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"Frauen trinken oft allein und heimlich": Ergreifende ZDF-Reportage über "weibliche" Alkoholsucht

Es war eine Sendung, die viele Zuschauer betroffen machte und aufrüttelte: Ein"37°"-Film im ZDF setzte sich am späten Dienstagabend mit Frauen, die unter Alkoholsucht leiden, auseinander.

"Sehr mutig. Eine tolle und gleichzeitig erschreckende Sendung", kommentierte eine Userin im Facebookforum der ZDF-Reihe 37°" unter dem dort geposteten Trailer zur Reportage "Mein stiller Freund". "Danke für diese Doku", hieß es in einem weiteren Kommentar. "Hut ab vor den beiden Protagonistinnen." In diesem Tenor wurde am Mittwoch auf Instagram und Facebook vielfach über diesen bemerkenswerten Beitrag geschrieben. Der Film, der am späten Dienstagabend lief, ließ tatsächlich keinen, der ihn gesehen hat, kalt. Zwei Frauen sprachen offen über ihre Alkoholsucht und was es bedeutet, wenn die Sucht das Leben bestimmt.

Die Sucht bleibt eine Volkskrankheit: Allein in Deutschland konsumieren 9,5 Millionen Menschen Alkohol in schädlicher Menge. 1,3 Millionen gelten als abhängig, vor allem erschienen bislang die Männer Bier, Wein und dem Schnaps zugetan. Das Bild entstand, auch weil Männer öfter in der Öffentlichkeit etwa vor Kiosken oder in Parkanlegen trinken. Doch inzwischen haben die Frauen gleichgezogen. Sie jedoch konsumieren eher heimlich im Verborgenen. Das birgt ganz eigene Gefahren, wie im Film "Mein stiller Freund" von Walter Krieg zu sehen war.

Claudia aus der Nähe von Düsseldorf und Jacqueline aus Usedom sind die Frauen, die sich in Kriegs aufwühlender Reportage mit ihrer Lebens- und Alkoholgeschichte mutig der Kamera stellten. Beide eint, dass sie beruflich erfolgreich sind: Claudia als Vertriebsdirektorin in der Kosmetikindustrie, Jacqueline als Erzieherin. Sie verbindet aber auch eine Art Einsamkeit. Claudia war beruflich oft unterwegs und fand in den Minibars der Hotelzimmer, was sie brauchte. Jacqueline tröstete sich in der Zeit, während ihr Mann bis zu 14 Tage am Stück bei der Arbeit war, mit Wein. Sechs Flaschen waren es zuletzt - täglich.

Als letzter Ausweg blieb ihnen nur noch jeweils der Gang in die Therapieeinrichtung. Jacqueline hat ihren monatelangen Klinikaufenthalt hinter sich. Seit gut drei Jahren ist sie trocken. Sie sagt, sie sei vorher uneinsichtig gewesen, wie viele Alkoholabhängige. Ihre Sucht hat sie mithilfe des Sozial- und Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität vor drei Jahren besiegt.

Claudia hingegen hat schon mehrmals versucht, vom Trinken wegzukommen. Doch wenn sie wieder einmal einsam ist, rief der vermeintliche "Freund" aus der Flasche immer wieder. Dabei schmeckt ihr der Alkohol nicht einmal, wie sie bekannte. "Ich setze ihn als Medikament ein, um Gefühle und Ängste zu dämpfen." Nun hat sie die Kamera auch auf dem Weg zur klinischen Behandlung begleitet. Noch im Wagen sagte Claudia: "Vielleicht möchte ich auch nur in eine Klinik, um nicht alleine zu sein."

Tatsächlich lässt einen dieser Film noch einmal ganz anders über die Wechselwirkungen von Einsamkeit und Alkoholsucht nachdenken. Vor allem machte der Beitrag über die "weibliche Perspektive" des Alkoholmissbrauchs eines sehr deutlich: Der Versuch, mithilfe des Alkohols eine innere Leere zu füllen, ist zum Scheitern verurteilt. Der 30-Minüter war ansonsten ein typsicher 37°"-Film: äußerst behutsam erzählt, doch von umso nachhaltiger Wirkung.

Wer "37°: Mein stiller Freund" verpasst hat, kann in der ZDF-Mediathek Versäumtes nachholen.