Sie machen Millionen mit Pornofilmen und Erotikhörspielen

Maximilian Horwitz und Denise Kratzenberg wollen mehr Realität in Sexvideos abbilden.
Maximilian Horwitz und Denise Kratzenberg wollen mehr Realität in Sexvideos abbilden.

Immer mehr Frauen schauen Pornos. Waren 2017 nur 26 Prozent der Pornhub-Besucher weiblich, stieg der Anteil im vorigen Jahr auf 35 Prozent. Das Thema weibliche Sexualität nimmt einen größeren Stellenwert ein, das zeigt auch der Hype um Produzentinnen wie Erika Lust oder Erotikfilme wie „Sex/Life“ auf Netflix. Die Berlinerin Denise Kratzenberg hat diesen Trend erkannt und mit Maximilian Horwitz das Startup Cheex gegründet.

„Unsere Kernfrage war: Wie können Frauen sexuell befreiter sein“, so die 35-Jährige im Gespräch mit Gründerszene. Cheex ist 2020 daher mit der Idee gestartet, authentische Pornos, Hörspiele und Workshops für Frauen zu veröffentlichen. Kratzenberg ist es wichtig, dass etwa auch mehrgewichtige Schauspielerinnen gezeigt und die dargestellten Frauen nicht vom Protagonisten unterdrückt werden. Die Clips sollen ein realistisches Bild schaffen, von dem sich die Zuschauerinnen und Zuhörerinnen angesprochen fühlen. Keine verwackelten Handkameras, sondern gute Qualität, immer länger als zehn Minuten und mit Storyline. In den Live-Workshops erklären Experten, wie man sich im Swinger Club verhält oder Analsex hat.

Umsatz im siebenstelligen Bereich

Die Beiträge werden von externen Teams produziert, teilweise exklusiv für Cheex. Das Startup lege dabei großen Wert auf eine faire Arbeitsweise: die Darsteller seien volljährig und getestet, würden von Cheex statt einer Agentur bezahlt und der Sex finde einvernehmlich statt. Wie viel Kratzenberg und Horwitz eine Produktion kostet, verraten sie nicht. Anfang diesen Jahres will das Unternehmen den ersten eigenen Dreh abschließen.

Für die Inhalte zahlen die Nutzer eine monatliche Gebühr. Zwischen 9,90 Euro und 14,90 Euro kostet das Abo. Derzeit zählt das Portal laut Kratzenberg 100.000 aktive Abonnenten. Anfangs seien diese noch zu 80 Prozent weiblich gewesen. Mittlerweile habe Cheex mehr Männer angezogen. Der Großteil der Abonnenten konsumiere Videos, Hörspiele und Live-Workshops werden seltener abgerufen. „Die Menschen bleiben sehr lange bei uns“, sagt Kratzenberg mit Blick auf die Abolaufzeit. Konkreter wird sie jedoch nicht. Nur so viel: Der Umsatz habe im vergangenen Jahr im siebenstelligen Bereich gelegen.

"VCs dürfen oftmals nicht in Porno investieren"

Um das Wachstum und Marketing voranzubringen, hat Cheex im April ein Seed-Investment im siebenstelligen Euro-Bereich abgeschlossen. Das Kapital kam von zahlreichen Business Angels, darunter Claire Davidson, Erfinderin des Möbelshops Urbanara, Wefox-Mitgründer Fabian Wesemann und Audibene-Chef Marco Vietor. „VCs haben oftmals Statuten, dass sie nicht in Porno investieren dürfen“, so Kratzenberg. Daher setze Cheex bei der Finanzierung erst einmal auf Privatinvestoren, die keinen Richtlinien folgen müssen. Allerdings limitiert das auch das Wachstum und die Höhe der Anschlussrunden, da Business Angels in der Regel weniger Geld zur Verfügung haben als finanzkräftige Fonds.

Und noch ein Hindernis hemmt das Wachstum: das Werbeverbot für pornografische Inhalte. „Wir haben uns relativ früh vom klassischen Marketingmix verabschiedet“, sagt die Cheex-Gründerin. Anzeigen in den sozialen Medien und auf Webseiten sind per Gesetz untersagt. Also arbeite das Berliner Startup mit Influencern zusammen, aus der Queer-Community, mit Paaren und Künstlerinnen. Obendrein kooperiere Cheex mit Verlagen, um Flyer in Magazinen auszulegen.

Denise Kratzenberg startete ihre Karriere als City Managerin beim Essenslieferdienst Foodora, übernahm später die Verantwortung für mehrere Bundesländer. Als die Konzernmutter Delivery Hero an die Börse ging, stieg die Berlinerin aus. Sie wurde Deutschlandchefin des Blumenabo-Dienstes Bloomon, danach COO beim Catering-Startup Meinwunschcatering. Ihr Mitgründer Horwitz, mit dem sie seit mehreren Jahren befreundet ist, war bei Rocket Internet und baute 2012 das Shoppingportal Lazada in Bangkok mit auf. Danach war er Manager bei der Wirtschaftsauskunft Creditsafe. Heute führen sie ihr eigenes Unternehmen und 20 Angestellte.

Der Markt rund um Sexual Wellbeing wächst. Bis 2026 soll der Bereich weltweit mehr als 100 Milliarden Euro groß sein. Sextoys, wie Amorelie sie verkauft, Reizwäsche, Menstruationsbecher und eben auch Online-Portale. In dem Segment bewegen sich auch deutsche Startups wie Femtasy, das Erotik-Hörspiele für Frauen anbietet. Oder Beducated. Dahinter verbirgt sich ein Münchner Paar, das sein Geld mit Video-Workshops für BDSM und Masturbation verdient. Sie haben vor allem von den Lockdowns in der Corona-Pandemie profitiert.