In drei Monaten gingen sechs Kreuzfahrtpassagiere in den USA über Bord – darum setzen die meisten US-Schiffe keine Detektionstechnik für die Rettung ein

Aufgrund vager Formulierungen in einem Gesetz aus dem Jahr 2010 verlassen sich Kreuzfahrtschiffe bei der Erkennung von über Bord gegangenen Personen weitgehend auf Kameras, wodurch manchmal entscheidende Sekunden bei Rettungseinsätzen verloren gehen. - Copyright: Trenton Almgren-Davis, Insider; Andy Newman/Carnival Cruise Lines via Getty Images, Martin Diebel/Getty Images; Congress.Gov

Ronnie Peale Jr., ein 35-Jähriger US-Amerikaner aus einer kleinen Stadt im Shenandoahtal in Virginia, unternahm im Mai 2023 seine erste Kreuzfahrt. Er wollte den Geburtstag seiner Partnerin feiern.

Am fünften Tag der Kreuzfahrt war Peale verschwunden. "Um ein Uhr nachts hatte ich dieses flaue Gefühl im Magen", sagte seine Mutter, Linda Peale, zu Business Insider. "Er rief mich immer zweimal am Tag an, um nach seinen Hunden zu sehen." Er hatte nicht angerufen.

Die von Carnival überprüften Sicherheitsaufnahmen zeigen, dass Peale sich "gegen 4:10 Uhr morgens über das Geländer seines Kabinenbalkons lehnte und ins Wasser fiel", so ein Sprecher der Reederei.

Um 18:36 Uhr – mehr als zwölf Stunden nachdem Peale über Bord gefallen war – kontaktierte Carnival die Küstenwache, so die Behörde. 60 Stunden lang durchsuchten die Einsatzkräfte der Küstenwache 5171 Quadratmeilen (etwa 13.400 Quadratkilometer). Das ist ein Gebiet, das etwas größer ist als der Staat Connecticut. Aber sie fanden ihn nicht.

Peale ist vermutlich tot, heißt es in einem Schreiben der Küstenwache an seine Mutter, das Business Insider in Kopie vorliegt.

"Seine neun Tomatenpflanzen sind im Garten reif geworden. Ich werde Soße für die Familie machen. Seine Pläne für den Umbau des Waschbeckens für unser Farmhaus bleiben in Kisten in der Garage", schrieb Linda Peale über ihren Sohn, der hier als Teenager mit seinem Neffen im Arm abgebildet ist. - Copyright: Linda Peale
"Seine neun Tomatenpflanzen sind im Garten reif geworden. Ich werde Soße für die Familie machen. Seine Pläne für den Umbau des Waschbeckens für unser Farmhaus bleiben in Kisten in der Garage", schrieb Linda Peale über ihren Sohn, der hier als Teenager mit seinem Neffen im Arm abgebildet ist. - Copyright: Linda Peale

Mann-über-Bord-Vorfälle (MOB) sind zwar selten, aber sie sind eine der häufigsten Todesursachen für Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen. Das zeigt die Forschung von Travis Heggie. Er ist Professor an der Bowling Green State University und hat sich auf Gesundheits- und Sicherheitsrisiken in der Tourismusbranche spezialisiert.

Im Durchschnitt gehen jedes Jahr 19 Menschen auf Kreuzfahrtschiffen über Bord. Davon werden etwa vier Personen erfolgreich gerettet, so eine Studie aus dem Jahr 2020. Sie wurde von der Branchenorganisation Cruise Lines International Association in Auftrag gegeben.

Suche nach vermissten Passagieren ist zeitaufwändig

Weniger als zwei Monate nachdem Peale über Bord gegangen war, ging der 30-jährige Jaylen Hill auf einem Carnival-Kreuzfahrtschiff ebenfalls über Bord. Hill wurde zuletzt am Sonntag, den 23. Juli, um acht Uhr morgens gesehen. Die Kreuzfahrtgesellschaft alarmierte die Küstenwache um 18.30 Uhr, wie Eric Rodriguez, ein Unteroffizier dritter Klasse, damals im Gespräch mit Business Insider erklärte.

Insgesamt sind in diesem Sommer mindestens fünf Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen über Bord gegangen, darunter auch Hill. Die Vorfälle ereigneten sich auf den Kreuzfahrtschiffen Carnival Elation, Spectrum of the Seas, Emerald Princess, Mariner of the Seas und Wonder of the Seas. Nur einer der Passagiere wurde lebend gerettet.

Die Suchmuster zeigt das Gebiet, das die Einsatzkräfte der Küstenwache nach Ronnie Peale Jr. abgesucht haben. - Copyright: U.S. Coast Guard illustration by Joe Perez
Die Suchmuster zeigt das Gebiet, das die Einsatzkräfte der Küstenwache nach Ronnie Peale Jr. abgesucht haben. - Copyright: U.S. Coast Guard illustration by Joe Perez

Die Suche nach einer vermissten Person kann frustrierend und zeitaufwändig sein. Schließlich bestehen die schwimmenden Städte aus einem weitläufigen Labyrinth aus Bars, Restaurants, Unterhaltungseinrichtungen, Pools und Kabinen. Außerdem ist es kompliziert, auf See zu simsen und zu telefonieren.

Selbst wenn jemand den steilen Fall überlebt und der massiven Schiffsschraube oder dem Wirbelwind ausweicht, kann innerhalb von Minuten eine Unterkühlung eintreten. Unüberwachte Sicherheitsvideos und uneinheitliche Sicherheitsprotokolle machen die Überlebenschancen noch geringer.

Nach Ansicht von Experten gehören die großen Zeitabstände zwischen dem Überbordgehen einer Person und der Einleitung von Rettungsmaßnahmen zu den Hauptgründen, warum Unfälle mit über Bord gegangenen Personen tödlich enden. Je länger jemand allein im offenen Meer ist, desto geringer ist die Chance auf Rettung. Das erklärte Ross Klein am Anfang des Jahres gegenüber der "Washington Post". Er ist ein Forscher in der Kreuzfahrtbranche, der bereits als Sachverständiger vor dem Kongress aufgetreten ist.

"Situationen, in denen jemand über Bord geht, sind natürlich für viele ein beunruhigendes Ereignis. Und obwohl sie selten sind, da die Wahrscheinlichkeit eines Vorfalls bei weniger als 0,000001 Prozent liegt, nehmen wir unsere Verantwortung, eine sichere Umgebung für Gäste und Besatzung zu schaffen, sehr ernst", sagte ein Sprecher der Carnival Corporation. Es sei "praktisch unmöglich, von einem Kreuzfahrtschiff zu fallen, ohne absichtlich über die Sicherheitsgeländer zu klettern", die mindestens 42 Zoll (etwa 106 Centimeter) hoch sein müssen.

Gesetzgebung ohne Regulierung

Die US-Küstenwache prüft bei der Inspektion von Kreuzfahrtschiffen nicht, ob die Technologie zur Erfassung oder Erkennung des Überbordgehens eingesetzt wird. - Copyright: Paul McConnell/U.S. Coast Guard via Getty Images
Die US-Küstenwache prüft bei der Inspektion von Kreuzfahrtschiffen nicht, ob die Technologie zur Erfassung oder Erkennung des Überbordgehens eingesetzt wird. - Copyright: Paul McConnell/U.S. Coast Guard via Getty Images

Um Todesfälle durch das Überbordgehen zu verhindern, stellte der US-Kongress im Jahr 2010 neue Forderungen im Rahmen des Cruise Vessel Security and Safety Act (CVSSA). Kreuzfahrtschiffe sollten mit einer Technologie ausgestattet werden, die Bilder von Passagieren aufnehmen oder über Bord gefallene Passagiere erkennen kann, sofern eine solche Technologie verfügbar ist.

Die Küstenwache der USA legt das Gesetz dahingehend aus, dass Kreuzfahrtschiffe die Möglichkeit haben, zwischen Bildaufzeichnungssystemen – wie CCTV-Sicherheitskameras – und Detektionssystemen zu wählen. Diese nutzen Technologien wie Wärmebildkameras und Radare, um die Besatzung in Echtzeit zu alarmieren, wenn jemand über Bord fällt. Das erklärte ein Sprecher der Behörde gegenüber Business Insider. Dies gibt den Kreuzfahrtunternehmen die Flexibilität, zu entscheiden, welche Art von Technologie sie verwenden.

Küstenwache kontrolliert Schiffe nicht auf MOB-Technologien

Die vage Formulierung des Gesetzes lässt jedoch eine zweite Auslegung zu. Nach Ansicht einiger Experten war diese die ursprüngliche Absicht des Kongresses. Kreuzfahrtschiffe dürfen Bildaufzeichnungstechnologien wie CCTV-Kameras verwenden, um das CVSSA zu erfüllen, bis eine zuverlässige Technologie zur Erkennung von über Bord gegangenen Personen verfügbar ist.

Die Küstenwache ist dafür zuständig, dass Kreuzfahrtschiffe das Gesetz einhalten. Sie setzt jedoch keine der beiden Anforderungen durch. Grund dafür ist, dass der vor acht Jahren begonnene Prozess der Regelsetzung noch nicht abgeschlossen ist. Das erklärte ein Sprecher der Küstenwache gegenüber Business Insider. Das bedeutet, dass die Küstenwache in den mehr als zehn Jahren, in denen das CVSSA Gesetz ist, keine Kreuzfahrtschiffe auf MOB-Technologie, Kameras oder Ähnliches überprüft hat, bestätigte der Sprecher.

Die Behörde reguliert auch nicht die Technologie, die Kreuzfahrtschiffe einsetzen sollten, um über Bord gefallene Passagiere zu erkennen, sagte der Sprecher. Die Küstenwache prüft jedoch Kreuzfahrtschiffe, um sicherzustellen, dass sie über "angemessene Verfahren verfügen, um einen über Bord gegangenen Menschen auf zufriedenstellende Weise zu bergen", fügte der Sprecher hinzu.

"Ich glaube, viele von uns sind sich nicht darüber im Klaren, dass es sich um ein Gesetz handelt", sagte Jamie Barnett, Vorsitzende der International Cruise Victims Association (ICVA). "Es wird nicht einfach verabschiedet und dann umgesetzt – man muss es überwachen. Es braucht Menschen, die darauf achten, dass es auch wirklich umgesetzt wird."

Die meisten Kreuzfahrtschiffe verlassen sich auf Sicherheitskameras, um Personen zu erkennen, die über Bord gegangen sind

Alle Mitglieder der Cruise Line International Association (CLIA) erfüllen die Anforderungen des CVSSA. Die meisten Schiffe entscheiden sich für eine Technologie, die in der Lage ist, Bilder von über Bord gegangenen Personen zu erfassen. Das sagte ein CLIA-Sprecher zu Business Insider.

Die Fürsprecher der Opfer sagen jedoch, dass Sicherheitskameras allein kein wirksames Mittel sind, um Todesfälle durch das Überbordgehen zu verhindern. Grund dafür ist, dass sie nicht ständig überwacht werden. Und da die Kameras nicht immer alle Bereiche des Schiffes erfassen, gibt es manchmal überhaupt kein Filmmaterial.

Der 29-jährige James Michael Grimes ging im November 2022 auf einem Carnival-Kreuzfahrtschiff über Bord. Daraufhin informierte ein Sicherheitsbeamter seine Stiefschwester darüber, dass es zwar Aufnahmen davon gäbe, wie Grimes die Bar verließ, aber nicht davon, wie er über Bord ging. Das sagte sie gegenüber "USA Today". Ein Sprecher von Carnival sagte damals, dass die Kameras in einigen Bereichen der Schiffe "keine 100-prozentige Sichtweite" hätten.

Im Jahr 2017 ging ein Besatzungsmitglied von Royal Caribbean auf der Vision of the Seas über Bord ging. Bei einer Untersuchung zur Schiffssicherheit wurde auf den Bahamas festgestellt, dass "eine klare Sicht auf das über Bord springende Besatzungsmitglied nicht erkannt wurde, da der Bereich nicht von CCTV abgedeckt war (blinder Fleck)".

In einer Erklärung, die Business Insider zur Verfügung gestellt wurde, betonte CLIA, dass Sicherheit und Gefahrenabwehr für die Branche höchste Priorität haben.

"Alle Kreuzfahrtgesellschaften setzen eine Vielzahl von Maßnahmen ein, um ein sicheres Umfeld an Bord von Kreuzfahrtschiffen aufrechtzuerhalten. Dazu gehören physische Barrieren am Rande der Außendecks und Balkone, Videoüberwachungssysteme in öffentlichen Bereichen und geschulte Besatzungsmitglieder, die schnell auf eine unsichere Situation oder einen Notfall reagieren können", so der Sprecher.

Automatische Detektionssysteme werden noch getestet, um internationalen Standards zu entsprechen

 - Copyright: MARSS
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Die Kreuzfahrtindustrie testet nach eigenen Angaben bereits seit 2006 Mann-über-Bord-Detektionssysteme (MOB). Die Technologie, die erkennt, wenn jemand über Bord geht und die Besatzungsmitglieder in Echtzeit alarmiert, sei in einer maritimen Umgebung jedoch weder zuverlässig noch kommerziell verfügbar.

Im Jahr 2017 erklärte die Küstenwache, dass drei Anbieter die "anfängliche Machbarkeit" nachgewiesen hätten. Sie empfahl aber, mit der Verabschiedung weiterer Vorschriften zu warten, bis ein internationaler Standard entwickelt sei, um "die Industrie und Geschäftsprozesse nicht zusätzlich zu belasten."

Seitdem hat die Internationale Organisation für Normung technische Anforderungen für Systeme zur Erkennung von Personen, die von Schiffen über Bord gegangen sind, entwickelt. Die Standards, die unter Mitwirkung der Küstenwache und der Kreuzfahrtindustrie entwickelt wurden, wurden 2020 veröffentlicht. Aber ein Sprecher der Küstenwache sagte, dass ihm keine Produkte bekannt sind, die diese Anforderungen derzeit erfüllen.

Marss, ein weltweit tätiges Technologieunternehmen, hat nach eigenen Angaben ein Produkt namens Mobtronic entwickelt. Dieses soll die internationalen Normen bis Anfang 2024 erfüllen. Das System absolvierte nach Angaben des Unternehmens 120 Tests mit einer Erfolgsquote von 100 Prozent. Pro Schiff würde es etwa 500.000 Dollar (etwa 460.000 Euro) kosten.

Mike Collier, ein Programmleiter von Mobtronic, sagte, dass die Technologie bereits auf der gesamten Flotte eines großen Kreuzfahrtunternehmens installiert ist. Er lehnte es jedoch ab, das Unternehmen zu nennen.

Laut CLIA könnte es aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Werften und Produkten mehrere Jahre dauern, bis neue Technologie in nennenswertem Umfang zum Einsatz kommt, selbst wenn sie verfügbar ist.

Ein Sprecher der Carnival Corporation sagte, dass diese Systeme "trotz der Behauptungen der Hersteller und ihrer Verkäufer immer noch unzuverlässig sind, wie es auch der Fall war, als unser Unternehmen einige der vorgeschlagenen Technologien getestet hat." Die MOB-Erkennungstechnologie verhindere nicht, dass jemand über die Sicherheitsgeländer klettert oder von Bord springt.

Nach acht Jahren in der Schwebe: Kongress will Antworten von der Küstenwache

Mobtronic hat die für die Erfüllung der ISO-Norm erforderlichen Tests der Phasen I und II bestanden und erwartet, die letzte Phase bis Anfang 2024 abzuschließen. - Copyright: MARSS
Mobtronic hat die für die Erfüllung der ISO-Norm erforderlichen Tests der Phasen I und II bestanden und erwartet, die letzte Phase bis Anfang 2024 abzuschließen. - Copyright: MARSS

Nach acht Jahren in der Schwebe wollen die Gesetzgeber wissen, wann die Küstenwache die Anforderungen des CVSSA an die MOB-Technologie durchsetzen wird und ob sie Detektionssysteme auf jedem Schiff vorschreiben wird.

Im Mai schrieben vier Mitglieder des Kongresses, darunter Senator Richard Blumenthal aus Connecticut, einen Brief an die Küstenwache. Sie baten um Informationen über den derzeitigen Einsatz von Mann-über-Bord-Technologie auf Kreuzfahrtschiffen.

In ihrer Antwort erklärte die Küstenwache, sie habe bereits 2015 mit dem Regelungsprozess begonnen, der es der Behörde ermöglichen würde, die Anforderungen durchzusetzen. Aber aufgrund öffentlicher Kommentare, die in Frage stellten, ob die Technologie zur Erkennung von Passagieren über Bord ausreichend zuverlässig oder verfügbar sei, wurde die Regel nie fertiggestellt.

Collier, der vor seiner Tätigkeit bei Mobtronic Experte für MOB-Detektion bei der Carnival Corporation war, sagte, dass das Fehlen konkreter Vorschriften seitens der Küstenwache der Grund dafür ist, dass sich die Kreuzfahrtgesellschaften noch nicht vollständig zur Installation der Technologie verpflichtet haben.

"Solange die Aufsichtsbehörden keine Klarheit schaffen, werden die Kreuzfahrtgesellschaften ihre Investitionsentscheidungen in erster Linie auf der Grundlage ihrer Einnahmen treffen", sagte er.

Ein Sprecher der Küstenwache sagte, dass es keine Vorschriften gibt, die Kreuzfahrtunternehmen daran hindern, MOB-Erkennungssysteme auf ihren Schiffen zu installieren.

Küstenwache soll überarbeitete Version der Regelung vorlegen

Es ist geplant, dass die Küstenwache im Juni 2024 eine überarbeitete Version der 2015 vorgeschlagenen Regelung vorlegt. Sie soll Definitionen klären, bestehende Vorschriften aktualisieren und Leistungsstandards für die Umsetzung des CVSSA schafft.

"Die Küstenwache erwägt den besten Ansatz, um dieses Problem so schnell wie möglich zu lösen", sagte ein Sprecher.

In der Zwischenzeit hat Blumenthal einen neuen Gesetzesentwurf eingebracht, der seiner Meinung nach die Undurchsichtigkeit des ursprünglichen Gesetzes verringern würde. Demnach sollen Kreuzfahrtschiffe verpflichtet werden, eine Technologie zu installieren, die sowohl Bilder von einem über Bord gehenden Passagier aufnehmen als auch diesen erkennen kann. Das ist eine Änderung, die laut CLIA "verfrüht" wäre.

"Der Kongress wollte, dass die Küstenwache die Befugnis hat, Passagiere effektiver zu schützen, indem sie eine Technologie vorschreibt, die das Überbordgehen von Passagieren in Echtzeit erkennt", sagte er in einer Erklärung, die Business Insider vorliegt. "Die Gesetzgebung würde diese Befugnis absolut klar machen – und die Vorschriften der Küstenwache immun gegen alle zukünftigen Versuche, sie zu schwächen, machen."

Angehörige navigieren bei Todesfällen auf See durch trübe Gewässer

"Er wanderte auf dem Berg hinter unserem Haus. Die Natur war seine Wohlfühlzone, er angelte, wanderte, kletterte auf Bäume und lief mit seinen Hunden Mylo und Rocky um die Wette", schrieb Linda Peale über ihren Sohn. - Copyright:  Linda Peale
"Er wanderte auf dem Berg hinter unserem Haus. Die Natur war seine Wohlfühlzone, er angelte, wanderte, kletterte auf Bäume und lief mit seinen Hunden Mylo und Rocky um die Wette", schrieb Linda Peale über ihren Sohn. - Copyright: Linda Peale

Peales Lebensgefährtin Jennilyn Blosser sagte, der frustrierendste Teil des Prozesses sei gewesen, wie lange es gedauert habe, bis Carnival das Videomaterial gefunden und bestätigt habe, dass Peale über Bord gefallen sei.

Blosser erzählte, dass ihre Familie dem Kundenservice am Montag, den 29. Mai, gegen 14 Uhr mitteilte, dass sie Peale nicht finden konnten. Der Angestellte überprüfte daraufhin die Barrechnung der Gruppe und sagte, dass Peale kürzlich ein Getränk auf Deck zehn bestellt hatte. Das veranlasste die Familie zu der Annahme, dass er sich noch auf dem Schiff befand. Blosser sagte, sie habe später herausgefunden, dass ihr Cousin das Getränk bestellt hatte und nicht Peale.

Gegen 17 Uhr habe Blosser Peale ein zweites Mal beim Kundenservice als vermisst gemeldet. Grund dafür war, dass er nicht zum Abendessen erschienen war. Carnival führte daraufhin eine Suche an Bord durch und gab seinen Namen über den Schiffslautsprecher bekannt, sagte sie. Die Kreuzfahrtgesellschaft kontaktierte die Küstenwache um 18:36 Uhr.

"Ich weiß einfach nicht, warum es so lange gedauert hat, bis sie es herausgefunden haben", sagte sie zu Business Insider. Ein Sprecher von Carnival sagte, dass die interne Untersuchung des Unternehmens "eine andere Reihe von Fakten und eine andere Abfolge von Ereignissen ergibt." Er lehnte es aber mit dem Hinweis auf "Respekt für seine Familie" ab, Details zu nennen.

Klagen gegen Betreiber von Kreuzfahrtschiffen haben geringe Erfolgschancen

Es wurde nicht einfacher, Antworten zu finden, nachdem die Küstenwache ihre Suche nach Peale eingestellt hatte, so Peakes Mutter. Die Kreuzfahrtgesellschaft stimmte aber schließlich zu, ihr und ihrem Mann die Sicherheitsaufnahmen von ihrem Sohn zu zeigen, nachdem sie einen Anwalt eingeschaltet hatte.

Sie schickte der Küstenwache per E-Mail Fragen zu den Einzelheiten des Vorfalls. Sie fragte zum Beispiel, wann Carnival die Sicherheitsaufnahmen gesehen hat und wie der Zustand des Wassers war, als Peale fiel. Daraufhin sagte ein Anwalt der Küstenwache, dass er die angeforderten Informationen nur weitergeben könne, wenn sie einen Antrag auf Informationsfreiheit stelle. Das geht aus einer E-Mails hervor, die Business Insider eingesehen hat.

Eine Klage gegen eine Kreuzfahrtgesellschaft einzureichen, sei eine der einzigen Möglichkeiten für Familienangehörige, Informationen über die über Bord gegangenen Passagiere zu erhalten. Das sagte Barnett von der ICVA. Einige Anwälte würden juristische Fälle mit Todesfällen auf Kreuzfahrtschiffen gar nicht annehmen, weil die Komplexität des Seerechts erfolgreiche Ergebnisse so selten mache.

Stirbt beispielsweise ein Kreuzfahrtpassagier jenseits von drei Seemeilen vor den USA, sind rechtliche Schritte und Entschädigungen durch den Death on the High Seas Act (DOHSA) begrenzt. Dabei handelt es sich um ein 1920 erlassenes Bundesgesetz. Es erlaubt nur finanziell abhängigen Verwandten des Verstorbenen, eine Klage wegen widerrechtlicher Tötung einzureichen, um Geldverluste zu ersetzen. Im Gegensatz zu anderen Fällen von widerrechtlicher Tötung können Hinterbliebene nach dem DOHSA keinen Schadenersatz für Schmerzen und Leiden oder seelische Qualen verlangen.

Kreuzfahrtgesellschaften drohen keine finanziellen Konsequenzen

Was die Such- und Rettungseinsätze der Küstenwache für über Bord gegangene Kreuzfahrtpassagiere angeht, so zahlen die amerikanischen Steuerzahler die Rechnung, nicht die Kreuzfahrtgesellschaften.

"Es gibt keine finanziellen Konsequenzen für die Kreuzfahrtgesellschaft, wenn jemand über Bord geht", sagte Jim Walker gegenüber Business Insider. Er ist ein Anwalt für Seerecht, der sich auf die Kreuzfahrtindustrie spezialisiert hat. "Es gibt also nicht wirklich einen Anreiz, der sie zwingt, das System zu installieren."

Dieser Artikel wurde von Stefanie Michallek aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.