Herzinfarkt: Was Sie nach 1 Sekunde, 1 Woche, 1 Monat, 1 Jahr tun sollten
Ein Herzinfarkt ist für Betroffene und Angehörige ein schwerer Schlag. Warum es so wichtig ist, unmittelbar aber auch später richtig zu handeln, lesen Sie hier.
Ein Herzinfarkt tritt oft überraschend auf und viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass sie Herzpatienten sind. Doch was passiert eigentlich nach einem überlebten Herzinfarkt? Was sind die fünf wichtigsten Schritte? Und wie reagieren Betroffene im ersten Moment, aber auch langfristig richtig?
Die ersten Momente nach dem Herzinfarkt
1. Schritt: Notarzt alarmieren
Obwohl es banal klingen mag, haben Studien gezeigt, dass viele Menschen, insbesondere Frauen, zu lange warten, bevor sie bei einem Herzinfarkt Hilfe suchen. Heribert Brück, ein renommierter Kardiologe und Sprecher des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen, betont, dass jede Minute zählt.
Viele Frauen würden zunächst noch andere Dinge erledigen wollen, anstatt sofort medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Brück warnt jedoch davor, dass dieses Verhalten gefährlich sein kann. Eine schnelle Reaktion ist entscheidend, um einen Herzinfarkt ohne bleibende Schäden zu überleben.
Das vorrangige Ziel nach einem Herzinfarkt besteht darin, den Verschluss der Blutgefäße so schnell wie möglich zu beseitigen. Wenn das Herz nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, beginnen die Herzmuskeln abzusterben. Aus diesem Grund handeln Mediziner nach dem Prinzip "Time is Muscle", was bedeutet, dass Zeit entscheidend ist, um den Muskel zu retten.
Laut Kardiologe Brück ist der Schmerz ein Anzeichen für eine unzureichende Versorgung. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass der Muskel bereits geschädigt ist. Wenn jedoch Symptome wie Kaltschweißigkeit, Todesangst oder das Gefühl, dass der Brustkorb von einem Elefanten gedrückt wird, hinzukommen, ist es wichtig, schnell zu reagieren.
2. Schritt: Erstversorgung durch Notarzt
Im Krankenwagen erhält der Patient mit einem Herzinfarkt bereits Medikamente, die dazu dienen, die Blutgefäße zu erweitern. Außerdem werden dem Patienten weitere Medikamente verabreicht, um Blutgerinnsel zu verhindern (wie Heparin), das Herz zu schützen und Schmerzen zu lindern.
3. Schritt: Herzkatheter im Krankenhaus
Laut Heribert Brück wird im Krankenhaus sofort ein Herzkatheter eingesetzt, da dies heutzutage der beste Ansatz zur Behandlung eines Herzinfarkts ist. Es hat sich gezeigt, dass alle Patienten davon profitieren und die Anzahl der Todesfälle aufgrund eines Herzinfarkts ebenfalls abnimmt.
Der Kardiologe erklärt weiterhin, dass die Anwendung der Lysetherapie heutzutage nicht mehr so häufig vorkommt. Sie wird nur in Regionen eingesetzt, in denen die Patienten nicht schnell genug mit einem Katheter behandelt werden können. In der Regel wird der Notarzt jedoch ein Krankenhaus mit entsprechender Ausstattung auswählen.
Die ersten Stunden nach dem Herzinfarkt
Sobald die Akutphase vorbei ist, beginnt die intensive Diagnosephase. Ärzte und Patienten möchten wissen, wie schwer der Herzinfarkt war und wie viele Herzmuskeln geschädigt wurden.
Der Notarzt erstellt normalerweise bereits während des Transports ins Krankenhaus das erste Elektrokardiogramm (EKG). In vielen Fällen kann dieses sogar digital an die Klinik gesendet werden, so dass die behandelnden Ärzte sofort wissen, worauf sie sich einstellen müssen. Im weiteren Verlauf werden EKG-Untersuchungen zur Überwachung der Herzaktivität durchgeführt.
"Doch es gibt viele Infarkte, die keine EKG-Veränderungen zeigen", gibt Heribert Brück zu Bedenken. "Alleine darauf sollte man sich also nicht verlassen. Viel wichtiger sind die Laborwerte."
Entscheidend hierbei ist das hochsensitive Troponin (Troponin T hs), ein Enzym, das im Herzmuskel freigesetzt wird. Es muss innerhalb weniger Stunden mehrmals kontrolliert werden. Wenn sich die Konzentration im Blut nach oben oder unten verändert, wissen die Ärzte sicher, dass es sich um einen Infarkt handelt.
Ein weiterer Wert, der im Blutbild auftaucht, ist die sogenannte CK (Creatin-Kinase), die früher vor allem betrachtet wurde. Diese zeigt nach vier bis sechs Stunden an, wie viel Muskelmasse geschädigt wurde. Nach dem Infarkt bleibt der Wert länger erhöht, bevor er nach mehreren Tagen wieder sinkt.
Im Körper gibt es verschiedene Typen der Creatin-Kinase. Für die Herzmuskelzellen ist das CK-MB besonders wichtig. Wenn bei einem Infarkt Muskelzellen absterben, ist CK-MB vermehrt im Blut nachweisbar.
Je nachdem, wie stark der Herzmuskel und die versorgenden Gefäße beeinträchtigt sind, entscheiden die Ärzte, einen oder mehrere Stents einzusetzen. Wenn dies nicht ausreicht, wird die Blutversorgung des Herzens durch einen Bypass, manchmal auch mehrere Bypässe, gesichert.
Die ersten Tage & Wochen nach dem Herzinfarkt
"Heutzutage bleiben Patienten nicht mehr lange in der Klinik, sondern werden rasch mobilisiert", erklärt Heribert Brück. Patienten werden bereits einen oder zwei Tage nach einem Herzinfarkt entlassen, "wenn die Herzenzyme wieder im richtigen Bereich liegen".
Jeder hat Anspruch auf eine Anschlussheilbehandlung oder Rehabilitation. Wer diese Leistungen finanziert und wie der genaue Ablauf ist, hängt davon ab, ob jemand noch berufstätig ist oder nicht.
Für das Leben nach einem Herzinfarkt ist es entscheidend, dass der Patient erkennt: Ich bin ein Herzpatient. "Wir können diejenigen nicht heilen, weil die Ursache, die Herzkranzgefäß-Erkrankung bleibt", sagt der Kardiologe. Dadurch besteht ein 25-prozentiges Risiko, erneut einen Infarkt zu erleiden. Einer von zehn Patienten stirbt innerhalb eines Jahres nach einem Herzinfarkt.
Dennoch können die Betroffenen viel für ihre Herzgesundheit tun. Die Schlüsselwörter sind: Veränderung des Lebensstils. Dies ist laut dem Experten die wichtigste Maßnahme nach der Akuttherapie.
Die ersten Monate nach dem Herzinfarkt
4. Schritt: Lebensstil ändern
Es gibt drei wichtige Dinge, die zu einem gesunden Lebensstil beitragen:
Rauchstopp: "Spätestens mit dem Infarkt muss das Rauchen aufhören", betont Brück. Dies hilft, die Arterien vor Verstopfung zu schützen.
Bewegung: "Es geht noch gar nicht um ein anspruchsvolles Sportprogramm", ermutigt der Kardiologe. Beginnen Sie einfach damit, mehr Bewegung in Ihren Alltag zu integrieren. Es gibt genügend Beispiele: Treppen statt Aufzug nehmen, öfter das Fahrrad anstelle des Autos benutzen, vor dem Abendessen eine Runde spazieren gehen, anstatt sich direkt auf die Couch zu setzen.
Ernährung: Wählen Sie eine "einfache Mittelmeerkost mit viel Gemüse, wenig Fleisch, frischen und vor allem regionalen Produkte", empfiehlt der Herzspezialist.
Betroffene sollten diese Umstellung im besten Fall ein Leben lang beibehalten.
Ein Jahr nach dem Herzinfarkt
5. Schritt: Medikamente konsequent nehmen
Menschen, die einen Herzinfarkt überlebt haben, erhalten vom Arzt Medikamente, um das Risiko eines erneuten Anfalls zu verringern und das Herz zu entlasten. Diese Medikamente unterstützen auch den Umbauprozess im Herzen nach einem Herzinfarkt. Selbst Menschen ohne Bluthochdruck erhalten Blutdrucksenker, da diese den Umbauprozess unterstützen.
Herzinfarkt-Patienten müssen lebenslang zwei Medikamente einnehmen:
Acetylsalicylsäure (ASS): Dieser Wirkstoff verhindert, dass sich Blutplättchen verklumpen, wodurch das Risiko von Blutgerinnseln und erneuten Verstopfungen der Herzkranzgefäße sinkt.
Statine: Diese Medikamente greifen in den Fettstoffwechsel ein und senken den Cholesterinspiegel. Unabhängig von den Cholesterinwerten profitieren alle Herzinfarktpatienten davon, da sie unter anderem atherosklerotische Plaques stabilisieren.
Eine konsequente Medikamenteneinnahme ist nach einem Herzinfarkt äußerst wichtig, betont Heribert Brück. Selbst wenn das Herz wenig oder keine Schäden davongetragen hat, bleibt man trotzdem ein "Herzpatient".
Zusätzlich nehmen Herzpatienten mindestens ein Jahr lang folgende Medikamente ein:
ACE-Hemmer: Diese Medikamente erweitern die Blutgefäße und senken den Blutdruck, um das Herz zu entlasten und die Regeneration zu fördern.
Sartane: Ähnlich wie ACE-Hemmer wirken diese Medikamente gegen Bluthochdruck. Sie verhindern, dass sich Blutfette in den Arterien ablagern und schonen so die Blutgefäße. Im Gegensatz zu ACE-Hemmern verursachen Sartane normalerweise keinen trockenen Reizhusten.
Betablocker: Diese Medikamente hemmen die Wirkung von Stresshormonen und senken sowohl den Blutdruck als auch die Herzfrequenz.
"Nach einem Jahr sollten Herzinfarkt-Patienten dann mit ihrem Kardiologen die Medikamentation validieren und überprüfen, ob und welche Dosis noch notwendig ist", erklärt Brück.
Wenn die Herzfunktion in Ordnung sei, könnten ACE-Hemmer, Sartane und Betablocker eventuell eingespart werden. Möglicherweise hat die Lebensstiländerung schon ausreichend zur Herzgesundheit beigetragen.
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