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Lettischer EZB-Rat will Halbprozent-Schritt nicht ausschließen

(Bloomberg) -- Die Europäische Zentralbank sollte eine Anhebung der Zinsen um einen halben Prozentpunkt in Betracht ziehen, wenn die Inflationsaussichten dies rechtfertigen, sagte EZB-Ratsmitglied Martins Kazaks.

Eine Erhöhung um 50 Basispunkte sei “sicherlich eine Sache, die wir diskutieren könnten”, sagte Kazaks, der lettische Zentralbankchef, am Montag in einem Interview in Riga.

Kazaks ist nach dem Niederländer Klaas Knot und dem Österreicher Robert Holzmann das dritte EZB-Ratsmitglied, das eine Zinserhöhung um einen halben Basispunkt offen in Erwägung zieht. Dies entspräche dem Tempo der US-Notenbank, die Anfang des Monats eine Anhebung um 50 Basispunkte vorgenommen hat.

Laut ihrem französischen Amtskollegen Francois Villeroy de Galhau ist ein Schritt dieser Größenordnung “nicht Teil des Konsenses” im EZB-Rat, und EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte diese Woche, dass der Rat nichts überstürzen werde.

Kazaks erklärte, er schließe sich Lagardes Ansicht an, dass die Geldpolitik bis zum Ende des dritten Quartals wahrscheinlich aus dem negativen Bereich herauskommen werde, mit wahrscheinlichen Schritten um einen Viertelpunkt im Juli und September.

“Müssen wir den Schritt von 50 Basispunkten bereits im Juli machen - nun, wir können darüber diskutieren, aber ich denke, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein Schritt von 25 Basispunkten angemessen wäre”, sagte Kazaks. “Aber es ist natürlich noch etwas Zeit bis zu den Diskussionen und wir müssen noch die neue Prognose abwarten.“

Der EZB-Rat steht kurz vor der ersten Zinsanhebung seit mehr als zehn Jahren, um die Inflation in der Eurozone einzudämmen, die fast das Vierfache des Zielwerts beträgt. Der Einlagensatz liegt derzeit bei minus 0,5% und ist seit 2014 negativ.

Kazaks deutete an, dass er eine weitere Rücknahme der Konjunkturmaßnahmen im letzten Quartal des Jahres befürwortet, um den Zinssatz über Null zu bringen, und sagte: “Ich glaube nicht, dass Null eine magische Zahl ist, bei der wir stehen bleiben müssen.

“Ich bin für zwei aufeinanderfolgende Zinserhöhungen, eine im Juli, die andere im September”, sagte er. “Und dann sind wir offen für, sagen wir mal, eine weitere Erhöhung gegen Ende des Jahres. Alles ist datenabhängig.”

Vertreter der EZB haben wiederholt erklärt, dass die Normalisierung der Geldpolitik schrittweise erfolgen wird. Das bedeute aber nicht, dass sie “absichtlich langsam” sein werde, so Kazaks

“Es kann schnell gehen, wenn es nötig ist, die Schritte können groß sein, wenn es nötig ist”, sagte er. “Allmählich bedeutet nicht, dass wir absichtlich hinterherhinken.”

Die EZB-Entscheider bewegen sich auf einem schmalen Grat zu einer Zeit, in der die Eurozone von starkem wirtschaftlichen Gegenwind getroffen wird. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine heizt die Inflation durch höhere Preise für Energie und andere Rohstoffe an, bremst aber auch das Wachstum und erschüttert das Vertrauen.

Kazaks sagte, dass die Wirtschaft derzeit keine geldpolitische Unterstützung benötige, weshalb die EZB die Zinsen auf den natürlichen Zinssatz anheben sollte, der die Wirtschaftstätigkeit weder anregt noch bremst. In der Vergangenheit haben Experten diesen Wert für die Eurozone auf 1 bis 2% geschätzt.

Da die EZB weiter von diesem Niveau entfernt sei als die US-Notenbank und die Bank of England “können wir ganz resolut dabei sein, die Zinssätze zu erhöhen”, sagte Kazaks.

Überschrift des Artikels im Original:

ECB Shouldn’t Rule Out Half-Point Rate Hikes, Kazaks Says (1)

(Wiederholung vom Vortag)

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