Hypochondrie: Was hilft gegen die Angst vor Krankheiten?

Hypochondrie zeigt sich durch übermäßige Beschäftigung mit körperlichen Symptomen, oft ohne medizinische Befunde.

Eckenhagen/Prien (dpa/tmn) - Sie checken immerzu, ob mit ihnen alles in Ordnung ist, und haben doch ständig das Gefühl, an einer schweren Erkrankung zu leiden: Menschen mit Hypochondrie «sind überzeugt, dass ihre Gesundheit in großer Gefahr ist», sagt Klaus-Dirk Kampz, Geschäftsführer der My Way Psychiatrischen Klinik in Reichshof-Eckenhagen (NRW).

Ein Hauptsymptom ist die übermäßige Beschäftigung mit körperlichen Symptomen – oft ohne medizinische Befunde. Kampz: «Menschen mit einer hypochondrischen Störung leiden ohne eine Erklärung für ihre Symptome enorm unter der Ungewissheit.»

Auswirkungen auf den Alltag

Infolgedessen komme es sehr häufig zu Arztbesuchen, Arztwechseln und zum Anzweifeln von medizinischen Befunden, führt er aus. Und: «Nicht selten vermeiden Betroffene Situationen, die ihre Angst vor einer Erkrankung verstärken, seien es berufliche Tätigkeiten oder Freizeitaktivitäten.»

«Betroffene beobachten aufgrund ihrer Angst permanent die eigenen Körperfunktionen, messen beispielsweise alle paar Minuten ihren Puls oder Blutdruck und interpretieren kleinste Abweichungen als Anzeichen schwerer Erkrankungen», erklärt der Fachmann. «Diese zwanghafte Kontrolle prägt den Alltag enorm und ist eine verzweifelte Suche nach Sicherheit.»

Deshalb zähle die psychische Krankheit laut aktueller ICD-11-Auflistung der Weltgesundheitsorganisation WHO künftig auch zur neuen Klassifikation der Zwangsstörungen, so Kampz.

Behandeln lassen - aber die Psyche

Zur Angst, an einer schweren körperlichen Erkrankung zu leiden, kommt: Aufgrund schlechter Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem oder Stigmatisierung («eingebildete Krankheit») scheuen sich viele Betroffene anfangs oft, ihre übertriebene Angst vor Erkrankungen als Form einer psychischen Erkrankung anzuerkennen, heißt es von den Experten der Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee. Doch das ist wichtig.

Ohne Behandlung drohen zusätzliche psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Panikattacken. Daher raten Fachleute Betroffenen übereinstimmend zu Psychotherapie. Denn: Für Hypochonder fühlen sich die Beschwerden sehr real an, sie können ihre Denk- und Verhaltensmuster nicht einfach ablegen.

Mit professioneller Hilfe und in der Regel verhaltenstherapeutischen Verfahren aber können sie ihren Ängsten auf den Grund gehen und Bewältigungsstrategien entwickeln, die einen Alltag mit deutlich weniger Sorgen ermöglichen. Dazu gehört laut Kampz, zu akzeptieren: Für eine gesunde Verfassung gebe es «keine absolute Gewissheit, wie sie sich Betroffene wünschen, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit».