Missbrauch und Mobbing an der Tagesordnung: Sex-Skandal bei Victoria's Secret aufgedeckt
Der Fall von Victoria’s Secret geht weiter: Nach jahrelanger Kritik an Konzept und Körperbild des Dessous-Unternehmens bringt die “New York Times” nun erschütternde Hintergründe über den Alltag hinter den Kulissen ans Licht.
“Engel in der Hölle” betitelt die “New York Times” ihre Reportage über eine jahrelange Kultur der Frauenfeindlichkeit und des Missbrauchs hinter den Kulissen von Victoria’s Secret. Und das Bild, das die Zeitung zeichnet, dürfte die Fantasiewelt der perfekten, geflügelten Models in sündhaft teuren Dessous endgültig zerstören.
Belästigung als Teil der Unternehmenskultur
Belästigungen, Mobbing und sexueller Druck von den Führungskräften seien bei Victoria’s Secret gang und gäbe gewesen, wie es in dem Bericht heißt. Vor allem dem ehemaligen Präsidenten und Marketing-Chef Ed Razek werden schwere Vorwürfe gemacht. Unter ihm sei sexuelle Belästigung zum Teil der Unternehmenskultur geworden.
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Führungskräften war es demnach erlaubt, die Models dazu aufzufordern, sich auf ihren Schoss zu setzen, ohne Bezahlung für Nacktfotos zu posieren und zu versuchen, sie zu küssen. In einem Fall soll Razek einem Model unmittelbar vor der berühmten Victoria’s Secret Show ohne ihre Erlaubnis in den Schritt gegriffen haben.
Welche Rolle spielte Jeffrey Epstein?
Auch der wegen systematischem Missbrauch angeklagte Jeffrey Epstein, der in Haft mutmaßlich Suizid begangen hat, wird mit den Vorwürfen in Verbindung gebracht. Der Investmentbanker habe jahrelang die Finanzen von Leslie Wexner geregelt, dem Chef von Victoria’s-Secret-Mutterkonzern L Brands. Epstein habe sich selbst mitunter als Model-Scout ausgegeben, um junge Frauen in seinen illegalen Sex-Ring zu locken.
Der Reportage zufolge sei Wexner wiederholt von den Vorgängen in dem Unternehmen informiert worden, sowohl von Managern als auch von Models. Konsequenzen habe es bei Beschwerden aber höchstens für diejenigen gegeben, die diese hervorgebracht hatten.
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“Dieser Missbrauch wurde einfach belächelt und als normal akzeptiert”, sagte Casey Crowe Taylor, eine ehemalige PR-Managerin des Unternehmens, der “New York Times”. “Es war beinahe wie Gehirnwäsche. Und jeder, der etwas dagegen unternehmen wollte, wurde nicht einfach ignoriert, sondern bestraft.”
Der tiefe Fall von Victoria’s Secret
Ein Dementi gibt es seitens Victoria’s Secret oder L Brands indes nicht. Eine Sprecherin teilte auf Nachfrage der Zeitung lediglich mit, dass man sich mit der Unternehmensführung und der Einhaltung von Vorschriften “intensiv befasse” und “erhebliche Fortschritte” gemacht habe. “Wir bedauern jeden Vorfall, bei dem diese Ziele nicht erreicht wurden und sind darauf bedacht, uns weiterhin zu bessern und volle Verantwortung zu zeigen”, heißt es in dem Statement weiter.
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Schon seit einiger Zeit geriet das einst so glanzvolle Image des Dessous-Herstellers ins Wanken. War die jährliche Modenschau einst ein Highlight der Fashion-Welt und die Teilnahme daran ein Ritterschlag für jedes Model, wurde sie zuletzt als nicht mehr zeitgemäßer Bote eines ungesund perfektionistischen Körperbildes verschrien.
Raznek selbst hatte nach lauter werdender Kritik einmal beteuert, niemals Plus-Size- oder Trans-Models auf seinen Laufsteg zu schicken - diese würden einfach nicht zu der “Victoria’s-Secret-Fantasie” passen. Der Aufschrei nach diesen Aussagen war so groß, dass er das Unternehmen kurze Zeit später verließ. Im vergangenen Winter wurde die Modenschau von Victoria’s Secret schließlich abgesagt. In ihrer bisherigen Form wird sie womöglich nicht mehr stattfinden.