Mating Gap: Müssen gebildete Frauen bei der Partnerwahl Kompromisse eingehen?
Die Single-Frauen in meinem Freundeskreis sind schön und erfolgreich. Sie haben einen Uni-Abschluss, einen super Job und sprechen mehrere Sprachen. Sie wissen, was sie wollen und machen keine Kompromisse – nicht beim Gehalt und auch nicht ihren Partner*innen.
Das ist einer der Gründe, warum sie mit Anfang 30 den Menschen noch nicht gefunden haben, der zu ihnen passt. Vor allem heterosexuelle Frauen stehen vor einem großen Problem: Es gibt einfach nicht genug gebildete Männer.
So entsteht die Paarungskluft
Eigentlich ist es ein Grund zur Freude: Das Bildungsniveau von Frauen auf der ganzen Welt steigt. Während es früher vor allem die Männer waren, die eine akademische Karriere verfolgten, sind Frauen mittlerweile an ihnen vorbeigezogen. Laut Studien gibt es in Amerika unter den 22- bis 39-Jährigen fast drei Millionen mehr Frauen mit Uni-Abschluss als Männer.
In anderen Ländern ist der Unterschied noch krasser: In Norwegen haben rund 47 Prozent der Männer einen Hochschulabschluss, jedoch 66 Prozent der Frauen. In Island sind es sogar 29 und 55 Prozent und in der Slowakei haben fast doppelt so viele Frauen wie Männer einen Hochschulabschluss.
Auch in Deutschland lässt sich dieser Trend beobachten, dass mehr Frauen als Männer studieren. So betrug im Wintersemester 2023/2024 laut Statistischem Bundesamt der Frauenanteil unter den Studierenden an den Hochschulen rund 50,9 Prozent.
Wenn aber mehr Frauen als Männer studieren, liegt es nahe, dass heterosexuellen Frauen zukünftig Partner mit einem ähnlichen Bildungsniveau fehlen könnten. Das Phänomen hat mittlerweile sogar einen Namen: „Mating Gap“ (zu Deutsch: Paarungskluft). Expert*innen vermuten, dass diese Kluft in den nächsten Jahren wachsen wird. Prognosen zufolge werden in Amerika auf jeden Mann mit Hochschulabschluss zwei Frauen mit Hochschulabschluss kommen. Das heißt, eine von ihnen geht leer aus.
Warten auf den Richtigen
Es gibt jetzt sogar eine Studie, die dieses Phänomen bestätigt: Die US-Anthropologin Marcia C. Inhorn von der Yale University wollte eigentlich herausfinden, aus welchen Gründen Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen. Bisher war man davon ausgegangen, dass Frauen damit ihre Fruchtbarkeit verlängern wollen, damit sie sich erstmal in Ruhe ihrer Karriere widmen können. Nachdem Inhorn 150 US-Amerikanerinnen interviewt hatte, darunter hauptsächlich gebildete Frauen mit einem guten Einkommen und einem gewissen Lebensstandard, kam sie aber zu einem anderen Ergebnis: Die meisten Frauen entschieden sich für diesen Schritt, weil sie noch keinen Mann gefunden hatten, mit dem sie sich vorstellen konnten, eine Familie zu gründen.
Inhorn erklärte gegenüber dem „Standard“: Den Frauen gehe es nicht darum, ihr Leben perfekt zu planen, vielmehr würden sie die Technologie nutzen, weil ihr Liebesleben eben nicht nach Plan verlaufen ist.
Bildung ist nicht alles
Glaubt man all diesen Zahlen, werden heterosexuelle Frauen also bei der Partnerwahl Kompromisse eingehen müssen. Es ist absolut verständlich, dass man sich einen Partner auf Augenhöhe wünscht, mit dem man in Sachen Bildung auf einer Stufe steht. Doch dieser Wunsch wird sich nicht für jede erfüllen können.
Vielleicht müssen wir uns deshalb etwas von dem Gedanken lösen, die Intelligenz und den Erfolg eines Menschen allein an seinen Uni-Abschlüssen zu messen. Genauso müssen sich einige Heteromänner mit dem Gedanken anfreunden, dass ihre Frau ein höheres Bildungsniveau und vielleicht auch Einkommen hat als sie selbst. Am Ende entscheidet ohnehin etwas anderes darüber, ob zwei Menschen zusammenpassen: ähnliche Werte, Interessen und Eigenschaften wie Loyalität und Humor.