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Moskau: Ukraine hat hohe Verluste - UN mit Liste zu Kriegsgräueln

Die militärische Lage im Osten der Ukraine bleibt unübersichtlich. Die Verteidiger scheinen trotz hoher Verluste kaum zu weichen. Die Vereinten Nationen erheben schwere Vorwürfe gegen Russland.

Russische Soldaten gehen durch einen zerstörten Bereich des Iljitsch Eisen- und Stahlwerks in Mariupol (Bild: Uncredited/AP/dpa)
Russische Soldaten gehen durch einen zerstörten Bereich des Iljitsch Eisen- und Stahlwerks in Mariupol (Bild: Uncredited/AP/dpa)

Im Ukraine-Krieg erleiden die Verteidiger nach russischer Darstellung weiter erhebliche Verluste. Bei Kämpfen an einer Ölraffinerie im Süden der Stadt Lyssytschansk in der Ostukraine seien viele Soldaten regierungstreuer Truppen getötet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch mit. Von den 350 Mann einer Gebirgsjägerbrigade seien lediglich noch 30 am Leben. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Zudem seien eine Ausbildungsbasis für ausländische Söldner in der Nähe der Stadt Mykolajiw im Süden sowie vier Kommandoposten zerstört worden, hieß es weiter.

UN wirft Russland völkerrechtswidrige Kriegsführung vor

Dem Verteidigungsministerium zufolge wurden außerdem bei Angriffen in der Nähe von Pytomnyk im Charkiwer Gebiet im Osten 100 ukrainische Kämpfer getötet und Militärtechnik vernichtet. Auch in anderen Gebieten seien Kämpfer auf der Seite der ukrainischen Armee getötet worden. Über größere Geländegewinne wurde nichts mitgeteilt.

Unterdessen warfen die Vereinten Nationen der russischen Armee eine völkerrechtswidrige Kriegsführung vor. Die ukrainischen Streitkräfte schienen das humanitäre Völkerrecht «in weitaus geringerem Umfang» gebrochen zu haben, sagte Matilda Bogner, Leiterin der UN-Menschenrechtskommission in der Ukraine, am Mittwoch in Kiew. Völkerrechtswidrig würden dicht besiedelte Gebiete mit schwerer Artillerie und Mehrfachraketenwerfern beschossen sowie durch Flugzeuge und Raketen aus der Luft angegriffen. «Dabei wurde auch mehrfach Streumunition eingesetzt», sagte Bogner.

Sie hob besonders den Angriff auf den Bahnhof im von der Ukraine kontrollierten Kramatorsk Anfang April mit 60 Toten und 111 Verletzten hervor. Sie verwies auch auf den Beschuss der von prorussischen Separatisten kontrollierten Großstadt Donezk Mitte März mit 15 Toten und 36 Verletzten mit Streumunition.

Extralegale Tötungen beunruhigen

Beunruhigend seien sogenannte extralegale Tötungen durch die russische Armee in mehr als 30 Orten in den Gebieten Kiew, Tschernihiw, Sumy und Charkiw im Februar und März, so Bogner. Allein in Butscha bei Kiew seien mindestens 50 Zivilisten rechtswidrig getötet worden. Zudem seien in 248 Fällen Behördenvertreter, Journalisten, Aktivisten und andere Zivilisten von den russischen Kräften willkürlich festgenommen worden oder verschwunden, sagte sie. Acht davon seien tot aufgefunden worden. Es seien auch zwölf Fälle von verschwundenen Menschen dokumentiert, die vorher ins Visier ukrainischer Sicherheitskräfte geraten waren.

Russland hatte die benachbarte Ukraine Ende Februar angegriffen. Die Vereinten Nationen haben bisher mehr als 4700 getötete Zivilisten erfasst, gehen aber von weitaus höheren zivilen Opferzahlen aus.

Cherson soll Referendum vorbereiten

Das von russischen Truppen besetzte Gebiet um die ukrainische Stadt Cherson bereitet laut der prorussischen Militärverwaltung bereits ein Referendum für einen Beitritt zu Russland vor. Das sagte der Vizechef der Militär- und Zivilverwaltung von Cherson, Kirill Stremoussow, in einem am Mittwoch beim Nachrichtendienst Telegram veröffentlichten Video. Cherson, dessen gewählter Bürgermeister von russischen Besatzungstruppen festgenommen worden war, solle «ein vollwertiges Mitglied» Russlands werden. Nach früheren Angaben sollte das Referendum im Herbst stattfinden.

Cherson: Ältere Anwohner sitzen neben einer Gruppe russischer Soldaten(Bild: -/AP/dpa)
Cherson: Ältere Anwohner sitzen neben einer Gruppe russischer Soldaten(Bild: -/AP/dpa)

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor vier Monaten gibt es immer wieder Berichte darüber, dass Moskau Referenden über einen Beitritt besetzter Gebiete an die Russische Föderation anstrebt. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte kürzlich gesagt, eine solche Entscheidung treffe nicht die russische Führung, sondern allein die Bevölkerung in den Regionen unter russischer Kontrolle.

Allerdings geht die ukrainische Regierung davon aus, dass solche angeblichen Volksabstimmungen nach dem Vorbild der annektierten Krim sowie der ostukrainischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk nur mit Zustimmung oder eher auf Anordnung Moskaus möglich sind.