Lindner pocht im Bundestag auf "haushaltspolitischer Trendwende"

Der Bundestag hat die erste Beratung des Haushalts für 2024 abgeschlossen und dabei als letzten Einzelplan über den Etat für Arbeit und Soziales debattiert. Arbeitsminister Hubertus Heil wies Forderungen nach sozialen Einschnitten zurück. (John MACDOUGALL)
Der Bundestag hat die erste Beratung des Haushalts für 2024 abgeschlossen und dabei als letzten Einzelplan über den Etat für Arbeit und Soziales debattiert. Arbeitsminister Hubertus Heil wies Forderungen nach sozialen Einschnitten zurück. (John MACDOUGALL)

Der Bundestag hat die erste Beratung des Haushalts für 2024 abgeschlossen und dabei als letzten Einzelplan über den Etat für Arbeit und Soziales debattiert. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bekräftigte seine Forderung nach einer "haushaltspolitischen Trendwende". Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte mehr Respekt für die Leistungen arbeitender Menschen und wies Forderungen nach sozialen Einschnitten zurück.

Künftig werde "in jedem Jahr die Schuldenquote unseres Landes sinken", kündigte Lindner eine weitere Haushaltskonsolidierung an. Er verteidigte die Inflationsanpassung beim Bürgergeld gegen Kritik aus der Union. Weiter kündigte der Finanzminister entsprechende Anpassungen auch beim steuerlichen Grundfreibetrag und beim Kinderfreibetrag zum Jahreswechsel an.

Heil wandte sich gegen Forderungen nach weiteren sozialen Einschnitten. "Es geht um das, was unser Land im Kern zusammenhält", sagte er im Bundestag. Der Grundsatz, dass sich Arbeit mehr lohnen müsse als der Bezug von Sozialleistungen sei zwar richtig. Auch die neuen Regelsätze beim Bürgergeld sicherten aber nur "das Existenzminimum, nicht mehr und nicht weniger", stellte der Minister klar.

"Deshalb ist es gesellschaftliches Gift, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen bedürftige Menschen auszuspielen", sagte er an die Adresse von CDU und CSU. Wer einen deutlichen Lohnabstand wolle, müsse vor allem für Tarifverträge und "für gerechtere Löhne " kämpfen.

Zur Alterssicherung sagte Heil: "Ich will, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich nach einem Leben voller Arbeit auf die Rente verlassen können." Daher werde er demnächst "ein Rentenpaket vorlegen, das dauerhaft auch für künftige Generationen das Rentenniveau festschreibt und damit stabilisiert". Zugleich wolle er damit die Rentenfinanzierung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sichern.

Forderungen insbesondere aus der Union nach einem höheren gesetzlichen Renteneintrittsalter kritisierte Heil als "lebensfremd und ungerecht". In vielen Berufen könne man "weder bis 68 noch bis 69 oder 70 arbeiten", stellte der SPD-Politiker klar. Daher wäre ein höheres Renteneintrittsalter "für viele nichts anderes als eine Rentenkürzung" und "das wird es mit dieser Bundesregierung nicht geben".

Einen "sozialen Kahlschlag" warf zum Abschluss der Haushaltsdebatte Linken-Parteichefin Janine Wissler der Ampel-Koalition vor. Sie verwies auf Einschnitte bei den Bundeszuschüssen für die Sozialversicherungen sowie für Jugendliche und für politische Bildung. "Statt den enormen Reichtum in diesem Land angemessen zu besteuern, kürzen Sie bei denen, die ohnehin wenig haben", warf Wissler der "Ampel" eine "schäbige" Politik vor.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte geplante Mittelstreichungen für die Arbeitsvermittlung. "Kürzungen bei Jobcentern sind inakzeptabel und führen am Ziel der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorbei", sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Kürzungen müssten daher "vom Parlament zwingend wieder einkassiert werden".

Andernfalls müssten Jobcenter Förderangebote deutlich herunterfahren oder sogar streichen. "Das wäre angesichts des Fachkräftemangels völlig kontraproduktiv", mahnte Piel. Nichts sei so teuer und schaffe so viele Folgeprobleme, wie Arbeitslose nicht anständig und angemessen zu fördern und sie stattdessen in Arbeitslosigkeit zu belassen.

Auch der evangelische Sozialverband Diakonie mahnte, nicht bei der Weiterbildung von Langzeitarbeitslosen zu sparen. "Wer heute den Rotstift bei der beruflichen Weiterbildung und der nachhaltigen Eingliederung in Arbeit ansetzt, zahlt morgen drauf", warnte Vorständin Maria Loheide. Die Kürzungspolitik der Regierung sei "kurzsichtig und sozial und ökonomisch unsinnig".

Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr wird nun in den Bundestags-Ausschüssen weiter beraten. Auch aus den Reihen von SPD und Grünen wurden bereits zahlreiche Änderungswünsche laut. Der Haushalt soll im Dezember verabschiedet werden.

bk/cha