Netflix-Tipp: Der Film „Joy“ erzählt die bewegende Geschichte des ersten IVF-Babys
Dank jahrelanger, oftmals sogar jahrzehntelanger Forschung und dem unermüdlichen Einsatz derer, die für ihre Projekte kämpfen, können wir heute Dinge tun und von gesundheitlichen Fortschritten der Medizin profitieren, die nicht immer schon selbstverständlich waren. Wir können heute von Forschung schöpfen, an der Beteiligte trotz aller Widerstände und Einschränkungen einst vehement festhielten, für sie unentwegt kämpften und mit ihrem Engagement den Weg für die Forschenden nach ihnen bedeutsam ebneten. Ein solches Beispiel ist die In-vitro-Fertilisation. Erst Ende der 70er-Jahre gelang es einem Forscherteam um die Embryologin Jean Purdy, den Physiologen Robert Edwards und den Gynäkologen Patrick Steptoe, das Rätsel um Unfruchtbarkeit zu entschlüsseln und mit ihrer Beharrlichkeit und hingebungsvollen Arbeit die Geburt des ersten Babys mithilfe von künstlicher Befruchtung zu ermöglichen. Der Film „Joy“ auf Netflix erzählt nun von dieser bewegenden und wahren Geschichte.
„Joy“ zeugt vom enormen Einsatz für die wegweisende Forschung bis hin zur In-vitro-Fertilisation
Laut Berechnungen des deutschen Ärzteblattes wurden seit 1997 fast 400.000 Kinder nach In-vitro-Fertilisationszyklen geboren. Für diesen bedeutenden Fortschritt der Medizin kämpfte ein Team aus drei Wissenschaftler*innen über eine Dekade lang: Der Netflix-Film „Joy“ erzählt nun die wahre Geschichte des englischen Trios aus Jean Purdy, Robert Edwards (der 2010 für diese Errungenschaft den Nobelpreis für Medizin erhielt) und Patrick Steptoe. Sie entwickelten ab Ende der 60er-Jahre gemeinsam die Methode, bei der Eizellen nach der Entnahme außerhalb des Körpers mit einer Samenzelle befruchtet werden.
Der Physiologe Robert Edwards hatte bereits in den 50ern mit Samenzellen experimentiert. Der Gynäkologe Patrick Steptoe, mit dem sich Edwards für das Forschungsprojekt 1968 zusammenschloss, behandelte zu Beginn der 1960er Patientinnen, die aufgrund verschlossener Eileiter unfruchtbar waren. Er erlernte früh die damals noch neue und nicht wenig umstrittene Methode der Laparoskopie, mit der er Follikel der Eierstöcke punktierte, Eizellen entnahm und sie in-vitro befruchtete. Ihm gelang es jedoch nur, die befruchtet Eizellen außerhalb des Körpers für einige Tage am Leben zu halten. Nachdem er sich mit Edwards und der Forschungsassistentin Jean Purdy zusammengeschlossen hatte, gelang es dem Team nach jahrelanger Forschung schließlich, den optimalen Zeitpunkt zur Entnahme der Eizelle zu ermitteln und das Verfahren zu optimieren. Weil leitende Figuren der Gesundheitsinstitutionen einen öffentlichen Aufschrei fürchteten und keinen Bedarf in dem Projekt sahen, wurde ihnen eine finanzielle Förderung verweigert. Trotz dieser und vieler anderer Hürden fruchtete das Bestreben des Forschungsteams schließlich in einem wunderbaren Erfolg: 1978 wurde Louise Joy Brown geboren, die in die Geschichte als erstes In-vitro-Baby einging.
Der Film ist ein Beispiel für die Kontroversen, die innovative Forschung durchfährt
Dass ihre Forschungsarbeit kein leichtes Unterfangen war, macht der Film „Joy“ ersichtlich. Und zeigt, welche Rückschritte und persönlichen Eingeständnisse für die beteiligten Wissenschaftler*innen für diesen so bedeutsamen medizinischen Fortschritt nötig waren. Allen voran ist da die Geschichte von Jean Purdy, gespielt von Thomasin McKenzie. Die gelernte Krankenschwester und religiöse Christin muss nach ihrer Einstellung als Forschungsassistentin von Robert Edwards (James Norton) schnell feststellen, dass sie sich in eine für sie auch privat brenzlige Lage begibt: Ihre Mutter und Kirchengemeinde brechen den Kontakt ab, weil sie die In-vitro-Bemühungen als unchristlich und Eingriff in Gottes Werk deuten. Und auch die breite Öffentlichkeit hat eine ausgeprägte Meinung zum kontroversen Forschungsprojekt von Patrick Steptoe (gespielt von Bill Nighy) und seinen Kolleg*innen, womit Robert Edwards bei Fernsehauftritten auf unangenehme Weise konfrontiert wird. Trotz aller Hindernisse – und welche weiteren aufkommen, das wollen wir an dieser Stelle für die Spannung im Film nicht vorwegnehmen – gelingt dem Trio schließlich der Durchbruch.
Es ist ein berührender Moment, on wie off screen: Die Geburt von Louise „Joy“ Brown im Sommer 1978. Und das Ergebnis einer Dekade unermüdlicher Forschung. Wenngleich die In-vitro-Befruchtung bis heute Gegenstand kontroverser Debatten ist, so bringt es im Film die Oberschwester Muriel auf den Punkt: „We are here to give women choice – every choice“. Denn für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch ist die Errungenschaft von Joy Purdy, Robert Edwards und Patrick Steptoe (wie auch für das Trio selbst, so wird es im Film betont) weitaus mehr als ein Forschungsprojekt: Es ist eine Chance, das Leben unzähliger Paare weltweit nachhaltig zu verändern. Das bahnbrechende Engagement des Forschungsteams rund um Jean Purdy und Robert Edwards ist mit dem Film „Joy“ nun auf ewig festgehalten und zeigt, dass es sich lohnt, für Themen zu kämpfen, an die man aufrichtig glaubt.
Der Film „Joy“ ist bereits bei Netflix zum Streaming verfügbar.