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Krasse Kampagne: Netto vergleicht Zucker mit Kokain

Das weiße Zeug ist tatsächlich nicht gut für uns, sind sich Mediziner einig. (Bild: Netto)
Das weiße Zeug ist tatsächlich nicht gut für uns, sind sich Mediziner einig. (Bild: Netto)

Macht uns Junkfood tatsächlich zu Junkies? Sogar der Lebensmittel-Discounter Netto warnt nun mit einer auffälligen Kampagne vor den gesundheitlichen Auswirkungen von Zucker.

Zucker steckt in fast jedem verarbeiteten Lebensmittel. Mit anderen Worten: Kommt es aus der Dose oder Tube, aus dem Glas, ist es in Plastik, Alu oder selbst Pappe gehüllt, steckt wahrscheinlich auch Zucker drin. Selbst Nahrung, die nicht süß schmeckt, enthält meistens Zucker, wie zum Beispiel Brot, Salatdressings oder Pasta.

Mehr als 25 Gramm Zucker pro Tag sollte der Mensch nicht zu sich nehmen, rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In Deutschland sind es tatsächlich 100 Gramm pro Person pro Tag. Netto greift nun angesichts dieser Zustände zu einem drastischen Vergleich: In einer aktuellen Werbekampagne sind weiße Linien, die an Kokain erinnern, auf dunklem Hintergrund ausgelegt, darüber die Schrift „Das weiße Zeug tut dir nicht gut.“

„Vom Prinzip her ist die Wirkung von Drogen mit der Wirkung von Zucker durchaus vergleichbar, wenn auch etwas abgeschwächt“, sagt der Kölner Mediziner Prof. Dr. med. Thomas Kurscheid gegenüber „RTL“. Der Zucker wirke auf das Belohnungssystem, indem er zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin führt.

Das flutet den Körper genauso schnell, wie es ihn danach wieder verlässt. Zucker gibt dem Körper also im wahrsten Sinne des Wortes einen Kick. Flaut dieser wieder ab, kann das mit dem Runterkommen von Drogen verglichen werden: Man fühlt sich bisweilen schlechter als zuvor und wird infolge von Entzugserscheinungen wie Müdigkeit und Kopfschmerzen geplagt. Der Körper hat sich den Zuckerrausch aber gemerkt und fordert die Suchtstoffe ab diesem Zeitpunkt vermehrt ein: Genau dasselbe tun Nikotin, Alkohol – oder eben Kokain. Bei Untersuchungen an Ratten konnte bereits nachgewiesen werden, dass sie, bei dementsprechender Verfügbarkeit, Zucker Kokain vorzogen, und zwar in 94 Prozent der Fälle.

Die viel größeren gesundheitlichen Auswirkungen einer zuckerabhängigen Gesellschaft sind aber andere: Zucker, der nicht durch Bewegung verbrannt wird, wird im Körper als Fett gespeichert. Ein zu hoher Zuckerkonsum führe laut dem Mediziner Kurscheid demnach zu Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und einem hohen Cholesterinspiegel. Die Folgen dieser Krankheiten seien dann wiederum Herzinfarkte und Hirnschläge. Was sich Lebensmittelkonzerne also an Geld sparen, indem sie uns mit dem billigen Zucker vollstopfen, zahlen wir selbst durch das Gesundheitssystem, das von Krankheiten belastet wird, die absolut vermeidbar wären. Bereits jetzt sind laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 59 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen übergewichtig: „So dick war Deutschland noch nie“, resümierte sie in ihrem Ernährungsbericht aus dem Vorjahr.

Im Übrigen ist bei Zucker unerheblich, ob es sich um industriell gefertigten Zucker, Fruchtzucker, Milchzucker oder vermeintliche Zuckerersatzprodukte handelt, obwohl der Griff zu Obst dem zu Süßigkeiten mit verarbeitetem Zucker vorzuziehen ist. Auf diesem Weg bekommt der Körper zumindest auch Vitamine.

Auch wenn es schwierig ist, die langfristige Entwöhnung von Zucker kann genauso gelingen wie jene von anderen Suchtstoffen: Ist der Gewöhnungseffekt erst einmal verschwunden, schmecken viele sehr süße Produkte den Geschmacksnerven gar nicht mehr.

Netto zieht auch selbst Konsequenzen aus der Einsicht, wie schädlich Zucker für seine Kundschaft ist. Der Konzern wird den Zuckergehalt in 100 angebotenen Produkten reduzieren. „In den nächsten drei Jahren soll in relevanten Sortimenten wie Gebäck, Süßwaren und nichtalkoholischen Getränken der Anteil an Salz und Zucker um bis zu 25 Prozent gesenkt werden. Bewusste Ernährung spielt in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle und dabei will Netto seine Kunden unterstützen.“ 100 Produkte sind zwar nicht besonders viel, aber immerhin ein Anfang.

Netto reduziert den Zuckeranteil in 100 ausgewählten Produkten. (Bild: Netto)
Netto reduziert den Zuckeranteil in 100 ausgewählten Produkten. (Bild: Netto)