche ich wirklich? Oft suchen wir Trost bei Schokolade aus emotionalen Gründen.
3. Diät-Mythos: "Man huss hungern, um abzunehmen"
Es ist wichtig zu verstehen, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf Hunger reagieren. In der Vergangenheit, als es um das Überleben ging, entwickelten Männer und Frauen verschiedene Überlebensstrategien.
Männer aktivieren ihren Jagdtrieb, wenn sie feststellen, dass Nahrung knapp ist. Ihr Körper wird energiegeladen und ihre Muskeln sind bereit für den Kampf. Frauen hingegen haben einen anderen Überlebensmechanismus. Wenn ihr Körper über längere Zeit Hunger empfindet, schaltet er in den Sparmodus. Frauen horten Nahrung, da sie sie möglicherweise für eine Schwangerschaft oder das Stillen eines Babys benötigen. Ihr Stoffwechsel läuft auf Sparflamme, was es schwierig macht, Fett zu verbrennen und abzunehmen.
Daher sollten Frauen keine Hungerkuren machen, wenn sie dauerhaft abnehmen möchten, da dies das empfindliche Hormonsystem aus dem Gleichgewicht bringen kann. Männer hingegen reagieren anders und haben oft größere Erfolge mit strengem Intervallfasten.
Frauen sollten auf ihren natürlichen Hunger achten und ihn nicht zu lange hinauszögern. Es ist wichtig, aufmerksam zu essen und aufzuhören, wenn man satt ist.
4. Diät-Mythos: "Wer abnehmen will, muss Sport machen"
Bewegung ist zweifellos wichtig, allerdings kann Sport und die anschließende übermäßige Belohnung manchmal frustrierend sein. Man schafft es, morgens 30 Minuten zu joggen und ist stolz auf diese Leistung. Doch dann belohnt man sich den ganzen Tag über, indem man zum Frühstück ein zusätzliches Brötchen isst und während eines Meetings einen extra Keks nimmt.
Zum Mittagessen gibt es eine Nachspeise, immerhin war man heute schon sportlich. Am Nachmittag gibt es vielleicht noch ein Stück Kuchen und abends auf dem Sofa ein paar Süßigkeiten extra. Um das alles wieder abzutrainieren, hätte die morgendliche Joggingrunde drei- bis viermal so lang sein müssen. Man möchte gar nicht daran denken, welche zusätzliche Belohnung das wieder bedeuten würde.
Unter diesen Umständen führt Sport leider nicht zum gewünschten Ziel. Es ist wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein. Wie viele Kalorien hat man wirklich durch das Training verbrannt und was bedeutet das in Bezug auf die Lieblingsspeise? Wenn man sich das vor Augen führt und dadurch die Motivation zum Sport nicht steigt, ist das verständlich und in Ordnung.
Stattdessen kann man mit einer Bewegung beginnen, die sich nicht wie eine Sporteinheit anfühlt. Man kennt sicherlich die Klassiker:
Die Treppe anstelle des Aufzugs oder der Rolltreppe nehmen.
Das Fahrrad anstelle des Autos nutzen. Ein oder zwei Haltestellen früher aus dem Bus aussteigen und den Rest zu Fuß gehen.
Für viele fühlt sich diese alltägliche Bewegung nicht so an, als müssten sie sich dafür groß belohnen. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Es gibt jedoch eine Ausnahme: das Kauen. Wenn man während der Mahlzeiten mehr kaut, gewinnt man wertvolle Zeit, um den Signalen des Körpers zu lauschen. So spart man plötzlich mehr Kalorien ein, als man bei einer möglicherweise quälenden Sporteinheit verbraucht hätte. Genial, oder?
5. Diät-Mythos: "Ohne Disziplin geht es nicht"
Der Mythos von der mangelnden Disziplin ist weit verbreitet und es bereitet mir Freude, ihn zu widerlegen. Es wäre einfacher, wenn wir mehr Disziplin hätten, dann könnten wir anstelle von Donuts Äpfel essen und mehr Gemüse anstelle von Pommes essen. Wir könnten den weißen Reis durch gehobelten Blumenkohl ersetzen und anstatt Netflix zu schauen, Sport treiben.
Wir vergleichen uns oft mit denjenigen, die alles auf einmal schaffen, und ziehen daraus den Schluss, dass wir selbst nicht genug Disziplin haben. Aber wer sagt eigentlich, dass diese "anderen" alles auf einmal erreicht haben? Wahrscheinlich hatten sie einfach eine bessere Strategie, wie zum Beispiel die Strategie der kleinen Schritte. Diese Strategie ist viel effektiver als ein plötzlicher großer Wandel. Vielleicht haben die anderen in kleinen Schritten immer wieder etwas Neues eingeführt und konnten es so gut in ihren Alltag integrieren. Vergleiche anzustellen ist für das Diät-Ich nur kontraproduktiv. Statt dessen sollten wir die Sache aus einer anderen Perspektive betrachten. "Abnehmen hat nichts mit Disziplin zu tun, sondern mit Selbstliebe."
Wenn wir kleine, aber kontinuierliche Schritte in Richtung unserer Ziele machen, kommen wir mehr mit unseren eigentlichen Bedürfnissen in Kontakt und handeln auch danach. Das stärkt unser Selbstvertrauen und unsere Selbstliebe.
Jedes Mal, wenn wir essen, weil wir wirklich Hunger haben und aufhören, wenn wir satt sind, bringen wir mehr Balance in unser hormonell gesteuertes Hunger- und Sättigungssystem. Unser Körper fühlt sich ernst genommen und muss keine weiteren Notreserven mehr anlegen, wie er es aus Zeiten extremer Diäten gelernt hat. Wenn wir dem Kauen mehr Aufmerksamkeit schenken, hat das einen positiven Einfluss auf alle Aspekte unseres Wohlbefindens. Die Mengen werden kleiner, ohne dass Disziplin erforderlich ist. Wir handeln einfach nach unserem Bedürfnis und wollen unserem Körper Gutes tun.
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