Kostspieliger Trend in der Elfenbeinküste: Warum Frauen sich für Echthaarteile ruinieren

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Die meisten Echthaarteile stammen ursprünglich aus Indien. Foto: Allison Joyce/Getty Images

Alles nur um gut auszusehen: Für hellere Haut und volles Haar riskieren Ivorerinnen ihre Gesundheit und verkaufen sogar den eigenen Körper.

Von Birte Fuchs

Glatte Haare, helle Haut – ein Traum vieler Frauen Afrikas. Zwar tragen viele dunkelhäutige Frauen in Europa wieder den Afro-Look und in Ghana greifen Designer für moderne Mode vermehrt zu traditionellen bunten Stoffen. Dennoch gilt in weiten Teilen Afrikas: Immer mehr Frauen wollen aussehen wie Europäerinnen. Das funktioniert am besten über Haut und Haare. Dafür geben sie ihre letzten Geldreserven aus und riskieren sogar ihre Gesundheit.

Besonders an der Elfenbeinküste schlägt ein Trend immer mehr ein: les mèches brésiliennes – die brasilianischen Strähnen. Dabei handelt es sich um Echthaarteile, die sich die Schwarzafrikanerinnen in ihre krausen Naturhaare einflechten oder einsetzen lassen.

Wer schön aussehen will, muss leiden – und vor allem bezahlen, zumindest um diesem Trend zu folgen. Unterschiedlichste Versionen – glatt, gewellt, schmal und breit – von mèches brésiliennes kann man im Internet bestellen. Sie kosten bis zu 61 Euro, ungefähr ein Fünftel des durchschnittlichen Monatsgehalts in dem westafrikanischen Land. Was brasilianisch klingt, ist indischer Natur. Mèches brésiliennes sind Echthaarteile mit Haaren von indischen Frauen. Deren Haare sind üblicherweise dunkel und passen so zu dem natürlichen Bild der Ivorerinnen, geben aber besonderes Volumen und lassen sich gut frisieren, weil sie dick und glatt sind. Brasilien kauft sie von Inderinnen ein und verarbeitet sie im eigenen Land zu jenen heißbegehrten kostspieligen Haarteilchen. Von dort aus werden sie über den Ozean nach Afrika geschifft.

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Die traditionellen bunte Stoffe sind immer noch häufig in den Straßen zu sehen. Foto: Luz

Die Haarsträhnen machen eine Reise rund um den Globus – und nichts an ihnen ist wirklich europäisch. Das erklärt den Preis, aber auch die Absurdität dieses neuen afrikanischen Beauty-Trends. Wer nicht reich ist in der Elfenbeinküste, den kann der Schönheitswahn ruinieren: Für volle glatte Haare verkaufen manche Frauen ihren Körper auf dem Strich.

Helle Haut verspricht bessere Chancen auf dem Heiratsmarkt

Das Haar allein reicht für die Schönheit aber nicht, noch wichtiger ist die helle Haut. Der Irrglaube: Wer einen helleren Tein hat, hätte bessere berufliche Chancen und fände schneller einen Mann zum Heiraten. Hautaufheller aller Art boomen auf dem Kosmetikmarkt. Auf Beautyblogs werden unzählige Varianten angeboten und kommentiert. Am üblichsten sind aufhellende Cremes, reiche Ivorerinnen lassen sich die Bleichmittel spritzen. Die Injektion müsse jährlich erneuert werden, sonst werde die Haut wieder dunkel, sagt ein ivorischer Lehrer, der die Trends der jungen Leute genau beobachtet. Die Haut aufzuhellen sei in ganz Schwarzafrika so wichtig geworden, dass das Phänomen an der Elfenbeinküste sogar einen eigenen Namen hat: tchatcho. Frauen und Mädchen, die tchatcho betreiben, seien leicht erkennbar, sagt er: „Ihre Finger, Ellbogen, Knöchel und Zehen bleiben immer schwarz.“

Diese Frauen setzen sich großen Gefahren aus: „Schwarze Haut schützt vor Sonnenbrand“, sagt der Lehrer. Je heller die Haut werde, desto öfter würden diese Frauen Sonnenbrand bekommen. Als krebsgefährdend gelten die Produkte und Sonnenbrand ohnehin. Quecksilber und Hydrochinon sind darin oft enthalten. Quecksilber verringert die dunklen Pigmente. Die Haut, die sie eigentlich verschönern sollen, zerstören sie – und manchmal auch die Gesundheit. Psychische Krankheiten sind eine Nebenwirkung: Depressionen, Angstzustände und Psychosen. Die Regierung hat die Produkte an der Elfenbeinküste deshalb verboten. Vielen Frauen ist das egal – die schädlichen Cremes stehen weiter hoch im Kurs.

Neuester Trend: Po-Vergrößerungen

Allein Haut und Haare zu verändern, reicht noch nicht. Die Frauen wollen auch sexy sein: Faux cils, künstliche Wimpern, kleben sie sich an den Lidrand. In Nagelstudios lassen sie sich Plastiknägel machen, faux ongles. Und die neueste Mode, die ausnahmsweise nicht dem europäischen Schönheitsideal nacheifert: eine Po-Vergrößerung. „Eine normale afrikanische Frau hat immer eine schöne Pobacke“, sagt der Lehrer. Wer damit nicht gesegnet sei, lasse sie sich modellieren. Auch das ist nicht ungefährlich, denn oft ist die Herkunft der Produkte unbekannt.

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In der Elfenbeinküste ist vieles noch maßgeschneidert. Foto: Luz

Die ivorischen Männer haben es deutlich leichter: ob dunklere oder hellere Haut, das ist egal. Hauptsache schick gekleidet. „Schoco“ nennt man dort einen modischen Mann, wie Schokolade. Schick heißt an der Elfenbeinküste „près du corps“ – eng am Körper. Enges Hemd und enge Hose bestimmen die Mode bei den Jungen und zunehmend auch bei den Männern. Sie müssen sich nicht für teure Haare prostituieren, keine gefährlichen Cremes auf ihre Haut schmieren, schon neue Klamotten machen sie bei den Frauen begehrt – wie Schokolade eben.