Merz offen für höheren Spitzensteuersatz und gleitenden Anstieg des Rentenalters

CDU-Chef Friedrich Merz hat sich offen für Vorschläge aus seiner Partei gezeigt, den Spitzensteuersatz zu erhöhen und einen gleitenden Anstieg des Rentenalters festzuschreiben. (Tobias SCHWARZ)
CDU-Chef Friedrich Merz hat sich offen für Vorschläge aus seiner Partei gezeigt, den Spitzensteuersatz zu erhöhen und einen gleitenden Anstieg des Rentenalters festzuschreiben. (Tobias SCHWARZ)

CDU-Chef Friedrich Merz hat sich offen dafür gezeigt, den Spitzensteuersatz zu erhöhen und einen gleitenden Anstieg des Rentenalters festzuschreiben. "Schon Leute, die nur ein bisschen mehr verdienen als der Durchschnitt, erfahren eine enorme Belastung durch Abgaben und Steuern." Beim Rentenalter warb er dafür, "die steigende Lebenserwartung in zusätzliche Arbeit und zusätzlichen Rentenbezug aufzuteilen". SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisierte die Rentendebatte, begrüßte aber den Vorstoß zum Spitzensteuersatz.

Merz sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zum Spitzensteuersatz: "Wir müssen die Belastungskurve abflachen, denn Leistung muss sich lohnen." Es sei nicht entscheidend, ob der Satz künftig bei 42 oder 45 Prozent liege. "Wichtig ist eine Entlastung der Mittelschicht."

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte sich bereits im Frühjahr dafür ausgesprochen, den Spitzensteuersatz von 42 Prozent anzuheben; dafür solle er aber erst ab einem höheren Einkommen greifen, um die Mittelschicht zu entlasten.

Kühnert sagte dem Berliner "Tagesspiegel", die SPD wolle die Einkommensteuer aufkommensneutral  reformieren. "Wir wollen 95 Prozent der Beschäftigten im Land entlasten und im Gegenzug den Spitzensteuersatz für die obersten fünf Prozent moderat erhöhen." Der Satz würde somit erst bei deutlich höheren Einkommen greifen. Während der Großen Koalition sei diese Reform wegen der Union nicht möglich gewesen, sagte er. Es bleibe abzuwarten, ob Merz "nun einen Kurswechsel durchsetzen kann".

Zur Rentendebatte sagte Merz, es solle nicht in die "alte Debatte" verfallen werden, "ob wir mit 67 oder 70 Jahren in Renten gehen sollen". Er fügte jedoch hinzu: "Besser wäre es, die steigende Lebenserwartung in zusätzliche Arbeit und zusätzlichen Rentenbezug aufzuteilen." Zuletzt war aus der CDU der Vorschlag gekommen, Nebenverdienste im Alter steuerfrei zu stellen.

Merz zeigte sich skeptisch, dass sich das Fachkräfteproblem in Deutschland vorrangig durch Einwanderung lösen lässt. "Die Infrastruktur dieses Landes - Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser - ist auf 80 bis 82 Millionen Einwohner ausgelegt", sagte er der Zeitung. "Wir haben heute schon 84 Millionen, und dann spricht die Vorsitzende des Sachverständigenrats von zusätzlich 1,5 Millionen pro Jahr", fügte er mit Blick auf die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hinzu.

Auf ihrer Vorstandsklausur hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Freitag zwar betont: "Ohne qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt werden wir unseren Fachkräftebedarf nicht lösen". Vorrangig will die Union aber das Arbeitskräftepotenzial durch steuerfreie Überstunden und Zuverdienst im Alter, durch bessere Kinderbetreuung sowie durch die Arbeitsmarktintegration der bereits im Land befindlichen Einwanderer erhöhen.

SPD-Generalsekretär Kühnert kritisierte den Rentenvorschlag von Merz scharf: "Die CDU kann es nicht lassen: Alle paar Wochen erklärt ein Christdemokrat den Deutschen, wir würden zu wenig arbeiten und sollten künftig mit 70 in Rente gehen - oder noch später." Die Vorschläge der Union seien für Arbeitnehmer vor allem eins: "Eine Rentenkürzung mit Ansage", sagte er dem "Tagesspiegel".

Mehr als die Hälfte der heutigen Beschäftigten rechne nicht damit, ihren aktuellen Job auch nur bis 67 ausüben zu können, unter Arbeitern seien es 90 Prozent. Für die meisten hieße eine Rente mit 70, dass ihnen "vor der Rente die Langzeitarbeitslosigkeit droht", sagte Kühnert.

cha/smb