ENCAVIS IM FOKUS: Rückenwind für den neuen Chef

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Solar- und Windparkbetreiber Encavis <DE0006095003> gehört beim geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien zu den Profiteuren. Das gilt sowohl für den Aktienkurs als auch das operative Geschäft, sodass die mittelfristigen Prognosen vermutlich schon früher erreicht werden. Dorthin wird den Konzern allerdings bald jemand anderes führen, denn der bisherige Chef verkündete Anfang Juli seinen Rücktritt zum Ende des Jahres. Was bei Encavis los ist, wie die Aktie läuft und was die Analysten sagen.

DAS IST LOS BEI ENCAVIS

Wenn Christoph Husmann im neuen Jahr Encavis-Chef wird, könnte er sogleich eine gute Nachricht für die Aktionäre im Gepäck haben - und zwar die Erhöhung der Mittelfrist-Ziele. Denn schon 2022 will der Solar- und Windpark-Betreiber über 420 Millionen Euro Umsatz machen. Bis zur für 2025 anvisierten Marke von 440 Millionen Euro scheint es da nur noch ein kleiner Schritt. Als bereinigtes operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) will Encavis bis zur Mitte des Jahrzehnts 330 Millionen Euro erreichen. Auch das ist dieses Jahr bereits zum Greifen nah, nachdem zum Halbjahr 170 Millionen Euro zu Buche standen - angepeilt sind im Gesamtjahr gut 310 Millionen Euro.

Die Prognoseerhöhung mehr oder weniger eine Formalie also? Husmann gibt sich im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX darauf angesprochen betont zurückhaltend. Wann und ob die Prognose für 2025 erhöht werde, wolle gut überlegt sein und "kein Schuss aus der Hüfte." Für die diesjährige Prognose ist er da deutlich entspannter: "Da müsste schon sehr viel schiefgehen, damit das nicht klappt", sagte der aktuell noch amtierende Finanzchef. Das gelte auch für den Ausbau der Solar- und Wind-Kapazitäten: "Erfahrungsgemäß passiert da vor allem gegen Ende des Jahres nochmal viel."

Der Manager wird an die Spitze von Encavis rücken, weil der bisherige Chef Dierk Paskert Anfang Juli überraschend mitgeteilt hatte, sein Mandat Ende des Jahres niederzulegen. Husmann übernimmt die Encavis-Führung in einer vielversprechenden Zeit, das weiß er auch selbst: "Die hohen Strompreise spielen uns in die Karten. Und das sage ich nicht wegen der steigenden Umsätze. Sondern weil die Investitionen in erneuerbare Energien dadurch attraktiver werden."

Gleichzeitig sei die Erwartungshaltung in der Politik und am Markt natürlich groß. "Alle wollen mehr erneuerbare Kapazitäten. Aber die Genehmigungslage ist nach wie vor ein großes Problem und die sind das A und O, um den Ausbau voranzutreiben", beschreibt er eine zwar altbekannte, aber nach wie vor entscheidende Herausforderung. Dabei hat er recht genaue Vorstellungen davon, wo Encavis neue Parks erwerben will: "Die Achse von Dänemark, über Deutschland, bis nach Italien ist natürlich weiterhin eine attraktive Region zum Investieren. Aber auch Spanien ist sehr interessant - vor allem angesichts des Potenzials für Solarenergie."

Außerdem gibt es mit dem schwelenden Konflikt zwischen China und Taiwan noch eine sehr akute Bedrohungslage für die Branche. Denn die beiden Länder bedienen laut Husmann zusammen nahezu komplett die weltweite Nachfrage nach Solarmodulen. Er räumte ein, dass Encavis schon jetzt einige Komponenten im Voraus bestellt, um einen potenziell drohenden Teilemangel bei einer Eskalation des Konflikts abwenden zu können.

Die Vorratshaltung passiere dabei aber nur punktuell und mit der Planungssicherheit, dass ein Park absehbar seine Genehmigung bekommt. Zudem gebe es bei vielen Komponenten momentan sowieso eine Lieferfrist von einem halben Jahr. "Natürlich bindet so eine Vorratshaltung ein gewisses Maß an Kapital", sagt Husmann, "aber wie heißt es so schön? No risk, no fun!".

DAS MACHT DIE AKTIE

Neben dem Management können auch die Encavis-Anleger zufrieden mit der Entwicklung sein: Das Investment in erneuerbare Energien hat sich dieses Jahr bislang ordentlich rentiert - angetrieben nicht zuletzt von den Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine und Bestrebungen, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Seit Juni ist die Aktie wieder im MDax <DE0008467416> notiert, dem Index der mittelgroßen Werte, und gehört mit über 40 Prozent Gewinn seit Jahresbeginn zu den großen Gewinnern am Markt.

Dabei kletterte der Kurs vor allem von Ende Februar bis Anfang April kräftig nach oben. Anschließend bewegte er sich zwischen 17 und gut 21 Euro. Anfang Juli nahm das Papier dann Anlauf und stieg in den darauf folgenden Wochen bis auf 23,58 Euro und damit auf ein Hoch seit Februar 2021. Kurz zuvor hatte sie damals ihr Rekordhoch bei 25,55 Euro erreicht.

Zuletzt kamen die Hamburger auf eine Marktkapitalisierung von rund 3,6 Milliarden Euro. Dabei entfällt gut ein Viertel auf einen Pool von Ankeraktionären, die übrigen knapp drei Viertel befinden sich im Streubesitz.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN

Die Analysten halten sich mit ihren Einschätzungen zur Encavis-Aktie eher zurück, operativ sind sie aber zufrieden. Seitdem der Konzern Anfang August die Jahresprognose erhöht hat, haben sich fünf Experten geäußert. Drei empfehlen, die Aktie zu halten, zwei würden sie kaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 23 Euro und trifft damit in etwa den aktuellen Kurs.

Allerdings zieht dabei das mit der Kaufempfehlung verbundene Kursziel über 30 Euro von Hauck Aufhäuser Investment Banking den Schnitt nach oben. Analyst Simon Jouck ist optimistisch und schraubte seine Umsatz- und Gewinnprognosen bis 2024 deutlich hoch, nachdem auch das Encavis-Management zuversichtlicher geworden ist.

Für das operative Geschäft sind derweil auch die anderen Experten zufrieden. Jefferies-Analyst Martin Comtesse passte seine Prognosen rund um Encavis an. Er habe das verbesserte Strompreisumfeld berücksichtigt, dadurch stiegen seine Gewinnprognosen (EPS) für die Jahre 2022 bis 2024 um ein Viertel.

Und auch Analyst Jan Bauer vom Analysehaus Warburg Research schrieb, er bleibe durchaus optimistisch für die Geschäftsaussichten des Solar- und Windparkbetreibers. Er geht davon aus, dass Encavis angesichts des "hervorragenden Geschäftsverlaufs", die mittelfristigen Ziele bis 2025 anheben wird.