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Kolumbien: Die Droge Schönheits-OP

A model wears jewelry by Colombian designer Nelly Rojas at the Cali Exposhow fashion week in Cali, Colombia, Thursday, Oct. 18, 2012. (AP Photo/Fernando Vergara)
Ein Model auf einer Fashion Show in Kolumbien – viele junge Frauen im Land eifern einem extremen Schönheitsideal nach (AP Photo/Fernando Vergara)

Mit Kolumbien verbinden die meisten Kokain, Guerilla-Kriege und die Netflix-Serie „Narcos“ um den Drogenbaron Pablo Escobar. Dabei ist das Land auch für schöne Hügel bekannt, und zwar nicht nur landschaftliche.

Von Ljuba Naminova

In Kolumbien dürfen Models noch kurvig sein. Zumindest sind sie keine Hungerhaken wie viele Mannequins der Pariser Fahionshows: Sie haben Brüste, eine Wespentaille und einen rundlichen Hintern. Doch das kolumbianische Schönheitsideal droht vor allem für junge Frauen immer mehr zur Obsession zu werden.

OP zum Geburtstag

Kolumbien ist eines der Länder mit den am häufigsten durchgeführten Schönheitsoperationen. Fünfzehn ist wortwörtlich das einschneidende Alter, wenn viele Mädchen ihre erste OP, pünktlich zum Geburtstag, geschenkt bekommen. Der Gruppendruck unter jungen Frauen, insbesondere innerhalb wohlhabender sozialer Schichten, ist groß. Nur wer sich unters Messer legt, gehört dazu. Manchmal mit fatalen Folgen, wenn an der Klinik gespart wird und Scharlatane zum Zuge kommen. 2013 fand die Telenovela-Schauspielerin und Mutter von drei Kindern, Sandra Brand, nach einer missglückten OP den Tod – dabei wollte sie sich nur die Pobacken straffen lassen.

Narco-Ästhetik: drall und prall

Ein größerer Hintern ist bei Frauen begehrt. Oft legen Mädchen sich bereits mit 15 unters Messer – nicht selten aus sozialem Druck (AP Photo/Fernando Vegara)
Ein größerer Hintern ist bei Frauen begehrt. Oft legen Mädchen sich bereits mit 15 unters Messer – nicht selten aus sozialem Druck (AP Photo/Fernando Vegara)

Nirgendwo wird die plastische Chirurgie so gefeiert wie in der Stadt Cali. Im „Viertel der Schönen“ reihen sich über 150 Kliniken aneinander. Der gefragteste Eingriff bei Frauen ist die Vergrößerung des Allerwertesten. Männer ziehen dagegen Penisvergrößerungen vor. Das afrokolumbianische Schönheitsideal hat sich durchgesetzt, dralle Brüste und pralle Hintern – jede Frau möchte sie haben. Die Geschichte hinter diesem Trend ist traurig: Drogenbosse wünschten sich in den späten Neunzigern gut gebaute Latinas an ihrer Seite. Mit ihren Vorlieben prägten sie den Geschmack einer ganzen Generation. Die sogenannte „Narco-Ästhetik“ – schlank mit üppigen Kurven – löste das ursprüngliche Schönheitsideal der natürlich-starken Frau ab. So manches Mädchen aus armem Hause verschaffte sich durch Schönheits-OPs Eintritt in die Welt der reichen Narco-Kreise. Eine der beliebtesten Serien Kolumbiens trägt daher nicht zuletzt den Namen „Ohne Titten kommst du nicht ins Paradies“.

Calis geliftete Hintern

Die in London ansässige und aus Kolumbien stammende Fotografin Manuela Henao dokumentierte in ihrem Fotoessay „Beauties“ den erschreckenden Trend zur Selbstoptimierung. Sie selbst sagt, dass Mädchen in Kolumbien als dekorative Objekte betrachtet werden und die plastische Chirurgie regiere. Höhepunkt ist der jährlich in Cali (Region Valle) stattfindende Wettbewerb „Der beste Hintern Valles“. In knappen String-Tangas laufen die Teilnehmerinnen die Bühne auf und ab und präsentieren stolz ihre gepimpten Pos – die sich wie ein Ei dem anderen gleichen.

Kurven natürlich unterstützen

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Für natürliche Kurven sorgt der regelmäßige Hüftschwung beim Tanzen (pixabay.com)

Doch es gibt auch Kolumbianerinnen, die viel Wert auf Natürlichkeit legen. Für sie bietet ihr Heimatland mit seiner reichen Fauna eine Fülle an Ressourcen. Zur Pflege von Haut und Haaren verwenden sie Zutaten wie Mandelöl, Kakaobutter, Wildrosenöl (Rosa Mosqueta), Kaffee (als Scrub) und Rizinusöl. Für natürliche Kurven sorgt der regelmäßige Hüftschwung beim Tanzen. Besonders beliebt sind Cumbia und Champeta, eine afrokolumbianische Musikrichtung. Und wer seine Kurven noch besser zur Geltung bringen möchte, trainiert einfach die Taille mit einem Korsett. Kolumbien ist nämlich einer der größten Exporteure von Miedern. Selbst Kim Kardashian kauft kolumbianische Latex-Korsetts, die dafür bekannt sind, dass man sie ohne fremde Hilfe schließen kann.

Obstsaft und Mikronadeln für einen frischen Teint

Natalia París, eines der berühmtesten Models Kolumbiens, war und ist für viele Kolumbianerinnen ein Vorbild in Sachen Aussehen. Um den Bräunigungsvorgang vor dem Sonnenbaden zu beschleunigen, trinkt die Blondine einen Cocktail aus Möhren-, Orangen-, Zitronensaft und ein bisschen geriebenem Ingwer. Das in den Karotten enthaltene Betacarotin soll der Haut helfen, schneller Farbe anzunehmen. Außerdem schwört das Model bei ihrer täglichen Hautpflege auf einen sogenannten Dermaroller. Das ist ein Hautroller, der mit winzigen Mikronadeln besetzt ist, die Einstiche in die Haut erzeugen und die Poren kurzzeitig öffnen. Das Resultat: Der Körper reagiert wie auf eine Verletzung und produziert neue, gesunde Hautzellen.

Vitamin-C-Serum gegen müde Haut

Die wohl berühmteste Tochter Kolumbiens ist Shakira. Für Auftritte schminkt sie sich meistens selbst, und wenn sie gerade nicht auf der Bühne steht, verzichtet sie meist vollkommen auf Make-up. Die 40-jährige Sängerin scheint seit ihrem Durchbruch vor sechzehn Jahren nicht mehr gealtert zu sein. Ihr Geheimnis für schöne Haut ist Vitamin-C-Serum aus der Apotheke. „Ich drücke die Kapseln direkt auf der Haut aus“, verriet sie der InStyle.

100% natürlich

Aus Barranquilla, der Heimatstadt Shakiras, stammt auch Tata Harper. Die kolumbianische Ingenieurin ist Gründerin einer Naturkosmetikmarke, die ihren Namen trägt und die weltweit den größten Anteil an natürlichen Inhaltsstoffen haben soll. Ihre Produkte seien, so versicherte Harper, alle zu 100% natürlich. Auf Tata Harpers Farm im US-Staat Vermont werden Kräuter angebaut, die später im eigenen Labor zu Kosmetikprodukten verarbeitet werden. Die sollen so gut wirken, dass die Vogue Harpers Pflegelinie als „lebensverändernd“ bezeichnete.

Nachtkerze und Kamelie gegen Kokosnuss

Das New York Time Magazine befragte die „Queen of Green“ nach der neuen „It-Zutat“ in natürlicher Kosmetik, die das aktuell hoch gepriesene Kokosnussöl ablösen könnte. Harpers Antwort: „Alle Zutaten, die aufpolstern, sind super. Sie werden Liposomen genannt. Wenn wir altern, verliert unsere Haut viel Fett, deswegen ist es sehr wichtig, sie aufzupolstern. Es gibt ein Liposom, das aus dem fetten Fruchtfleisch der Arganfrucht gewonnen wird, andere extrahiert man aus Zucker. Eine tolle Zutat ist auch die Nachtkerze und japanisches Kamelienöl. Sie befeuchten die Haut und schenken ihr ein Leuchten, viel besser als Kokosöl es kann. Diese Öle kann man auch für die Haare benutzen.“

Der schönste Schmuck ein Lächeln

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Die Königin des Hüftschwungs Shakira hat nicht vor, sich unters Messer zu legen (Photo by John Salangsang/Invision/AP)

Shakira hat sich bislang von dem Schönheitswahn ihrer Heimat nicht aus der Ruhe bringen lassen. In einem Interview gab sie zu, früher mit dem Gedanken gespielt zu haben, sich die Brüste vergrößern zu lassen. „Ich habe mir dann aber selbst gesagt ‘Vergiss es’ und angefangen, mich so zu akzeptieren, wie ich bin“. Für sie trägt eine Frau ihren schönsten Schmuck immer am Körper – ihr Lächeln. „Ein schönes Lächeln zeugt von Selbstbewusstsein und das ist das beste Make-Up!“