Experten( )Wissen: Was kann man gegen Sodbrennen tun?

Gastroenterologin Dr. Birgit Terjung im exklusiven Interview

Für manche ist es ab und zu einfach nur ein bisschen unangenehm, für andere so schmerzhaft, dass sie gar an einen Herzinfarkt denken. Wie Sodbrennen entsteht und was man vorbeugend und akut dagegen tun kann, erklärt die Gastroenterologin Dr. Birgit Terjung gegenüber Yahoo Life:

Junge Frau hält sich die Hand an die Brust
Sodbrennen kann sehr unangenehm sein und sich in schlimmen Fällen sogar wie ein Herzinfarkt anfühlen.

Wie entsteht Sodbrennen?

Dr. Birgit Terjung: Sodbrennen entsteht meistens durch Magensaft oder manchmal durch Saft, der aus dem Zwölffingerdarm kommt und in die Speiseröhre zurückfließt. Viele Menschen haben vor allem nachts Probleme. Wenn man im Bett liegt, ist die Schwerkraft nicht so aktiv und dann kann die Magensäure, wenn der Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre etwas gelockert ist, einfach zurückfließen.

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Wenn man steht, ist es etwas schwieriger. Dann muss auf dem Essen im Magen ein sogenannter Säuresee schwimmen, und das schwappt dann immer mal wieder in die Speiseröhre hoch. Das tritt meistens nach dem Essen auf, wenn der Magen voll ist und sich oben auf dem Essen die Säure ablagert.

Kommt das bei manchen Speisen eher vor als bei anderen?

Bei fettigem Essen dauert es länger, bis es in seine Bestandteile zerlegt ist. Es bleibt also länger im Magen und die Säure kann auch länger in die Speiseröhre zurückschwappen. Es gibt aber auch bestimmte Nahrungsmittel, die bewirken können, dass der Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre als Verschlussmechanismus ein kleines bisschen offensteht. Klassiker sind Alkohol, Kaffee, Süßigkeiten und stark gewürztes Essen. Die sollte man vor allem abends nicht zu sich nehmen.

Wie belastend ist das und wie schlimm kann sich Sodbrennen anfühlen?

Das kann sich ganz furchtbar anfühlen, weshalb die wichtigste Differentialdiagnose der Herzinfarkt ist. Die Speiseröhre liegt ja hinter dem Brustbein und kann wirklich richtig wehtun. Genauso kann auch das Herz in unterschiedlichen Intensitäten und auf verschiedene Arten wehtun. Beides liegt auch einfach extrem nah beieinander, sodass man manchmal wirklich nicht trennen kann, ob jemand jetzt ein Herz- oder ein Speiseröhrenproblem hat. Wenn jemand mit solchen Schmerzen in die Notaufnahme kommt, wird immer zuerst der Herzinfarkt ausgeschlossen. Das andere ist lästig, aber der ist lebensbedrohlich.

Wie viele Menschen sind denn von Sodbrennen betroffen?

10-15 Prozent der Bevölkerung haben das. Bei manchen tritt es nur ab und an und eher leicht auf, andere sind dadurch sehr belastet.

Mann auf Sofa isst Chips
Wer anfällig für Sodbrennen ist, sollte vor allem abends auf fettige und würzige Snacks wie Chips verzichten.

Was kann man akut gegen Sodbrennen machen?

Wenn Sie im Bett liegen, können Sie das Kopfteil höherstellen. Es hilft auch, sich auf die linke Seite zu drehen, weil von da aus die Säure nicht so leicht zurückfließt. Manchmal hilft es, wenn man ein bisschen Milch trinkt, das beruhigt den Magen. Und man kann einfache Mittel wie Heilerde nehmen, die die Säure ein bisschen binden.

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Es gibt auch sogenannte Alginate. Dabei handelt es sich um ein künstlich hergestelltes Produkt, das, wenn es mit Magensäure in Kontakt kommt, aufquillt und leichter ist als Magensäure und alles, was im Magen ist. Es schwimmt also wie eine Luftmatratze oben auf und dichtet ein Stück weit den Schlussmechanismus ab. Das nimmt man nach dem Essen oder am Abend.

Kann man diese Mittel einfach ausprobieren oder sollte man bei häufigeren Beschwerden einen Arzt draufschauen lassen?

Wenn man ab und zu diese Beschwerden hat, kann man mit diesen Mittelchen anfangen und ausprobieren, ob das funktioniert. Wenn die Beschwerden fast regelmäßig über einen Zeitraum von 10-14 Tagen auftreten und auch nicht nur ein bisschen, würde ich einen Arzt aufsuchen. Ebenso, wenn es zu einer erheblichen Gewichtsabnahme kommt, man Blut spuckt oder Fieber auftritt. Im Zweifel wird der Arzt eine weitere Diagnostik durchführen, in diesem Fall eine Magenspiegelung.

Was könnte denn dahinterstecken?

Eine Magenschleimhautentzündung, die wiederum mit den genannten Mitteln behandelt würde. Es könnte aber auch ein Magengeschwür oder eine Kohlenhydratunverträglichkeiten dahinterstecken.

Männerhand mit Zigarette und Schnapsglas
Zigaretten und Alkohol gelten als Stressfaktoren für die Magenschleimhaut.

Kann häufiges Sodbrennen langfristige Folgen haben?

Es kann, aber es muss nicht. Manchmal ist das auch keine Säure, die da hochkommt, sondern mehr wie eine Lauge, die aus dem Zwölffingerdarm kommt. Das ist genauso unangenehm und kann zu Schleimhautverätzungen oder -entzündungen führen. Wenn Patienten das ganz extrem haben und es sehr stark entzündet ist, sieht man in der Speiseröhre so etwas wie Bremsspuren. Das kann furchtbar wehtun und auch bluten und muss unbedingt medikamentös behandelt werden.

Wie kann man vorbeugen, um Sodbrennen am besten ganz zu vermeiden?

Indem man nicht abends vor dem Fernseher noch Süßigkeiten isst oder Alkohol trinkt. Es ist zwar ein bisschen langweiliger, aber man sollte dann eher Wasser statt Wein trinken und statt Chips vielleicht ein bisschen Gemüse knabbern. Am besten ist eine vernünftige und nicht zu späte Mahlzeit bis 18 oder 19 Uhr.

Gibt es Risikofaktoren?

Rauchen und Alkohol sind immer ein Stressfaktor für die Schleimhäute. Stress kann ebenfalls eine vermehrte Magensäureproduktion und mehr Reflux verursachen. Und wenn man regelmäßig Schmerzmittel wie Ibuprofen nimmt, kann das auch zu mehr Magensäure und dadurch auch mehr Sodbrennen führen.

Warum sind häufig auch Schwangere betroffen?

Die einleuchtendste Ursache ist die, dass die Gebärmutter wächst, nach oben drückt und zu einer Organverlagerung oder -verdrängung des Magens führt. Daneben bewirken die Schwangerschaftshormone, dass die Beweglichkeit im Magen-Darm-Trakt zurückgeht, das Essen langsamer vorwärts transportiert und der Magen langsamer entleert wird. Das hat also eine mechanische und eine hormonelle Komponente.

Dr. Birgit Terjung ist Chefärztin für Innere Medizin/Gastroenterologie und Mediensprecherin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs-
und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS). (Foto: David van Düren, funsolutions marketing & medien GmbH)
Dr. Birgit Terjung ist Chefärztin für Innere Medizin/Gastroenterologie und Mediensprecherin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS). (Foto: David van Düren, funsolutions marketing & medien GmbH)

Unsere Expertin: Dr. Birgit Terjung

Dr. Birgit Terjung ist Chefärztin für Innere Medizin/Gastroenterologie an den GFO Kliniken Bonn. Die ärztliche Direktorin und Ernährungsmedizinerin beschäftigt sich vorranging mit Reflux- und Reizdarmerkrankungen und ist Mediensprecherin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS).

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