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Gesunde Zähne, volles Haar und faltenfrei: ZDFzeit entlarvt die Tricks der Kosmetikindustrie

Zahnpasta mit Aufheller – ein absoluter Trend. Nur wirken sie nicht, wie versprochen. Foto: Screenshot / ZDF
Zahnpasta mit Aufheller – ein absoluter Trend. Nur wirken sie nicht, wie versprochen. Foto: Screenshot / ZDF

13,6 Milliarden Euro setzte die Kosmetikindustrie im letzten Jahr um. Das sind pro Kopf 170 Euro. Viel Geld für schön klingende Werbeversprechen – aber lohnen sich eigentlich Anti-Falten-Cremes? Und sorgen Coffeinshampoos für volleres Haar? Was ist mit Whitening-Pasten und Repair-Zahncremes – was ist da genau drin? ZDFzeit rückt der Kosmetikindustrie auf die Pelle.

Schütteres Haar – für manche Männer ein Problem. Doch wer obenrum gern mehr hätte, für den gibt es Coffeinshampoos. „Doping für die Haare“ verspricht die Werbung, eine Altherrenfußballmannschaft macht für das ZDF die Probe aufs Exempel. Genauer: Das Team „Luftschnapper“ aus der bayrischen Hobbyliga. Dabei stört die Spieler das lichter-werdende Haar kaum:

„Haarausfall stört mich nicht.“

„Hab ich keine Probleme mit.“

„Das ist erblich bedingt. Steh ich zu.“

Im Test sind Markführer Alpecin (5,46 Euro) und die DM-Eigenmarke Balea (1,35 Euro). Alle Fußballer waschen sich mit einem der Produkte von nun ab für fünf Wochen die Haare. Danach sagen sie:

„Der Friseur hat geschmunzelt.“

„Meine Ohrhaare sind gewachsen.“

„Meine Haare sind griffiger und schuppiger.“

„Länger sind meine Haare geworden. Habe sie aber auch nicht geschnitten.“

„Alles gleichbleibend.“

Das klingt alles nicht so überzeugend. Aber wie sieht es mit der Wissenschaft dahinter aus? Denn immerhin werben die Hersteller ja mit der Wirksamkeit ihrer Produkte? Belegt ist: Das männliche Sexualhormon Testosteron hemmt Haarwachstum. Das wissen auch die Hersteller, deshalb haben sie in Laborstudien Haarwurzeln mit Testosteron und Coffein in Petrischalen gelegt. Nach Tagen zeigte sich: Coffein bewirkt tatsächlich mehr Wachstum, indem es den Testosteron-Effekt neutralisiert. Nur: Die Laborexperimente an Haarwurzeln haben kaum mit dem Alltag zu tun. „Das ist für mich wissenschaftlich nicht satisfaktionsfähig“, sagt der Dermatologe Hans Wolff von der Uniklinik München. Die Ergebnisse ließen sich so kaum übertragen.

Wer bei Haarausfall aber früh zum Hautarzt geht, der kann medizinisch vernünftig dagegen vorgehen. „Es gibt preiswerte Produkte. Die sind rational und vernünftig, aber eben nur beim Arzt“, sagt Wolff. Übrigens: Von erblich bedingtem Haarausfall ist jeder zweite Mann betroffen. Und jede fünfte bis zehnte Frau. Fazit: Ob billig oder teuer. Überzeugen kann kein Produkt.

Zahncremes mit Whitening-Effekt und künstlicher Zahnschmelz – alles Humbug

Weiter geht’s mit diesen Werbe-Verheißungen: „Bewiesene Wirksamkeit“, „klinisch bestätigt“, „dermatologisch getestet“ und „von Zahnärzten empfohlen“. Nur, was bedeutet das eigentlich? Denn was Verbrauchern da viel verspricht , ist meist nur heiße Luft. So bedeutet etwa „klinisch bestätigt“ und „dermatologisch getestet“ nichts anderes, als dass es eine Untersuchung am Menschen gab. Nur was genau untersucht wurde – ist schnurzegal. Und was das Produkt überhaupt bewirkt? Absolut keine Ahnung. „Bewiesene Wirksamkeit“ hingegen gilt für jedes Produkt mit einem besonderen Inhaltsstoff, sonst darf es nicht zugelassen werden. Was zuletzt „Zahnärzte empfehlen“ – nun, das kann Wunderweißwas bedeuten, empfehlen darf schließlich jeder alles.

Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sagt dazu: „Werbung darf nicht lügen. Aber sie wird auch nicht extra genehmigt. Der Hersteller entscheidet also, ob die eigene Werbung in Ordnung ist. Werbung dient in den meisten Fällen nicht der Information, wie es im Gesetz steht, sondern dem Kaufanreiz.“

Nächster Test: Zahncremes mit Whitening-Effekt. Dieses Mal unter Laborbedingungen an echten Zähnen: Dreimal Colgate steht auf dem Prüfstand, einmal ohne Weißmacher (1,67 Euro), einmal mit Aufheller (2,29 Euro) und einmal die „Expert“-Edition (4,97 Euro). Mehrere Tage verbringen die Zähne nun im künstlichen Speichel, sie werden automatisch und vergleichbar geputzt.

Das Ergebnis stellt Carolina Ganß von der Uni Gießen vor: „Wir sehen kaum ein Ergebnis.“ Weder bei der Universalzahnpasta, noch bei den teuren Produkten. Oberflächliche Verfärbungen lösen sich zwar, aber Zähne aufhellen – „nein, das schafft keine Zahncreme. Weil die erlaubten Wirkstoffkonzentrationen zu gering sind.“

Zweiter Test: Was hat es denn mit dem Zahnschmelz „draufschaffen“ auf sich? Denn die harte Schutzhülle unserer Zähne wächst nicht nach, deswegen versprechen manche Hersteller ein Plus an Zahnschmelz beim Gebrauch ihrer Pasten: Etwa ApaCare (4,75 Euro) mit flüssigem und Biorepair (4,91 Euro) mit künstlichem Zahnschmelz. Die Wissenschaftler der Uni Gießen testen wieder. Und wieder kommt Carolina Ganß zu einem ähnlich ernüchternden Ergebnis: „Es gibt keine Auffüllung der Zähne mit künstlichem Zahnschmelz.“ Das bestätigen unabhängig auch Stiftung Warentest und Stiftung Ökotest.

Falten reduzieren? Klappt hervorragend

Dann also zum dritten Streich – zu den Antifaltencremes. Die versprechen eine „sofortige Wirkung“, eine „Verjüngung der Haut“ und auch den „Einsatz von Nobelpreistechnologie“. Aber helfen die Cremes wirklich? Laut Stiftung Warentest glaubt zumindest jede zweite Frau an eine sichtbare Verringerung der Falten. Im Test sind: Balea (5,95 Euro), Estée Lauder (79,98 Euro), Diadermine (7,67 euro) und Eucerin (25,64 Euro).

Eine Wissenschaftlerin schaut ganz genau hin: Sind nach den vier Testwochen mit der Creme die Falten flacher geworden? Foto: Screenshot / ZDF
Eine Wissenschaftlerin schaut ganz genau hin: Sind nach den vier Testwochen mit der Creme die Falten flacher geworden? Foto: Screenshot / ZDF

Diadermine wirbt auf der eigenen Homepage gar mit Nobelpreis-Technologie, die angeblich Hautschäden heile. Nur, wie das genau genau klappt? Darüber lässt sich online nichts zu finden. Der Hersteller schreibt später in einer Mail, dass es sich bei der „Technologie“ um das Reparaturenzym „Photolyase“ handle, das in Zellen DNA-Schäden repariere. Den Nobelpreis gab es allerdings für einen Wissenschaftler, der das Enzym entdeckte, natürlich nicht für Diadermine. Dazu kommt, dass Photolyase in allen Zellen vorhanden ist, auch in menschlichen. Auf eine weitere Mail schickt Diadermine, statt die Funktionsweise des Wirkstoffs zu erklären, dann unkommentiert wissenschaftliche Literatur.

Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale sagt zu dieser Vorgehensweise: „Die Hersteller müssen ihre Studien nicht öffentlich machen. Der Verbraucher hat außerdem keinen Anspruch auf einen Beweis der Wirksamkeit der Produkte.“ Wie und ob Diadermine also die Nobelpreistechnologie in ihrer Creme genau nutzt – bleibt ein wohlbehütetes Geheimnis.

Nun aber zum Test der Hautcremes: Das Institut „Dermatest“ gibt 15 Freiwilligen die vier Produkte für vier Wochen mit, um zu klären, ob die Cremes Hauttiefe und Hautfeuchtigkeit verbessern. Das Ergebnis stellt Liane Bolke vom Institut vor: „Es gibt deutliche Verbesserungen. Einzelfalten werden bis zu 30 Prozent reduziert. Viel mehr kann man von einem Kosmetikprodukt nicht erwarten.“ Und tatsächlich: Alle getesteten Produkte konnten überzeugen, die Falten sind im Schnitt 19,8 bis 22,4 Prozent flacher geworden.

Aber: Der persönliche Hauttyp spielt eine große Rolle, wie sichtbar die Ergebnisse sind. Fazit: Alle Cremes schneiden ähnlich ab. Ausprobieren lohnt sich.