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Menschen, die uns inspirieren: Wie Jonas für Toleranz für Transsexuelle wirbt

Neue Tattoos und die Haare sind ab – Jonas hat sich in den vergangenen Monaten auch optisch verändert. (Bild: privat)
Neue Tattoos und die Haare sind ab – Jonas hat sich in den vergangenen Monaten auch optisch verändert. (Bild: privat)

Er ist erst 18 Jahre alt, mit seinem Mut und seiner Offenheit bewegt er aber Menschen jeder Generation: Jonas ist transsexuell und erzählt auf seinem YouTube-Kanal von seinem Wunsch, endlich im richtigen Körper zu leben. Warum er seine Geschichte öffentlich macht und wie das Netz reagiert – Yahoo Deutschland hat exklusiv mit ihm gesprochen.

Lange Haare, feminine, schlanke Figur, kein Make-up – ein hübscher junger Teenager, der entspannt in die Kamera schaut. Jonas, der damals noch Madlene hieß, ist der beste Beweis dafür, dass Vorstellungen von Attraktivität, Geschlechterrollen und Selbstzufriedenheit vollkommen hinfällig sind, wenn Körper und Gefühl nicht zusammenpassen.

Jonas vor rund einem Jahr – damals lebte er noch mit seinem Geburtsnamen Madlene. (Bild: privat)
Jonas vor rund einem Jahr – damals lebte er noch mit seinem Geburtsnamen Madlene. (Bild: privat)

Jonas wurde als Mädchen geboren – wirklich wohlgefühlt hat er sich aber nie. Heute weiß der in Stuttgart lebende Teenager, dass seine Transsexualität der Grund für die permanenten Fragen und Zweifel waren. Doch bis er seinen Namen und sein Aussehen veränderte und sich entschied, künftig als Mann zu leben, dauerte es noch ein paar Jahre.

Rückblickend gab es schon früh die ersten Anzeichen: „Ich bin sehr offen erzogen worden und meine Mutter hat mich das ausleben lassen, was ich gerne gemacht habe. Ich wollte zum Beispiel immer als Pirat verkleidet sein und nicht in ein Prinzessinnenkostüm gesteckt werden. Ich fand es toll, mir einen Bart aufzumalen. Als ich zehn Jahre alt war, habe ich gerne Kurzhaarperücken getragen. Und mich damit superwohl gefühlt“, sagt Jonas.

Das Thema Transsexualität kam aber erst Jahre später auf. Davor stand die Erkenntnis: „Ich stehe auf Frauen.“ Auch dieses erste Outing fiel Jonas relativ leicht, da er auf den Rückhalt seiner Familie bauen konnte. Die erste Freundin, die ersten Erfahrungen – ein paar Jahre lang lebte Jonas unter dem Namen Madlene selbstbewusst das Leben einer lesbischen jungen Frau.

Im September 2015 folgte das erste Video für Youtube mit dem Thema „Mein Coming-out“, das mittlerweile über 156.000 Aufrufe hat. Die ersten Gehversuche als Vloggerin Madlene wirkten noch ein wenig schüchtern, doch die Botschaft war klar: „Ich möchte die Leute mit meinen Videos unterhalten und ihnen vor allem Mut machen, zu sich selbst zu stehen. Vor allem junge Menschen sollen wissen, dass es nicht schlimm ist, wenn man zum Beispiel das gleiche Geschlecht liebt.“ Ängste, die eigene Sexualität, die erste Liebe, die Reaktionen des Umfelds – die Videos sind offene Bekenntnisse eines jungen Menschen auf dem Weg zu sich selbst.

Jonas hofft, mit seinen YouTube-Videos auch andere Transsexuelle zu ermutigen, zu ihrer Identität zu stehen. (Bild: privat)
Jonas hofft, mit seinen YouTube-Videos auch andere Transsexuelle zu ermutigen, zu ihrer Identität zu stehen. (Bild: privat)

Doch genau diese spezielle Form der Öffentlichkeit hat nicht nur die wachsende Zahl an Followern, sondern auch Jonas selbst positiv beeinflusst: „Anfangs ist es mir schwergefallen, über solche Sachen zu sprechen. Aber es hat mir damals auch bei meinem Outing geholfen, mir noch mal alles von der Seele reden zu können.“ Dass die Zuhörer dabei nicht direkt anwesend waren, sondern „nur“ an einem anderen Bildschirm, empfand er als hilfreich: „Heute kann ich aber immer offen über solche Themen sprechen.“

Deswegen war es klar, dass Jonas auch sein Outing als Transsexueller auf YouTube verkünden würde. Er hatte sich eine Weile zurückgezogen, war mit seiner Mutter bei verschiedenen Ärzten und Psychologen, bis er schließlich Gewissheit hatte und bereit war, auch seinen Followern davon zu berichten. Das war im Oktober 2016. Die Haare mittlerweile kurz, verkündete er ohne große Umschweife: „Ich bin ein Mann.“ Über 17.000 User haben sich dieses für Jonas entscheidende Video angeschaut. Neben der optischen Verwandlung scheint auch sein Selbstbewusstsein noch mal einen Schub bekommen zu haben – so sicher, wie Jonas in seinen Videos auftritt. Daran ändern auch negative Kommentare nichts: „Es gibt leider immer noch diejenigen, die Transsexualität nicht tolerieren. Aber dann denke ich mir: Diese Leute können es einfach nicht nachvollziehen, wie es ist, im falschen Körper geboren worden zu sein. Im Frauenkörper zu leben fühlt sich für mich an, als wäre ich in einem Käfig gefangen.“

Deswegen möchte Jonas nicht nur mit seiner Frisur und seiner Kleidung die Verwandlung vollziehen. Er hat regelmäßig Arzttermine, wird in Kürze mit einer Hormontherapie beginnen – dann folgen erste Vorgespräche zu Operationen, die für eine Geschlechtsangleichung nötig sind. Ein langer und auch belastender Weg, denn erst nach vielen psychologischen Tests, die unter anderem den Leidensdruck der Betroffenen belegen sollen, sind die Krankenkassen bereit, eine Geschlechtsangleichung zu bezahlen. „Ich werde diese Angleichung machen, sonst würde ich mich nicht komplett fühlen. Ich möchte alles haben, was ein biologisch geborener Mann auch hat.“

7200 Fans haben Jonas’ YouTube-Kanal mittlerweile abonniert, insgesamt verzeichnet er über 400.000 Aufrufe. Und diese Menschen unterstützt Jonas auch weiterhin mit direkten Kommentaren unter seinen Videos, mit manchen schreibt er mittlerweile auch privat. Außerdem hat er einen Onlineshop gestartet, auf dem er eigene Shirts verkauft. „Mein größter Wunsch für die Zukunft ist es, endlich glücklich in einem Männerkörper zu leben und eine Frau an meiner Seite zu haben, die mich so akzeptiert, wie ich bin.“