Haben Männer eine biologische Uhr? Laut Experten sollten sich nicht nur Frauen übers Altern und Fruchtbarkeit Gedanken machen.
Beim Thema Fruchtbarkeit dreht sich normalerweise alles um Frauen und ihre (laut tickende) biologische Uhr. Allerdings müssen nicht nur Frauen auf ihr Alter achten, wenn sie in Betracht ziehen, Kinder zu bekommen. Experten sind sich einig, dass auch bei Männern die Fruchtbarkeit von ihrem Alter abhängig ist.
Laut Dr. Jane L. Frederick, einer Reproduktionsendokrinologin, erhalten Frauen die meiste Aufmerksamkeit, weil sie bei der Geburt eine begrenzte Anzahl von Eizellen haben und ab dem Alter von 35 Jahren mit Veränderungen der Eizellquantität und -qualität zu kämpfen haben.
„Frauen spielen in der Fortpflanzung eine offensichtliche Rolle, wodurch wir glauben, das Thema Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Geburt sei Frauensache und der Mann spielt, nachdem er die Spermien geliefert hat, keine Rolle mehr“, erklärt sie. „Ältere Männer über 45 Jahre haben eine viel höhere Wahrscheinlichkeit, Kinder zu bekommen, als dies noch vor vier Jahrzehnten der Fall war, und dennoch erkennen nur wenige Männer, dass auch ihre biologische Uhr tickt.“
Eine Studie des Beth Israel Deaconess Medical Center und der Harvard Medical School aus dem Jahr 2017 untersuchte IVF-Patientinnen und fand heraus, dass Frauen im Alter von 40 bis 42 Jahren die größten Schwierigkeiten hatten, schwanger zu werden, während die Chance auf eine Lebendgeburt bei älteren Männern sank – selbst bei denjenigen mit jüngeren Partnerinnen. Woran das genau liegt, muss jedoch noch erforscht werden.
Höheres Alter des Vaters geht mit Abnahme der Spermienzahl einher
Dr. T. Mike Hsieh, Direktor des UCSD Men's Health Center und Professor für Urologie, erklärt gegenüber Yahoo Life, dass es zwar „nicht so viele Daten“ über die männliche Fruchtbarkeit gibt wie über die bei Frauen, aber dass klar ist, dass „ein höheres Alter des Vaters mit einer Abnahme der Spermienzahl, der Spermienqualität, des Samenvolumens, des Testosterons und der Fähigkeit zu sexueller Aktivität oder erektiler Dysfunktion verbunden ist.“ Es gibt zwar keinen „spezifischen Grenzwert“, aber was allgemein als fortgeschrittenes väterliches Alter akzeptiert wird, beginnt bei etwa 45 Jahren.
Dr. Paul Turek, Urologe und Fruchtbarkeitsexperte für Männer, fügt hinzu, dass bei Männern in ihren späten 50ern und 60ern im Vergleich zu jüngeren Männern auf jeden Fall „eine Abnahme“ der Fruchtbarkeit festzustellen ist. Er sagt, die Ursache für diese Abnahme sei nicht nur die biologische Uhr des Körpers, sondern auch die Tatsache, dass bestimmte Risikofaktoren ansteigen, wenn Männer älter werden. Er fügt hinzu, dass „ein Körper sehr gesund sein muss, um normal fruchtbar zu sein.“ Er ergänzt, dass die „Qualität des DNA-Pakets“ sich „verändert oder reduziert“, wenn Männer altern.
„Das bedeutet, dass die DNA, wenn sie zum Zeitpunkt der Befruchtung in die Eizelle gelangt, in Einzelstränge zerlegt wird und nicht in intakte Doppelstränge“, erklärt Turek. „Die Eizellen versuchen so gut sie können, die DNA frühzeitig nach der Befruchtung zu ‚reparieren‘, aber wenn die Schäden die Fähigkeiten der Eizelle, sie zu reparieren, übersteigen, kommt es zu keiner Schwangerschaft oder einer möglichen Fehlgeburt – ein weiterer Fall, auf biologischer Ebene, bei der Frauen den Müll entsorgen, den Männer verursacht haben.“
Frederick weist ebenso darauf hin, dass „das Risiko, eine Erkrankung zu entwickeln oder Umweltgiften ausgesetzt zu sein, für Männer mit dem Alter steigt“, worunter auch ihre Fruchtbarkeit leidet.
Testosteronspiegel von Männern nimmt mit der Zeit ständig ab
„Chronische Erkrankungen wie Sichelzellanämie, chronisches Nierenversagen, Erkrankungen der Leber wie Zirrhose oder Fehlernährung können Auswirkungen auf die Spermaproduktion haben“, bemerkt sie. „Männer, die später im Leben gesundheitliche Probleme entwickeln, nehmen möglicherweise Medikamente ein, die die Spermienproduktion beeinträchtigen.“
Der Testosteronspiegel von Männern nimmt mit der Zeit ständig ab, was auch ihre Chancen darauf, Vater zu werden, beeinträchtigt.
„Sinkende Testosteronwerte bei Männern können zu einem Rückgang des sexuellen Verlangens, zu Erektionsproblemen und zu Schwierigkeiten bei der Ejakulation führen und all dies trägt zur Unfruchtbarkeit des Paares bei“, erklärt Frederick. „Der Testosteronspiegel scheint die sexuelle Funktionsfähigkeit und das Verlangen eines Mannes zu beeinflussen und ein Testosteronersatz verbessert zwar die Erektionsfähigkeit, führt aber auch zu einem Rückgang der Spermienproduktion und damit zu Unfruchtbarkeit.“
Frederick merkt an, dass in diesem Bereich letztendlich noch viel mehr Forschung betrieben werden muss. „Im Hinblick auf ältere Männer und Unfruchtbarkeit gibt es noch viele Unbekannte“, sagt sie. „Weitere Forschung wird uns ein besseres Verständnis über das Alter und seinen Einfluss auf alle Bereiche der männlichen Fruchtbarkeit geben.“
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