Die hohe Kunst des entspannten Gastgebens - mit Hannah Kleeberg von Herrlich Dining

Gastgeben

Ein schön angerichteter Tisch ist das A und O beim Gastgeben.

Sarah Willmeroth,

Gastgeben ist der schönste Freundschaftsbeweis, eine Geste, die gerade im Herbst die Herzen erwärmt. Am eigenen Tisch zusammenkommen, essen, trinken, lachen, wenn es draußen dunkler und kälter wird – optimales Kontrastprogramm für die Seele. Nur, wie geht das: Einladen? Das weiß Hannah Kleeberg. Mit ihrem kulinarischen Kreativkonzept Herrlich Dining hat sie das Gastgeben perfektioniert, ohne perfekt sein zu müssen. Fun Dining statt Fine Dining, lautet die Devise, mit der die 25-Jährige gerade die kulinarische Szene aufmischt – und für die sogar Dua Lipa einen Zwischenstopp im Herrlich Studio eingelegt hat. Wir haben Hannah in Berlin-Neukölln besucht, um von ihr zu lernen, was gutes Gastgeben ausmacht und wie wir unsere Dinner zu Hause entspannt über die Bühne bringen. Ein Crashkurs im Einladen – ohne Skills, Stress und Sterneküche.

Gastgeben

Bier und Chips, und wenn es gut lief, haben wir höchstens mal eine Pizza bestellt. Das mit dem guten Gastgeben war bislang nicht so unser Ding. Klingt nach überholtem Männerklischee – und ist es auch. Deshalb nutzen wir den Herbst, um es endlich zu lernen. Wir schauen bei Hannah Kleeberg in Berlin vorbei, wo sie mit Herrlich Studio einen Ort geschaffen hat, an dem Menschen zusammenkommen. Um gut zu essen, unbedingt, aber auch der Gesellschaft wegen. Der 25-Jährigen geht es beim Gastgeben nicht nur darum, kulinarische Visionen auf den Tisch zu bringen. Sie will eine Atmosphäre schaffen, in der sich alle wohlfühlen. Die soziale Komponente nicht vergessen, ist das erste und wichtigste Learning, als wir gemeinsam mit Hannah den Abend in unseren eigenen vier Wänden durchspielen.

Gastgeben

Für die Kirsch Thai Basil Limo 50 ml Kirschsaft und 20 ml Thai- Basilikum-Sirup mixen und mit Prosecco oder Soda aufgießen.

Sarah Willmeroth,

Gute Gastgebende erkennt Hannah daran, dass sie freundlich sind, zugänglich und humorvoll. Bevor Einladungen rausgehen, sollte geklärt werden, was kann ich und was will ich? Und natürlich: Worauf habe ich Bock? „Es bringt nichts, sich vorzunehmen, ein 8-Gänge-Menü zu kochen, nur weil es cool kommt. Der Tag wird furchtbar stressig. Nichts ist schlimmer, als wenn Eingeladene davon Wind bekommen. Selbst wenn was schiefgeht und ich panisch in die Küche laufe, weil der Kuchen gerade anbrennt, ruiniere ich so viel mehr den Abend, als wenn ihn einfach auf den Tisch stelle und darüber einen Gag mache“, weiß Hannah. Humor ist gefragt und gute Planung. Dank strukturierter To-do- und Einkaufslisten – was, wann, wo, wie lange – verliert sie selbst nicht den Überblick, wenn sie ein privates Dinner in ihrer WG-Küche schmeißt. Hier hat damals alles angefangen mit der Kochkunst von Herrlich Dining. Die Ausrede, die eigene Küche wäre zum Gastgeben zu klein, lässt Hannah also gar nicht erst durchgehen.

Die Vorbereitung am Stichtag beginnt mit dem optischen Konzept. „Ich finde, dass man viel über Ästhetik reinholt. Schön macht schön!“, sagt Hannah. Das lasse sich auch ohne krasses Geschirr, krasse Gläser oder irgendeinen Deko-Quatsch bewerkstelligen. Lieber bunt und wild, statt einheitlich und minimalistisch. Das schaffe ein gemütliches Flair. „Ich empfehle allen, mit der Saison zu kochen und zu dekorieren, und würde immer Gemüse dazulegen. Jetzt im Herbst etwa einen gebogenen Kürbis über den Tisch schlängeln lassen oder Maiskolben aufblättern, oben aufschneiden und eine Kerze reinstecken. Dann noch eine gelbe Blume dazuarbeiten und das Ganze auf einer weißen Tischdecke aus Stoffresten anrichten. Kostet alles nicht viel und passt selbst auf kleine Tische.“

Gastgeben

Naturwein Mol von Patrick Bouju, Rot, 2021, ca. 19 Euro

Alba Mixtura von Dluhe Grefty, Weiß, 2021, ca. 19 Euro

G&M von Patrick Bouju, Orange, 2022, ca. 24 Euro


Sarah Willmeroth,

Mise en Place lautet der Trick, den Hannah ungeübten Gastgebenden beim Kochen empfiehlt. Keine Sterneküche, sondern Stresskiller. Jedes Gericht wird so weit vorbereitet, dass der Elfer nur noch versenkt und angerichtet werden muss, wenn die Eingeladenen auf der Matte stehen. Eine kalte Vorspeise, ein Hauptgang, der im Ofen fertig gart, dazu ein sündiges Dessert, das schon im Kühlschrank bereitsteht. So mühen sich Gastgebende nicht den ganzen Abend in der Küche ab und haben unverkrampft ein gutes Menü am Start. Besser noch: Sie können den Abend mit den anderen auch wirklich genießen.

Hannahs Geheimtipp gegen hangry Hausgäste: „Brot entspannt die Situation am Anfang und alle werden satt. Freitagabends sind die Leute meist gestresst von der Arbeit und wollen was in den Magen bekommen. Es bringt dann nichts, wenn die Gäste eine Stunde schlecht gelaunt rumsitzen und nichts zu essen haben. Deswegen kaufe ich immer ein gutes Sauerteigbrot und schlage vegane Butter mit dem Mixer auf. Grobes Meersalz drüber und ab damit auf den Tisch. Dann sind alle erst mal happy.“

Es schadet nie, einen Kumpel als Co-Gastgeber anzuheuern. Für die Vorbereitung, aber auch, um zu servieren, Wein nachzuschenken und Gläser gar nicht erst leer werden zu lassen, wenn die Meute, meist verspätet, endlich eintrudelt (bis zu 45 Minuten Verspätung plant Hannah immer ein). Apropos Drinks: „Ich würde am Anfang einen sprudeligen Welcome-Drink anbieten. Einen Crémant, einen Spritz, etwas, das anregt und den Geschmack öffnet“, empfiehlt Hannah. „Wer keine Ahnung hat, sollte in den Weinladen um die Ecke gehen und einfach einen guten Crémant holen. Naturwein ist auch immer eine solide Nummer.“

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Für die Traube Thymian Limo 40 ml Traubensaft, 20 ml Thymiansirup und 10 ml Zitronensaft mixen. Dann mit Prosecco oder Soda aufgießen.

Sarah Willmeroth,

Um die Gute-Laune-Frequenz einzupegeln, hat Hannah extra eine Playlist aus soften Instrumental Tracks erstellt (auf Spotify unter herrlich dinner), ansonsten hält sie nicht viel von geplantem Entertainment nach dem Essen: „Das wirkt einfach verkrampft. Ich würde keine Kennenlernspiele machen, keine Karten mit Fragen auf den Tisch legen, sondern einfach gucken, was passiert. Darauf vertrauen, dass die Eingeladenen auch Bock haben, ihre Persönlichkeit und Input mit in die Runde zu bringen.“ Sitzen sich doch alle mal schweigend gegenüber, hat Hannah immer eine Back-up-Story parat: „Die Geschichte ‚Ich habe eine Freundin, der ist letztens eine peinliche Sache passiert…‘ zieht immer. Das ermutigt andere, ebenfalls lustige Anekdoten zu erzählen. Die Leute merken, niemand nimmt sich hier zu ernst.“

Gastgeben ist mehr als Dinner und Drinks. „Zusammensitzen und zusammen essen ist das Schönste, was ich mit Freund*innen machen kann. Darauf können sich alle einigen, egal, wie unterschiedlich die Gäste sind und welche Gespräche und Verbindungen entstehen“, schwärmt Hannah. Wird Beef nicht nur auf dem Teller serviert, sondern auch als waschechter Schlagabtausch am Tisch, hilft nur Ablenkung. „Am besten eine Person schnappen, die gerade streitet, und sagen: ‚Pack mal kurz beim Dessert in der Küche mit an!‘ Auseinanderziehen entspannt die Situation.“

Aufräumen, während die Gäste da sind – bitte nicht, findet Hannah. Vor allem keine Teller abräumen, wenn andere noch essen. „Außer, ich muss wirklich ins Bett und habe keine Kapas mehr. Völlig okay, dann schon mal Grenzen und eine Spülmaschine anzusetzen.“ Wer Bock auf Versacken hat, sollte etwas zum Verweilen anbieten. Drinks, einen Mitternachtssnack und noch mehr Drinks. Dann sind auch wieder Bier und Chips erlaubt. Und zur Not auch die Pizzabestellung aus Vor-Gastgeben-Zeiten. Egal was, Hauptsache, man sitzt zusammen.

5 schnelle Tipps von Hannah

Schuhe anlassen oder ausziehen?
ANLASSEN! Ich hasse es, wenn ich die Schuhe irgendwo ausziehen muss. Danach einfach durchwischen. Muss man sowieso.

Die Freundin hat ihren nervigen Typen mitgebracht
Passiert immer wieder. Da hilft nur, Soft Skills auspacken und offen und gelassen bleiben. Auf keinen Fall raushängen lassen, dass irgendjemand am Tisch nicht willkommen ist. Kill them with kindness!

Gäste haben noch hunger
Einen Mitternachtssnack einplanen oder noch mal das Brot vom Anfang servieren. Oder halt mehr Alkohol ausschenken.

Gäste gehen einfach nicht
Aufhören, Drinks auf den Tisch zu stellen. Und ganz subtil die Teller ab- und in die Spülmaschine räumen.

Bier ist alle
Darf nicht passieren. Falls doch, dann schnell jemanden zur Tanke schicken.

Einfache Rezepte: das perfekte Gastgeben-Menü

Hannah Kleeberg hat das perfekte und vor allem einfache Menü für uns zusammengestellt:

1. Vorspeise

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Pumpkin Whipped Butter mit Szechuan-Chiliöl

Sarah Willmeroth,

Zutaten: 5 Packungen (vegane) zimmerwarme Butter 200 g Kürbis 3 EL Szechuan-Chiliöl (selbst gemacht oder gekauft) 2 EL Pflanzenöl 1 TL Flockensalz 1 TL Salz 1 Sauerteigbrot

Zubereitung: Kürbis schälen und in 2x2 cm große Würfel schneiden. Mit Pflanzenöl und Salz marinieren. Im Ofen bei 180°C Ober- und Unterhitze rösten, bis der Kürbis weich, aber nicht dunkel ist (ca. 15–20 Minuten). Vollständig auskühlen lassen. Kürbis mit einem Mixer pürieren. Weiche Butter hinzufügen und mit dem Schneebesen aufschlagen (ca. 2–4 Minuten). Kürbisbutter auf einen Teller geben und mit Chiliöl und Flockensalz garnieren. Mit Sauerteigbrot servieren.

2. Hauptspeise

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Creamy Polenta mit Balsamico-Zwetschgen

Sarah Willmeroth,

Zutaten: 300 g Polentagrieß 1 l Vollmilch 330 g Butter 180 g geriebener Parmesan 400 g Zwetschgen 2 rote Zwiebeln 4 EL dunkler Balsamico 2 EL Honig 1 TL Chiliflocken 1 EL Olivenöl 1 TL grobes Meersalz 2 TL Salz

Zubereitung: Zwetschgen entsteinen und halbieren. 80 g Butter und Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Rote Zwiebeln in dünne Ringe schneiden und in der Öl-Butter-Mischung glasig braten. Zwetschgen dazugeben und scharf anbraten. Mit Balsamico ablöschen und Hitze reduzieren. Den Honig unterrühren und mit Chiliflocken und Meersalz würzen. Milch in einem Topf aufkochen und Polentagrieß dazugeben. Unter ständigem Rühren fester werden lassen (ca. 5–7 Minuten). Übrige Butter und Parmesan unterrühren und salzen. Die Polenta auf einen Teller geben, mit den Zwetschgen toppen und sofort servieren.

3. Nachspeise

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Käse-Obst-Cheat-Dessert

Sarah Willmeroth,

Zutaten: 3 verschiedene Käsesorten (1 Edelschimmelkäse 1 Weichkäse 1 Hartkäse) 350 g Trauben, alternativ Feigen oder Birnen 3 EL gepickelte Senfkörner

Zubereitung: Die Käsesorten in Viertel oder schöne kleine Stücke schneiden. Zusammen mit vier bis fünf Trauben in kleine Gläser oder Eisbecher geben (alternativ mit halbierten Feigen oder geviertelten Birnen). Optional den Käse mit gepickelter Senfsaat garnieren. Die Gläser zu einem Turm bauen.