Hilft Ginger Ale wirklich bei Bauchbeschwerden und Übelkeit?

Gastroenterologin Dr. Birgit Terjung im exklusiven Interview

Frau mit Bauchschmerzen sietzt auf dem Sofa
Gegen Bauchschmerzen kann auch Ingwer helfen - allerdings kommt es sehr auf die Zubereitungsform an. (Foto: Getty Images)

Magen-Darm-Infekte gehören weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten, die nicht nur Familien mit mehreren Kindern an den Rand eines vielköpfigen Nervenzusammenzusammenbruchs führen können. Ganz zweifellos stehen Brechdurchfälle auf der dunklen Seite der medizinischen Erfahrungen, die man von Kindesbeinen an einfach durchmachen muss.

Daneben gibt aber eine Reihe von Beschwerden des Magen-Darm-Traktes, die weit weniger verheerend daherkommen. Ein Grummeln oder Ziehen in der Magengegend zum Beispiel oder eine leichte Übelkeit, die sich oft ganz gut mit Hausmitteln in den Griff bekommen lassen. Eines dieser Mittel, dem eine beruhigende Wirkung auf den Magen zugeschrieben wird, ist Ginger Ale. Was davon zu halten ist, erklärt die Gastroenterologin Dr. Birgit Terjung gegenüber Yahoo Life.

Kann Ginger Ale aus medizinischer Sicht wirklich gegen leichte Magen-Darm-Beschwerden helfen?

Dr. Birgit Terjung: Schon die Namensgebung ist ein bisschen irreführend, weil sie suggeriert, dass erstens Ingwer enthalten ist und es sich zweitens um ein Ale, also Bier, handelt. Letztendlich ist es aber eine Bitterlimonade, deren Zusammensetzung ursprünglich von einem Herrn Schweppe aus Deutschland stammt und Ende des 18. Jahrhunderts erfunden wurde.

Dass das wirklich gegen Magen-Darm-Beschwerden helfen kann, glaube ich nicht. Enthalten sind vor allem Zucker, Wasser und Kohlensäure. Der hohe Zuckergehalt ist auf jeden Fall nicht gut, es sei denn, man hat zuvor viel gebrochen. Und wer Oberbauchbeschwerden hat, sollte auf Kohlensäure verzichten. Ingwer, der nachgewiesen viele positive Eigenschaften hat, ist zwar durch Aroma ebenso enthalten. Wenn er aber wie im Ginger Ale nur noch in minimaler Konzentration vorhanden ist, kann er nicht mehr wirksam sein. Anders wäre es, wenn man das Ginger Ale mit hoch konzentriertem Ingwer durch Fermentation selbst herstellen würde.

Wie ließe sich frischer Ingwer denn so nutzen, dass er tatsächlich beruhigend auf Magen und Darm wirkt?

Am besten nimmt man einfach eine frische Ingwerwurzel, schneidet davon mehrere Scheiben ab und macht sich einen Tee daraus. Das heiße Wasser löst den Ingwer heraus, der dann auch einen guten Effekt hat. Wenn man dann vielleicht noch frische Minze dazutut, die die Bewegung im Magen-Darm-Trakt beruhigt, ist das sicher ein gutes Getränk gegen Magen-Darm-Beschwerden.

Frischer Ingwertee
Ein frischer Tee aus Ingwer und Minze beruhigt den Magen. (Foto: Getty)

Wie konkret wirkt der Ingwer denn bei Bauchbeschwerden oder auch Erbrechen und Durchfall?

Tatsächlich regt der Ingwer den Gallenfluss an, der ganz wichtig für die Verdauung ist. Angeregt werden aber auch die Speichelbildung im Mund, sodass man mehr Verdauungssäfte und auch Magensaft produziert. Dadurch, dass man diese Säfte zur Verdauung schon vermehrt zur Verfügung hat, entsteht Im Magen weniger Völlegefühl. Wenn man den Ingwer dann auch noch in höherer Dosierung zu sich nimmt, sagt man, dass er sogar antibakteriell und auch ein bisschen entzündungshemmend wirkt.

Generell ist Ingwer durchaus eine wirkungsvolle Substanz, die viele Menschen ja auch bei einem grippalen Infekt einsetzen. Das hängt aber sehr von der Zubereitung ab. Ingwershots, die man im Supermarkt kaufen kann, sind zum Beispiel hochkonzentriert. Von ihnen weiß man aber, dass der Ingwer nach der Magenpassage gar nicht mehr den Darm erreicht. Das ist immer ein bisschen problematisch.

Was würden Sie sonst empfehlen?

Außer einem Tee mit frischem Ingwer und frischer Minze kann man auch Fenchel- oder Kümmeltee nehmen, die ebenfalls beruhigend wirken. Am besten trinkt man einen solchen Tee abends und passt auch mit dem Essen ein bisschen auf.

Was sollte man beim Essen beachten?

Besser als zwei, drei große Mahlzeiten sind mehrere kleine. Diese sollten nicht zu fett sein, weil Fett lange im Magen liegen bleibt und alleine dadurch schon ein Völlegefühl entstehen lässt. Auch rohes Obst und Gemüse, die bei einem gesunden Magen-Darm-Trakt sehr gewünscht sind, können blähend wirken. Abends sollte man möglichst nichts Süßes essen, weil dann noch einmal die Säureproduktion angeregt wird uns es zu vermehrtem Sodbrennen kommt.

Und was ist besonders verträglich?

Ich würde in solchen Fällen eher eine Suppe essen und eben die berühmte Schonkost wie Kartoffelpüree oder weich gekochte Möhren. Viele Menschen, die einen gereizten Magen haben, vertragen auch extrem gut Haferflocken mit Wasser oder Milch, weil das beruhigend auf die Magensäfte wirkt.

Dr. Birgit Terjung ist Chefärztin für Innere Medizin/Gastroenterologie und Mediensprecherin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS). (Foto: David van Düren, funsolutions marketing & medien GmbH)
Dr. Birgit Terjung. (Foto: David van Düren, funsolutions marketing & medien GmbH)

Unsere Expertin: Dr. Birgit Terjung

Dr. Birgit Terjung ist Chefärztin für Innere Medizin/Gastroenterologie an den GFO Kliniken Bonn. Die ärztliche Direktorin und Ernährungsmedizinerin beschäftigt sich vorranging mit Reflux- und Reizdarmerkrankungen und ist Mediensprecherin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS).