Werbung

Mein Kind hat sich in drei Monaten zweimal mit Corona infiziert — das habe ich dabei über Tests, Schule und die Gesundheitsämter gelernt

Die Tests des Kindes unserer Autorin waren positiv (Symbolbild Tests).
Die Tests des Kindes unserer Autorin waren positiv (Symbolbild Tests).

Pling. Pling. Pling. Vor rund einer Woche stand mein Handy nicht mehr still. In der WhatsApp-Gruppe der Grundschulklasse meines Sohnes ging es hoch her. Ein Vater schrieb, dass der Corona-Schnelltest seines Kindes positiv ausgefallen sei. Kurz darauf schienen alle Eltern zu den Teststäbchen zu greifen. Denn weitere Nachrichten folgten im Minutentakt. Am Ende waren es sieben von 26 Kindern, die zuhause positiv getestet wurden.

Auch ich testete meinen Sohn mit einem Schnelltest aus der Drogerie. Dabei rechnete ich nicht mit einem positiven Ergebnis. Denn erst Anfang November hatte mein Kind sich bereits mit dem Virus infiziert. Ich hatte mit einem natürlichen Schutz für mein Kind bis in den Mai gerechnet, also sechs Monate lang. Danach könnte mein Sohn seine erste Impfung erhalten, so der Plan.

Wir hatten beim ersten Corona-Fall unseres Sohnes versucht, alles richtig zu machen. Hatten die Verwandtschaft alarmiert, Kontakte der vergangenen Tage angerufen, das wöchentliche Schwimmen und den Fußball abgesagt und uns 14 Tage mitsamt drei-jährigem Bruder eingeigelt. Auf meinem Schreibtisch hatten sich die Schulhefte gestapelt, die die engagierte Lehrerin vor der Haustür abgelegt hatte, und die mein Sohn und ich neben meiner Arbeit täglich durchpaukten. Auch die Übung, über 50 Minuten lang in der Hotline des Gesundheitsamtes fest zu hängen, um Bescheinigungen für Schule und Arbeitgeber zu bekommen, hatten wir mit Bravour gemeistert. Wir kannten das Spiel, wir waren durch – so zumindest meine Hoffnung für die folgenden sechs Monate nach der Infektion.

Ein negativer Test gegen drei positive

Doch es kam anders. Die ersten Tests nach den verhängnisvollen Whatsapp-Nachrichten am Samstag und Sonntag waren negativ. Deshalb ahnte ich nichts Böses, als ich am Montagmorgen zwischen Pausenbroten Schmieren und Sportsachen Zusammensuchen noch routinemäßig ein Teststäbchen hervorzog. Kaum hatte ich mich umgedreht, verfärbte sich bereits der zweite Strich der Testkassette. Zurück auf Los.

Während ich Schule, Hort, Kita und andere informierte, fuhr mein Mann mit beiden Kindern zum offiziellen Testzentrum. Beim letzten Mal war dort der Schnelltest meines Sohnes sofort positiv geworden, sodass umgehend ein PCR-Test gemacht wurde. Das Testzentrum wird von den Johannitern betrieben, es ist ein Drive-In und ungemein praktisch. Um getestet zu werden, muss man noch nicht mal sein Auto verlassen. Doch als meine Familie wiederkam, herrschte Verwirrung: Der Schnelltest war negativ. Deshalb wurde auch kein PCR-Test durchgeführt.

Hatten wir einen falsch-positiven Test erwischt? Ein Schimmer der Hoffnung. Zur Sicherheit machte ich nochmal zwei Schnelltests bei meinem Sohn, von unterschiedlichen Herstellern. Mein Küchentisch ähnelte zusehends selbst einer Teststation. Beide Male erschienen die Striche zügig – deutlich lagen mittlerweile drei positive Tests vor mir. Also noch einmal ins Auto und zu den Johannitern gefahren. Doch auch der Hinweis auf die drei positiven Tests brachte uns nicht der Sicherheit eines aussagekräftigen PCR-Tests näher. "Unsere Tests sind gut", beschied mich die Testerin. Und mein Sohn galt zumindest an diesem Tag als Corona-negativ. Ich könne ja tags darauf wieder kommen, vielleicht sei dann die Viruslast höher, sollte er sich infiziert haben, und das Ergebnis positiv.

Endlich ein PCR-Test

Zuhause suchte ich den Test der Teststelle auf der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts. Bei einer hohen Viruslast hatte er demnach tatsächlich eine Trefferquote von 100 Prozent – bei einer geringeren Viruslast, allerdings nur noch knapp 50 Prozent. Ist das ein "guter" Test?

Da ich eine verbindliche Aussage wollte, rief ich unseren Kinderarzt an. Ich bekam sofort einen Termin für einen PCR-Test am folgenden Tag. Wer weiß, wie ausgelastet die Kinderärzte in der kalten Jahreszeit auch ohne Corona sind, kann verstehen, wie erstaunt und vor allem dankbar ich war.

Das Test-Prozedere an sich hatte dann schon Potenzial, mich für die restliche Quarantänezeit zu erheitern. An einem Extra-Eingang wurde uns die Krankenkassenkarte abgenommen. Dann tauchte ein Arzt in kompletter Schutzkleidung auf mit einem roten Kinderstühlchen unterm Arm. Er öffnete die Tür für den Notausgang der Einkaufsmeile, in der die Praxis liegt, und nahm den Rachen-Abstrich auf dem windumtosten Dach des Gebäudes vor. Um Längen aufregender als der Auto-Drive-In, fand mein Sohn.

Die dringendste Frage an den Arzt war eigentlich die nach der Variante. Denn sollte es Omikron sein, so hatte ich es dem Klassen-Chat entnommen, der eifrig die aktuelle Verordnung unseres Brandenburger Landkreises teilte, würde die Quarantäne 14 Tage dauern und auch meinen Mann und mich betreffen – unserer Impfungen und frischen Boostern zum Trotz. Sollte es aber eine andere Variante sein, würde zwar mein Sohn in Quarantäne sein, aber wir wären frei und sein Bruder könnte auch früher wieder in den Kindergarten. "Das Labor bestimmt die Variante nicht immer. Wir gehen aber derzeit immer von Omikron aus", so die Antwort des Arztes. Als ich ihn fragte, ob es denn überhaupt wahrscheinlich sei, dass mein Sohn sich schon nach drei Monaten wieder infiziert haben könnte, sagte er: "Unmöglich ist gar nichts mehr."

Die endlose Geschichte der Quarantäne

Nach etwas über 24 Stunden kam das Ergebnis per Corona-Warn-App. Der PCR-Test war positiv. Variante: unbestimmt. Mehr Informationen gab es aber auch eine Woche nach der bestätigten Infektion nicht. Vom Arzt hieß es, wir sollten selber schauen, was die aktuellen Quarantäneregeln seien. Die Schule verwies aufs Gesundheitsamt. Und das schwieg. Meine Mails bezüglich Quarantäne-Bescheinigung und dem baldigen Genesenennachweis blieben bisher unbeantwortet. Für die Warteschlange in der Hotline habe ich durch Home-Schooling und Homeoffice keine Zeit – aber sie wird wohl unvermeidbar sein.

Nun sitzen wir also wieder in Quarantäne. Der Drucker läuft heiß von den Arbeitsblättern aus der Schulcloud und wir versuchen, zwei Kinder bei Laune zu halten, die die eigenen vier Wände nicht verlassen dürfen. Die Feier zum vierten Geburtstag meines Jüngeren sagte ich schweren Herzens ab – schon das zweite Mal. Denn auch im vergangenen Januar waren die Inzidenzen zu hoch für eine Feier. "Wir holen das nach", trösteten die Großeltern am Telefon. In einem düsteren Moment hoffte ich, dass er überhaupt jemals einen Kindergeburtstag feiern kann, bevor er Teenager wird.

Und der Gedanke beschäftigte mich: Was, wenn der Test der Teststelle der einzige gewesen wäre, den mein Sohn an diesem Tag gemacht hätte? Ich hätte mich in Sicherheit gewogen, obwohl der wahre Befund positiv war. Wie viele Menschen hatten sich am selben Tag dort testen lassen und waren vielleicht danach mit einer unentdeckten Infektion vom Gelände gefahren?

Das Gute ist, dass mein Kind, genau wie beim ersten Mal einen milden Verlauf hat. Ein bisschen Schnupfen, ein bisschen müder als sonst. Aber immer noch in einem Zustand, dass ich ihn ohne positive Tests weiter zur Schule geschickt hätte. Und das Super-Spreader-Event, das in der Klasse stattgefunden haben muss, wäre weiter gegangen.

Ein weiterer Lichtblick sind die neuen Quarantäne-Regeln vom Bund, die ab Dienstag auch in Brandenburg in Kraft treten sollen. Damit löst sich zumindest das Omikron-Dilemma – denn strengere Regelungen für diese Variante werden dort nicht mehr erwähnt. Und auch die Quarantäne der Kinder könnte bald beendet sein: Demnach gilt, dass sich Infizierte oder Kontaktpersonen, die die Vorgaben für eine Quarantäne-Befreiung nicht erfüllen, nach sieben Tagen durch einen PCR-Test oder einen zertifizierten Antigen-Schnelltest freitesten lassen können.

Dann könnte mein Sohn auch wieder zur Schule gehen. Das ungute Gefühl würde dabei aber zurückbleiben.

Denn unser Erlebnis hat mir gezeigt, dass auch Maske tragen und Lüften einen Ausbruch im Klassenzimmer nicht unbedingt verhindert. Die Alternative wäre, das Kind weiterhin zu Hause zu unterrichten. Bis zu den Winterferien ist es den Eltern in Brandenburg erlaubt, selbst zu entscheiden, ob ihre Kinder am Präsenzunterricht teilnehmen oder nicht. Fragt sich nur, wie man das neben dem eigentlichen Job noch hinbekommen soll.

Die andere Erkenntnis: Schnelltests sind wirklich nicht gleich Schnelltests. Viel Testen dagegen scheint viel zu helfen. Denn durch die obligatorischen regelmäßigen Tests in der Schule konnten zumindest recht früh andere Eltern gewarnt werden und Kontakte eingeschränkt werden. Vielleicht hat das die eine oder andere Infektionskette verhindert. Zu wünschen wäre es.