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Ich leide seit 2 Jahren an Long Covid – es hat mein Leben ruiniert

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Dieser Artikel basiert auf einem Gespräch mit Karyn Bishof, einer ehemaligen Feuerwehrsanitäterin. Seit März 2020 ist sie Long Covid-Patientin und macht als Aktivistin in Bota Raton, Florida, regelmäßig öffentlich auf die Bedürfnisse der Erkrankten aufmerksam.

Ich infizierte mich am 15. März 2020 während meiner Arbeit als Feuerwehrsanitäterin mit Covid-19. Den Job habe ich kurz danach verloren. Von da an hat sich mein Gesundheitszustand weiter verschlimmert. Ich kann nun seit fast zwei Jahren nicht mehr arbeiten.

Ich verbringe etwa 85 Prozent meiner Zeit im Bett. Das Einzige, wozu ich mich jeden Tag bringen kann, ist es, meinen Sohn zum Fußballtraining zu bringen. So bewahre ich ihm noch ein Stückchen Normalität. Schlaflosigkeit, Übelkeit, Hitzeintoleranz, Hautausschläge, Schwindel, Erbrechen, Tachykardie, Tinnitus, Brustschmerzen, chronischen Schmerzen und Steifheit, starke, lähmende Müdigkeit, Lichtempfindlichkeit, Nahrungsmittelunverträglichkeit, Husten und viele weitere Symptome machen mir im Alltag das Leben schwer.

Jeden Morgen wache ich mit starken Schmerzen auf. Seit dem ersten Tag meiner Infektion habe ich jeden einzelnen Tag Kopfschmerzen. Selbst im Schlaf lassen mich die schlimmsten Momente meines Lebens nicht in Ruhe, was einer der Gründe ist, warum ich kaum schlafe.

Als alleinerziehende Mutter war das Leben schon die zehn Jahre vorher hart genug. Lebensmittelmarken und „Medicaid“ (US-Gesundheitsfürsorgeprogramm für Personenkreise mit geringem Einkommen), waren für uns ein Dauerzustand. Eine Zeit lang arbeitete ich als Sportlehrerin, Sportdirektorin und Trainerin. Da verdiente ich zwischen 40.000 und 52.000 US-Dollar – etwa 35.000 bis 45.000 Euro – im Jahr.

Im Jahr 2016 fing ich endlich eine Ausbildung zur Feuerwehrsanitäterin an – ein lang erträumtes Lebensziel. Es war die Hölle, die Ausbildung zu absolvieren und gleichzeitig in Vollzeit zu arbeiten. Aber das war es wert: Etwa ein Jahr nach Abschluss wurde ich offiziell als Feuerwehrsanitäterin eingestellt.

Das war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, alles würde gut werden. Endlich kann ich für uns sorgen, dachte ich. Endlich muss ich mir nicht mehr den Kopf zerbrechen. Ich kann Geld für das College meines Sohnes zurücklegen. Alles wird gut.

Dann bekam ich Covid-19.

Es droht ein generationsübergreifender Kreislauf der Armut

Vor Covid hatte ich um die 4.000 Dollar (etwa 3.500 Euro) Ausgaben pro Monat. Jetzt, mit den Kosten für Medikamente und den vielen Fahrten zu Arztterminen, sind es rund 4.600 Dollar (etwa 4.000 Euro) pro Monat. Meine Versicherung deckt vieles ab, und mein Apotheker hilft mir, die Kosten für die Medikamente, die nicht inkludiert sind, so niedrig wie möglich zu halten. Medizinisches Marihuana ist neben den Ärzten und Spezialisten, die ich bar bezahle, der teuerste Kostenfaktor in meinem Leben. Während meines langwierigen Covid-Kampfs habe ich insgesamt schon 20 Fachärzte aufgesucht – neun davon sehe ich regelmäßig, drei davon bezahle ich bar oder aus eigener Tasche.

Ich denke, die finanziellen Probleme belasten Long Covid-Patienten ebenso wie die chronischen Schmerzen. Wir sprechen hier von Kindern, denen ein generationsübergreifender Kreislauf der Armut bevorsteht. Wir reden über unendlich viele medizinische Schulden. Am Anfang ging es bei meiner Interessensvertretungsarbeit für Long Covid in erster Linie darum, Daten zu sammeln: Wie viele von uns Langzeitpatienten gibt es? Wer kann uns helfen? Und: Wissen Leute überhaupt über uns Bescheid?

Die Antwort war nein. Aber wir organisierten uns Schritt für Schritt besser und im Endeffekt ist es uns gelungen, eine echte Community aufzubauen. Vor kurzem haben wir eine Facebook-Gruppe ins Leben gerufen, in der alle bedürftigen Long Covid-Patienten Spendenaufrufe posten können. Wir wollen die Seite zu einer zentralen Anlaufstelle machen für all diejenigen, die Hilfe brauchen, und für die Menschen, die bereit und in der Lage sind, ihnen zu helfen.

Als Nächstes treffen wir uns mit dem Kongress und dem Nationalen Gesundheitsinstitut (NIH) des Gesundheitsministeriums in den USA. Für diese Arbeit bekomme ich kein Geld – abgesehen von meinem Mitwirken bei der RECOVER-Initiative des NIH. Im Rahmen der Studie ermitteln wir die Prävalenz der Long Covid Fälle und der damit verbundenen Symptome und Diagnosen in den USA. Da verdiene ich 100 Dollar (etwa 88 Euro) pro Stunde, aber wir treffen uns nur gelegentlich.

Symptome werden oft nicht ernst genommen

Als ich noch gearbeitet habe, konnte ich anfangen, meine Schulden abzubezahlen und meine Kreditwürdigkeit zu verbessern. Jetzt habe ich nur noch Kreditkarten.

Die Zahlungen meiner Arbeitsunfallversicherung endeten am 31. Dezember 2020, nachdem ein Arzt mich mit der Begründung entlassen hatte, meine Symptome seien psychosomatisch. Ich habe auch kein Geld mehr aus dem Pandemie-Arbeitslosenhilfeprogramm erhalten. Ein Antrag auf Arbeitsunfähigkeit wurde indes abgelehnt. Sehr gerne wüsste ich, warum ich nicht als arbeitsunfähig gelten darf. Ich habe papierweise Unterlagen zu meinen Beschwerden, ich war bei jedem Spezialisten und habe auf jeden Test gedrängt. Schließlich haben die Behörden selbst angegeben, dass Long Covid als Behinderung eingestuft werden kann.

Wenn Menschen an die Corona-Pandemie denken, denken sie oft an Leben und Tod. Daran, dass ihre Lieblingsorte geschlossen sind, dass sie eine Maske tragen müssen, und daran, was aus den Schulen ihrer Kinder wird. Unsichtbar sind diejenigen, die nicht gestorben sind, die aber auch noch lange nicht überlebt haben. Es gibt ein „dazwischen“, der mitunter die größten Folgen der Pandemie mit sich zieht. Und es ist Long Covid. Wenn wir es versäumen, über die Langzeitfolgen aufzuklären und auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen, werden immer mehr Menschen arbeitslos werden und finanzielle Unterstützung brauchen. Die Folgen der Infektion werden sich noch jahrzehntelang auf unsere Gesundheit und die Wirtschaft auswirken.

Wenn wir nur nicht so hart kämpfen müssten, um zu beweisen, dass wir wirklich krank sind.

Dieser Artikel wurde von Lara Hansen aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.

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