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Make-up im Zug: Warum ist es auf einmal solch ein Ärgernis?

Pendler Make-up-Rituale sind für einige ein Grund zur Debatte. [Foto: Getty]
Pendler Make-up-Rituale sind für einige ein Grund zur Debatte. [Foto: Getty]

Wir kennen das doch alle: Man hat den größten Teil des Morgens damit verbracht, in ein Badetuch eingerollt auf dem Bett zu sitzen, und bevor man es merkt, ist es Zeit, aus der Tür zu rennen oder man läuft Gefahr, zu spät zur Arbeit zu kommen.

Für einige Frauen bedeutet das, dass sie ihre Make-up-Tasche packen und ein paar Mascara-Striche im Zug auftragen. Damit schadet man doch niemandem, oder?

Falsch. In der Tat stört die Vorstellung, dass Frauen sich im öffentlichen Verkehr schminken, einige Leute gewaltig.

Eine aktuelle Leserumfrage der BBC über Pendler-Etikette fand heraus, dass eine große Mehrheit der Pendler das Auftragen von Make-up im Zug als eines ihrer Haupt-Ärgernisse bezeichnete.

Ein 60-jähriger männlicher Leser schrieb: “Warum können sie nicht 10 Minuten früher aufstehen und [ihr Make-up] zu Hause machen? Es ist ganz schon provokant, wenn Frauen auf ihre zweifelhaften ‘Rechte’ in dieser Angelegenheit bestehen.”

Ein anderer Leser, 59, sagte, er sei so angewidert von dem Anblick, dass er sich gezwungen sah, den Waggon zu wechseln.

“Ich denke, ein- oder zweimal habe ich die Person nur angestarrt und gedacht, dass sie es so vielleicht irgendwann merken und es ihr peinlich würde. Das ist nie passiert”, sagte er der BBC.

“Es ist etwas für die privaten Räume einer Person – das Schlafzimmer oder Badezimmer. Ich finde es sehr unangenehm, mich in einem Zug zu befinden und plötzlich in das Badezimmer der Person transportiert zu werden.”

Als regelmäßiger Zeuge der Schminkaktionen in der U-Bahn und sogar selbst der Mascara-Arbeit im Zug schuldig, da an manchen Tagen das Bett einfach zu bequem ist, schockierte mich dieser offensichtliche Hass gegenüber der Zuggewohnheiten mancher Frauen.

Was denken Sie über Frauen, die sich im Zug schminken? [Foto: Getty]
Was denken Sie über Frauen, die sich im Zug schminken? [Foto: Getty]

Persönlich bin ich der Meinung, dass etwas Pendler-Glam nicht so falsch ist. Natürlich behaupte ich nicht, dass das Einrichten einer kompletten Make-up-Station im Zug in Ordnung ist, aber wenn die kleinen Auffrischungen nicht den persönlichen Bereich anderer Pendler einnehmen, wo ist das Problem?

Einige argumentieren, dass das Bemalen des Gesichts in öffentlichen Verkehrsmitteln dasselbe ist, als wenn man das Haus halb angezogen verlässt und den Rest der Knöpfe schließt, während man kauend die Victoria-Linie heruntergeht. Aber natürlich ist das albern: Make-up aufzutragen oder nicht ist eine persönliche Entscheidung, und ohne Make-up ins Büro zu kommen, wird niemandem ein Disziplinarverfahren einbringen.

Dieses Thema wurde letztes Jahr aufgebauscht, als ein Mann einer Frau sagte, sie solle aufhören, ihr Make-up in der U-Bahn aufzutragen. Dabei wurde mitgehört, wie er sagte: “Tu das nicht, es ist vulgär.”

Der Mann bekam den Zorn der ganzen weiblichen Bevölkerung des Waggons zu spüren, als in einem unglaublichen Akt schwesterlicher Solidarität jede Frau im Waggon anfing, ihr Make-up aufzutragen.

Die Moral der Geschichte? Niemand sollte das Recht haben, irgendjemandem zu sagen, wie er seine Pendelfahrt verbringen soll, solange es nicht den persönlichen Raum oder die Privatsphäre eines Anderen verletzt.

Sie wollen zwischen King’s Cross und Waterloo Schach spielen? Tun Sie es. Lust auf Stricken auf der Southern Rail? Liegt ganz bei Ihnen.

Make-up in der U-Bahn? Wenn es Ihnen nicht gefällt, stecken Sie Ihre Nase wieder in Ihre Zeitung.

Ciara Sheppard