Neue Studie: So verändert sich das Gehirn von Frauen in der Schwangerschaft
Es gibt zwei Phasen im Leben vieler Frauen, die die Macht haben, alles auf den Kopf zu stellen: der Übergang vom Mädchen zur Frau und die Verwandlung von der Frau zur Mutter. Kurz gesagt: Pubertät und Schwangerschaft. Beides sind wilde Zeiten voll von Hormon-Chaos, Umstellungen und Unsicherheiten.
Und die beiden Phasen haben tatsächlich noch mehr gemeinsam, als wir bisher wussten: Forschende haben jetzt herausgefunden, dass das Gehirn einer schwangeren Frau ähnliche Veränderungen durchläuft wie in der Pubertät.
Gehirn von Schwangeren schrumpft
Dass sich das Gehirn in der Schwangerschaft verändert, haben schon frühere Studien gezeigt. So haben Forschende der Universität in Barcelona vergangenes Jahr herausgefunden, dass das Gehirnvolumen bei einer schwangeren Frau abnimmt – man könnte also sagen, ihr Gehirn schrumpft.
In der neuen Studie hat eine Forschungsgruppe der Universität Kalifornien in Santa Barbara (USA) aber nicht nur eine Momentaufnahme des Gehirns untersucht, sondern die „erste Karte des menschlichen Gehirns im Verlauf der Schwangerschaft“ erstellt.
Dafür haben die Forschenden alle paar Wochen die Gehirne von Erstgebärenden aufwändig untersucht – kurz vor Beginn der Schwangerschaft bis zwei Jahre nach der Geburt. „Wir wollten den Verlauf der Gehirnveränderungen speziell innerhalb des Schwangerschaftszeitraums untersuchen“, sagt Laura Pritschet, Hauptautorin der Studie. Dank dieser Daten wissen wir jetzt genau, wie sich das Gehirn in der Schwangerschaft verändert: Der faltige, äußere Bereich des Gehirns wird kleiner. Gleichzeitig sorgen die Schwangerschaftshormone dafür, dass die kortikale graue Substanz abnimmt.
Bedürfnisse vom Baby besser erkennen
Ist das die Erklärung dafür, dass Schwangere oft so vergesslich sind? Vermutlich nicht. Denn das „geschrumpfte“ Gehirn einer Schwangeren ist nicht weniger leistungsfähig, es hat sich eher spezialisiert.
Da sind wir wieder bei der Pubertät: In dieser Zeit werden bei Jugendlichen Nervenverbindungen, die wenig genutzt und damit überflüssig werden, abgebaut. Häufig gebrauchte Nervenverbindungen werden dafür gestärkt. Das führt dazu, dass bestimmte Bereiche des Gehirns effizienter arbeiten.
Einen ähnlichen Effekt vermuten Expert*innen bei Schwangeren: Das Gehirn verändert sich so, dass Mütter die Bedürfnisse ihres Babys deutlicher erkennen könnten. Es ist eine Art „Feinabstimmung“ der Gehirnschaltkreise für die herausfordernde Aufgabe, ein kleines Wesen großzuziehen.
Wochenbettdepression früher erkennen
Und noch etwas hat das US-Forschungsteam herausgefunden: Während die graue Substanz im Gehirn einer Schwangeren abnimmt, nimmt die weiße Substanz zu. Diese weiße Substanz befindet sich tief in unserem Gehirn und ist für die Kommunikation zwischen den Gehirnregionen verantwortlich. Diesen Effekt stellten die Forschenden nur während der Schwangerschaft fest: Ihren Höchststand erreichte die weiße Substanz im vierten bis sechsten Schwangerschaftsmonat, bei der Geburt kehrte sie auf das Niveau von vor der Schwangerschaft zurück.
Was das zu bedeuten hat, konnten die Wissenschaftler*innen noch nicht mit Sicherheit sagen. Dieser Fakt könnte allerdings noch wichtig werden, denn vielleicht erklärt er, ob solche Gehirnveränderungen mit dem Risiko für eine postpartale Depression (auch postnatale Depression oder Wochenbettdepression genannt) zusammenhängen. „Eine Früherkennung ist nach wie vor schwer zu erreichen“, sagt Laura Pritschet. „Je mehr wir über das mütterliche Gehirn erfahren, desto größer ist die Chance, dass wir Abhilfe schaffen können.“