Werbung

Dünn, reich und glamourös? 3 hartnäckige Mythen übers Modelleben im Check

Ein Gutes haben die ansonsten so umstrittenen Model-Casting-Sendungen im TV ja: Man sieht, dass das Leben als Model nicht immer nur easy-peasy ist, man es mit jeder Menge Konkurrenz zu tun hat und einem der Job nur zu oft vor der Nase weggeschnappt wird. Das war es aber dann auch schon mit der Realität bei GNTM und Co. Wie glamourös es wirklich backstage zugeht und welche Extrawünsche sich angehende Models besser gleich abschminken sollten: Drei Mythen übers Modelleben – und wie die Wirklichkeit aussieht!

Die wenigsten Models werden je so erfolgreich wie Gigi Hadid. Und selbst dann birgt die Karriere viele Schattenseiten. (Bild: AFP)
Die wenigsten Models werden je so erfolgreich wie Gigi Hadid. Und selbst dann birgt die Karriere viele Schattenseiten. (Bild: AFP)

Mythos 1: Es kommt es nur auf die superdünne Figur an

Natürlich sind Gewicht und passende Proportionen ein elementarer Teil des Eintrittstickets ins Modelbusiness. Hier geht es um Zentimeter, sowohl was Maße als auch Größe angeht. Viele internationale Designer schneidern ihre Kreationen sehr dünnen Frauen auf den Leib und buchen nur Models mit entsprechenden Konfektionsgrößen – oder darunter. Ein Model, das im Iconist-Magazin von ihrem Alltag erzählte, beschrieb ihre Anfänge auf internationalen Laufstegen folgendermaßen: „In Mailand war man so begeistert von meinem Look, dass mir sofort ein Vertrag einer dortigen Modelagentur unter die Nase gehalten wurde. Nur eine Sache sollte ich dafür tun: Ich sollte abnehmen. Dabei wog ich bei einer Körpergröße von 1,78 Metern nur 52 Kilogramm.”

Prinzessinnen-Hochzeit: Deshalb hielt sich Delevingne nicht an den Dresscode

Mittlerweile gibt es zumindest in Frankreich ein Gesetz, das bei Models einen Mindest-BMI von 18,5 und ein Attest vom Arzt vorschreibt, ohne das ein Model nicht beschäftigt werden darf. Letzteres ist allerdings ganze zwei Jahre gültig – und zeigt, wie erschreckend groß der Spielraum für Untergewicht und Essstörungen noch immer ist.

Solche Maße zu halten, treibt viele Models an die gesundheitliche Grenze. (Bild: Getty Images)
Solche Maße zu halten, treibt viele Models an die gesundheitliche Grenze. (Bild: Getty Images)

Dabei ist Runterhungern sowieso nicht der richtige Weg: „Das Model muss einen schmalen Knochenbau haben“, sagt Modelagentur-Chefin Louisa von Minckwitz im Gespräch mit “Berlin.de”. „Es bringt nichts, wenn es sich runterhungert und dann trotzdem noch breite Hüften hat. Manche sind einfach nicht für das Modeln gebaut.“ Beziehungsweise vielleicht auch einfach nur nicht für das Laufstegmodeln – denn wer etwa zu klein für den Laufsteg ist, ansonsten aber alle Voraussetzungen erfüllt, kann immer noch in der Werbung erfolgreich sein. Louisa von Minckwitz entdeckte vor Jahren Julia Stegner auf dem Oktoberfest, die zwar auch für ihre schlanke Figur, mehr aber noch für ihre gesunde Erscheinung und positive Ausstrahlung bekannt ist.

Statt Victoria’s Secret: 3 Brands für alle Sizes & Gender

Die kann allerdings leicht verloren gehen, wenn man bei all dem Stress im Modelleben nicht über die erforderliche innere Stärke und Disziplin verfügt: „Nicht nur, dass man gesundheitlich topfit sein muss, auch mentale Stabilität ist Voraussetzung. Das Model wird komplett auf sein Äußeres reduziert, es ist eine Art Schaufensterpuppe“, sagt Minckwitz. Nicht zu vergessen: der eiserne Wille, der notwendig ist, um im eisigen Modelbusiness durchzuhalten. Dazu mehr bei Mythos 2 und 3…

Mythos 2: Als Model verdient man schnell viel Geld

Jein. Manchmal. Vielleicht. Wenn der Designer noch Budget hat und die Agentur sich an die Provisionsregeln hält. Laufsteg oder Shootings sind insgesamt oft schlechter bezahlt als man denkt: Je nach Stadt und Designer bzw. Auftraggeber werden oft nur 50 oder 100 Euro für einen Job bezahlt. Natürlich gibt es aber auch Tagesgagen im mittleren vierstelligen Bereich. Immer abgezogen werden müssen bei deutschen Aufträgen bis zu 18 Prozent der Gage, die per Gesetz als maximale Provision an die Agentur gehen dürfen. Im Ausland gibt es diese Regel übrigens nicht – hier werden manchmal bis zu 75 Prozent Provision abgezogen.

Instagram: Heidi Klums Kuhfoto sorgt im Netz für Diskussionen

Oft jedoch wird ein Laufstegjob auch einfach gar nicht bezahlt – beziehungsweise nur mit dem Namen des Designers und Referenzen, mit denen sich das Model in Zukunft weiterbewerben kann: “Viele Designer holen sich für viel Geld gern mal ‚Prominente’ auf den Laufsteg, um so für Publicity zu sorgen; für die restlichen Models bleibt dann kein Budget mehr“, erzählt das Model, das bei Iconist unter dem Namen Jolina ihre Erfahrungen veröffentlichte. Von Jolinas neun Modeljobs bei der Berliner Fashion Week waren nach ihren Angaben nur drei bezahlt.

Mythos 3: Models führen ein glamouröses Leben

Von wegen. Man kann es gar nicht laut genug sagen: VON WEGEN! Denn zum einen enthält kaum ein Job so viele unsichtbare Elemente, deren Instandhaltung so gar nicht glamourös ist. Haare, Nägel, Haut, Brauen, Wimpern, Körperbehaarung – ein Model muss jederzeit top gepflegt und einsatzbereit sein. Das kostet Zeit und Geld, das nicht vom Arbeitgeber bezahlt wird, und so müssen die Beine im Zweifel eben noch zwei Minuten vor dem Job in der Umkleidekabine notdürftig rasiert werden.

Victoria’s Secret: Keine Plus-Size-Models auf dem Laufsteg

Vom allzeit straffen und doch bitte gesund aussehenden Körper ganz zu schweigen, für den man ausreichend schlafen, sich gesund ernähren, viel Wasser und Tee trinken, nicht rauchen und natürlich regelmäßig Sport treiben sollte – nur wann denn bitte schön? Denn vor das Shooting haben die Götter das Casting gesetzt – oder zwei Castings oder zehn oder 17 am Tag, bei denen man lächeln, gesund aussehen und sich in Pose werfen muss, so müde, hungrig und ausgelaugt man sich auch fühlen mag.

Zwischen Styling und Laufsteg schnell eine Gabel Reis – feste Essenszeiten sind bei Models meistens nicht drin. (Bild: Getty Images)
Zwischen Styling und Laufsteg schnell eine Gabel Reis – feste Essenszeiten sind bei Models meistens nicht drin. (Bild: Getty Images)

Die Castings sind das Schlimmste am Model-Beruf”, sagt Model Jolina. “Ich habe vor acht Jahren damit angefangen. Dennoch habe ich mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass fremde Menschen, die man nur für Sekunden sieht, über meine Schönheit urteilen.” Neben dem Knacks fürs Selbstbewusstsein trägt auch die Anspannung ihren Teil bei – vom Stress und ständigem Hunger an den Casting-Tagen ganz zu schweigen: “Regelmäßige Mahlzeiten vertragen sich mit Castings und Kleideranproben nicht so gut.”

Und das alles noch VOR dem eigentlichen Modeljob, der oft ebenso wenig glamourös ausfällt wie die Vorbereitung. Denn backstage sieht es leider selten so aus wie bei “Germany’s Next Topmodel” und auch die zeitlichen Ressourcen fürs Styling sind oft begrenzt. Jolina erzählt von einem Erlebnis mit einem Friseur vor einem Laufstegjob: “Der Zeitdruck ließ den Mann mit der Geltube in der Hand immer gröber werden. Meine langen, blonden Haare wurden nach hinten geklatscht und streng zurückgesteckt. Meine Wangenknochen traten hervor, mein Gesicht wirkte noch eingefallener als ohnehin schon. Anschließend sollte mir ein Junge noch schnell beim Umziehen helfen. Unter meinem Outfit war kein BH erlaubt. Also runter damit. Da stand ich also nur in einem hautfarbenen Unterhöschen bekleidet vor diesem fremden Jungen und einem Haufen Backstage-Fotografen.”

Backstage sieht es leider selten so aus wie bei “Germany’s Next Topmodel” und auch die zeitlichen Ressourcen fürs Styling sind oft begrenzt. (Bild: Getty Images)
Backstage sieht es leider selten so aus wie bei “Germany’s Next Topmodel” und auch die zeitlichen Ressourcen fürs Styling sind oft begrenzt. (Bild: Getty Images)

Warum tun sich so viele Models so einen Höllenjob nur an? Weil es um diesen kurzen Moment geht, wenn man auf dem Laufsteg steht und die Kameras klicken hört, findet Jolina: “In diesen kurzen Momenten im Scheinwerferlicht weiß ich plötzlich wieder, warum ich mir die Mühen des Modellebens antue: Es ist so schön, bewundert zu werden, die Blicke auf mir zu fühlen.”

“Pretty Little Thing”: Models mit verschiedenen Größen im gleichen Kleid

Fazit: Dieser Beruf ist nur für diejenigen geeignet, die sich mit aller Leidenschaft dem Modeln verschrieben haben, die aus den wenigen Momenten vor der Kamera so viel Freude gewinnen, dass sie die Mühen und Anstrengungen davor gerne in Kauf nehmen. Einen Alltag mit schnell verdientem (und vor allem viel!) Geld und glamourösen Partys mit Stars, Sternchen und Heidi Klum werden die seltensten Models führen.

Im Video: Für Victoria’s Secret Fashion Show – So hart trainiert Lorena