Familien gedenken Opfern der Massenpanik vor einem Jahr in Seoul
Am ersten Jahrestag der verheerenden Massenpanik bei Halloween-Feiern in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul haben am Sonntag tausende Menschen der 159 Todesopfer gedacht. Unter den Teilnehmern befanden sich den Organisatoren zufolge Angehörige der Opfer, Überlebende, Aktivisten sowie Abgeordnete und Regierungsvertreter. Viele von ihnen suchten auch ein Jahr nach der Tragödie noch immer nach Antworten.
"Warum hatten die 159 Opfer, die bei der Katastrophe von Itaewon ihr Leben verloren, keine andere Wahl, als zu Sternen am Himmel zu werden?", fragte Lee Jung-min, der seine Tochter bei dem Unglück verlor. Er fordere eine Antwort auf die Frage, ob die Regierung dafür verantwortlich sei. Eine Überlebende der Massenpanik, Lee Ju-hyun, sagte, sie sei im vergangenen Jahr immer wieder an den Ort der Katastrophe zurückgekehrt.
An Abend des 29. Oktober 2022 hatten sich rund 100.000 vorwiegend junge Menschen in den engen Gassen des Ausgehviertels Itaewon gedrängt, ohne dass die Polizei eingeschritten war. Infolge der Massenpanik starben 159 Menschen. Später stellte sich heraus, dass nur 137 Polizisten im Einsatz waren, weil es sich nicht um angemeldete Veranstaltungen handelte - und obwohl bei der Polizei schon Stunden vor der Katastrophe Notrufe eingetroffen waren.
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol nahm nicht an der Gedenkveranstaltung teil, die sein Büro Berichten lokaler Medien zufolge als "politische Kundgebung" der Opposition bezeichnete. Stattdessen besuchte Yoon einen Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer in einer Kirche in Seoul und drückte den Familien der Opfer dort sein Beileid aus.
Im Rahmen der Ermittlungen zu der Massenpanik waren sechs Verantwortliche festgenommen worden, darunter die ehemaligen Chefs der zuständigen Polizeiwache und des Bezirksamts. Auf Schuldzuweisungen an ranghöhere Vertreter von Regierung, Behörden oder Polizei hatte das Untersuchungsteam um Leiter Sohn Jae Han allerdings verzichtet. Es sei schwierig, ihnen eine "konkrete Pflichtverletzung" nachzuweisen, hieß es.
lt/dja