Plastik im Menschen – was macht das mit unserer Gesundheit?

Der moderne Mensch nimmt täglich Mikroplastik in seinen Organismus auf. (Symbolbild: Getty Images)
Der moderne Mensch nimmt täglich Mikroplastik in seinen Organismus auf. (Symbolbild: Getty Images)

Gesund und ausgewogen will sich der bewusste Mensch ernähren. Deswegen greift er zu Vollkorn, Bio und Naturkost. Doch nun konnten Forscher aus Österreich nachweisen, dass noch ein ganz anderer Lebensmittelfaktor unseren Organismus beeinflusst.

Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts hat die Produktion und Verwendung von Plastik exponentiell zugenommen und ist Teil des täglichen Lebens geworden. Kunststoff ist allgegenwärtig, er findet sich in Lebensmittelverpackungen, Getränkebehältern, Spielzeug, Autos und Kosmetika. Doch wie wirkt sich das alles eigentlich auf uns Menschen aus?

Durch den Verzehr von Meeresfrüchten oder in Plastik abgepackten Lebensmitteln, durch Trinkwasser und über die Luft können Menschen Plastikpartikel aufnehmen. Über die Wirkmechanismen weiß man bisher so gut wie nichts. Weder ist das Ausmaß der Exposition bekannt, noch eine mögliche toxische Wirkweise. Die Wissenschaft weiß bisher schlicht zu wenig, um eine vollständige Bewertung der Risiken für den Menschen vornehmen zu können.

Das könnte sich bald ändern: Zum ersten Mal konnten nun Wissenschaftler Mikroplastik in menschlichen Stuhlproben nachweisen. Forscher der Medizinischen Universität Wien und des österreichischen Umweltbundesamtes haben für die Pilotstudie acht Probanden untersucht. Die Teilnehmer waren zwischen 33 und 65 Jahre alt und leben in Finnland, Österreich, den Niederlanden, Italien, Großbritannien, Polen, Russland und Japan.

Mikroplastikteilchen in menschlichem Stuhl nachgewiesen

Eine Woche lang führten die Versuchspersonen ein Ernährungstagebuch. Sie mussten dabei Lebensmittel und Getränke verzehren, die in Plastik verpackt waren, und am Ende des Tests eine Stuhlprobe abgeben. Im Schnitt wurden 20 Mikroplastikteilchen pro zehn Gramm Stuhl nachgewiesen. Die Ergebnisse wurden auf dem UEG-Gastroenterologie-Kongress in Wien vorgestellt.

Viele Lebensmittel sind heutzutage ausschließlich in Plastikverpackungen erhältlich. (Symbolbild: Getty Images)
Viele Lebensmittel sind heutzutage ausschließlich in Plastikverpackungen erhältlich. (Symbolbild: Getty Images)

Von welchen Verpackungen die im Stuhl entdeckten Plastikteilchen stammen, wurde in der Studie nicht untersucht. Es ging nur darum, den Nachweis zu erbringen, dass sich Plastik im menschlichen Organismus nachweisen lässt. “In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen”, sagte Bettina Liebmann, die beim Umweltbundesamt für Mikroplastikanalysen zuständig ist.

Zusammenhänge mit Ernährungsverhalten noch unklar

Die am häufigsten gefundenen Kunststoffe waren PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat). Allerdings möchte der Erstautor der nun vorgestellten Studie, Philipp Schwabl von der Medizinischen Universität Wien, noch keine größeren Schlüsse ziehen: “Zusammenhänge zwischen Ernährungsverhalten und einer Belastung mit Mikroplastik können wir aufgrund der geringen Anzahl der Probanden und Probandinnen nicht sicher herstellen”, teilte der Forscher in einer Aussendung mit. Die tatsächlichen Auswirkungen der gefundenen Plastikpartikel auf den menschlichen Organismus könnten erst im Rahmen einer größeren Studie erforscht werden.

Zellschäden bei Meerestieren – aber auch beim Menschen?

Als Mikroplastik werden Teilchen eingestuft, die kleiner als fünf Millimeter sind. Da viele Lebensmittel und Getränke in Plastik verpackt sind und die Mikropartikel teilweise absorbieren, nimmt der Mensch beim Konsum solcher Produkte nicht unerhebliche Mengen der Plastikteilchen auf. Auch in kosmetischen Produkten kommt Mikroplastik als Zusatz vor.

Gesundheitlich kann sich dies negativ auf die Hormone, die Fruchtbarkeit und die Leber auswirken. Auch Zellschäden könnte Mikroplastik im Menschen anrichten. Bisher hat man dies jedoch nur bei Meerestieren nachweisen können. Dazu der Meeres-Chemiker Prof. Dr. Gerd Liebezeit: “Wir wissen, dass winzige Plastikteilchen bei Meerestieren zu Leber- und Zellschäden führen können. Im Wasser wirken sie wie kleine Gift-Transporter. Sie ziehen Schadstoffe an und geben sie – sobald sie von Organismen aufgenommen wurden – wieder ab. Ob so etwas beim Menschen auch geschieht, ist unerforscht”, sagte der Wissenschaftler gegenüber der “Bild”.

Erster Politiker reagiert auf die Wiener Studie

Mittlerweile hat sich mit Robert Habeck der erste Politiker zu der Studie geäußert. Der Bundeschef der Grünen fordert Konsequenzen: “Wir müssen jetzt radikal umsteuern und den Plastikkonsum massiv reduzieren”, sagte Habeck gegenüber den Zeitungen der Funke-Gruppe. Plastik sei in unsere gesamte Lebenswelt eingedrungen, so der Politiker. “Es ist eines der größten Umweltprobleme dieser Zeit.”