Vor internationalen Beratungen neue Forderungen nach Taurus-Lieferungen
Vor neuen internationalen Beratungen über die militärische Unterstützung für die Ukraine verstärken sich Forderungen nach der Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper für das Land. Am Donnerstag hatten sich mehrere Abgeordnete der Ampel-Parteien deswegen mit einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gewandt. In der "Bild"-Zeitung vom Freitag erneuerte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko die ukrainische Bitte an die Bundesregierung: "Schicken Sie uns die Taurus-Raketen."
Klitschko äußerte Verständnis für das Zögern von Scholz in dieser Frage. "Wir wissen auch, wie schwer es ist, die immer neue Hilfe in der deutschen Gesellschaft zu erklären." Er verwies aber weiter auf die "unglaublich schwere" ukrainische Gegenoffensive gegen die russischen Besatzer, bei der jeden Tag ukrainische Soldaten sterben.
Bürgermeister Klitschko und sein Bruder Wladimir sicherten auf einer Veranstaltung der "Bild"-Zeitung in Anwesenheit von Scholz zu, dass die Marschflugkörper nur "innerhalb der Ukraine" eingesetzt würden.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte in Anwesenheit Klitschkos in einer Rede auf einer "Westfälischen Friedenskonferenz" in Münster der Ukraine weitere auch militärische Unterstützung zu. Die Frage der Taurus-Lieferungen sprach Pistorius aber nicht direkt an. Er verwies lediglich auf in der kommenden Woche anstehenden Beratungen der internationalen Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu weiteren Militärhilfen.
Grünen-Chef Omid Nouripour äußerte die Erwartung, dass es bald eine Entscheidung der Bundesregierung zugunsten einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern geben werde. Eine entsprechende Ankündigung werde "sehr schnell" erfolgen, sagte Nouripour am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". "Ich glaube, dass wir liefern sollten", betonte Nouripour. "Je weniger die Ukraine sich wehren kann, desto länger wird dieser Krieg dauern".
Regierungssprecher Steffen Hebestreit äußerte sich dagegen weiterhin zurückhaltend. "Ich kann da keinerlei Neuigkeit absehen zur jetzigen Zeit", sagte er in Berlin. Es gehe bei der Taurus-Lieferung um "wirklich weitreichende Fragen". Die Marschflugkörper seien Waffen "mit großer Reichweite, die nicht nur über ukrainisches Staatsgebiet, sondern auch weit darüber hinaus fliegen können".
Laut einem Bericht des "Spiegel" hat eine Prüfung durch die Hersteller allerdings inzwischen ergeben, dass eine Reichweitenbegrenzung für die Taurus-Marschflugkörper technisch möglich wäre. Demnach gibt es auf Seiten der Bundesregierung aber weitere Bedenken.
So werde geprüft, ob die ukrainischen Streitkräfte bei der Einsatzprogrammierung auf direkte deutsche Unterstützung angewiesen wären und ob für Einsätze als geheim eingestufte Geodaten der Bundeswehr genutzt werden müssten, berichtete das Magazin. Beides werde als heikel angesehen.
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