Prinz Harrys Doku-Serie über psychische Gesundheit: Die größten Enthüllungen

Anmerkung der Redaktion: Depressionen sind eine psychische Erkrankung, die mit professioneller Hilfe gelindert oder geheilt werden kann. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie etwa bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 – 1110111 und 0800 – 1110222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym und kostenlos.

Prinz Harrys mit Spannung erwartete Serie über mentale Gesundheit, die er zusammen mit Talkshow-Ikone Oprah Winfrey gedreht hat, ist jetzt veröffentlicht worden – und mit ihr eine ganze Reihe neuer Enthüllungen über den in den USA lebenden Royal.

Prinz Harry spricht in der Apple TV+ Doku-Serie The Me You Can't See offen mit Oprah Winfrey. Foto: Apple TV+.
Prinz Harry spricht in der Apple TV+ Doku-Serie The Me You Can't See offen mit Oprah Winfrey. Foto: Apple TV+.

Harry hat sich mit Oprah zusammengetan, um die fünfteilige Apple TV+ Serie The Me You Can't See (auf Deutsch: Das Ich, das du nicht siehst) zu kreieren und zu produzieren. Und der 36-Jährige verrät darin eine ganze Reihe an höchstpersönlichen Dingen über seine eigenen psychischen Probleme.

Prinz Harry, Lady Gaga und Co.: Psychotherapie vor laufenden Kameras

Vom Geständnis, dass er Drogen nehmen wollte, bis hin zu dem Streit, den er mit seiner damaligen Freundin Meghan Markle hatte und der ihn dazu veranlasste, sich in Therapie zu begeben – hier sind die Geständnisse des Prinzen.

„Ich wollte Drogen nehmen“

Prinz Harry beschrieb sein Leben zwischen 28 und 32 als „Albtraumzeit“. Damals kämpfte er mit den nie verheilten Wunden, die der schockierende Tod seiner Mutter, Prinzessin Diana, verursacht hatte.

Er gestand, dass er Alkohol trank und Drogen nahm, um seine „Panikattacken und schweren Angstzustände“ zu „überspielen“, die er in dieser Zeit hatte.

„Ich war bereit zu trinken. Ich war bereit, Drogen zu nehmen“, erzählte er Oprah.

„Ich war bereit, Dinge zu probieren, die meine Gefühle betäubten. Aber langsam wurde mir bewusst, okay, ich trinke zwar nicht Montag bis Freitag, aber ich trank wahrscheinlich die Menge einer ganzen Woche an einem einzigen Freitag- oder Samstagabend.“

„Und ich ertappte mich dabei, dass ich nicht trank, weil es mir Spaß machte, sondern weil ich versuchte, etwas zu überspielen.“

PrinzHarry, damals 20, wie er mit Freunden 2004 in Windsor, England, feiert. Foto: Getty Images.
PrinzHarry, damals 20, wie er mit Freunden 2004 in Windsor, England, feiert. Foto: Getty Images.

<

Ein „Streit“ mit Meghan Markle veranlasste ihn, eine Therapie zu beginnen

Ziemlich am Anfang der ersten Folge gesteht Prinz Harry, dass er vor vier Jahren mit einer Therapie begonnen hatte. Oprah war überrascht und merkte an, dies sei noch “nicht allzu lange her“.

„Vier Jahre Therapie für jemanden, der nie dachte, dass er sowas je brauchen oder sich in Therapie begeben würde, ist eine sehr, sehr lange Zeit“, antwortete Harry.

„Und das war auch nicht gerade in einem Umfeld, in dem man ermutigt wurde, darüber [über psychische Gesundheit] zu sprechen“, fügte er hinzu.

Später sprach Harry dann darüber, wie ein „Streit“ mit seiner damaligen Freundin Meghan Markle der Weckruf gewesen sei, den er gebraucht hatte, um sich helfen zu lassen.

„Ich ging zu Hausärzten. Ich sah Ärzte. Ich sah Therapeuten. Ich ging zu alternativen Therapeuten. Ich ging zu allen möglichen Leuten, aber es war das Treffen und Zusammensein mit Meghan“, erklärte er.

„Ich wusste, dass ich diese Frau verlieren würde, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen könnte, wenn ich keine Therapie machen und mir selbst helfen würde.“

„Als sie sagte: ‚Ich glaube, du musst mit jemandem sprechen‘, war dies eine Reaktion in einem Streit, den wir hatten. Ohne es zu wissen, wurde ich in diesem Streit wieder zu dem 12-jährigen Harry.“

Harry erinnert sich daran, wie sein Therapeut ihn in ihrer zweiten Sitzung darauf aufmerksam machte, dass er in sein jüngeres Ich zurückfiel, was ihn zunächst „etwas beschämt und defensiv“ fühlen ließ.

„Das war der Beginn eines Lernprozesses für mich. Mir wurde bewusst, dass ich in einer Blase innerhalb dieser Familie, innerhalb dieser Institution gelebt hatte und ich war sozusagen beinahe gefangen in einem Gedankenprozess oder einer Denkweise.“

Harry über die psychischen Probleme seiner Ehefrau Meghan

Im März hatten sich Harry und seine Frau Meghan für ein Enthüllungs-Interview mit Oprah zusammengesetzt. Darin sprach die Herzogin auch offen über ihre eigenen psychischen Probleme.

Meghan sagte, sie habe während der Schwangerschaft mit dem ersten Kind des Paares, Sohn Archie, Selbstmordgedanken gehabt und sich hilfesuchend an Palastmitarbeiter gewandt – jedoch ohne Erfolg.

Sie sprach darüber, wie sie zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung in der Royal Albert Hall ging, unmittelbar nachdem sie ihrem Ehemann von ihren Selbstmordgedanken erzählt hatte.

„Ich schäme mich ein wenig für die Art und Weise wie ich damit umgegangen bin …“, erzählte Harry Oprah.

„Als meine Frau und ich auf diesen Stühlen saßen und uns an den Händen hielten, in dem Moment, als die Lichter ausgingen, fing Meghan an zu weinen, sie tat mir leid, aber ich war auch sehr wütend auf mich selbst, dass wir in dieser Situation feststeckten.“

„Ich habe mich geschämt, dass es so schlimm geworden war. Ich habe mich geschämt, zu meiner Familie zu gehen, denn um ehrlich zu sein, wie viele andere Menschen in meinem Alter wahrscheinlich nachempfinden können, weiß ich, dass ich von meiner Familie nicht das bekommen hätte, was ich brauchte.“

Prinz Harry erinnerte sich daran, wie er am 7. März 2020 in der Royal Albert Hall die Hand seiner Ehefrau Meghan Markle „ergriff“. Foto: Getty Images.
Prinz Harry erinnerte sich daran, wie er am 7. März 2020 in der Royal Albert Hall die Hand seiner Ehefrau Meghan Markle „ergriff“. Foto: Getty Images.

<

Königsfamilie sagte Harry, er solle einfach „mitspielen“

Harry erzählte seiner Familie, dass er Hilfe brauchte doch Mitglieder der königlichen Familie sagten ihm, er solle ruhig bleiben und einfach weitermachen.

Es war der Mut seiner Mutter Diana, der ihn dazu ermutigte, sich vom „System zu befreien“.

„Gegen Ende 20 fing ich an, mir Fragen zu stellen wie: ‚Sollte ich wirklich hier sein?‘ und dann dachte ich plötzlich: ‚Du kannst dich nicht ewig davor verstecken.‘“

„Die Familienmitglieder sagten: ‚Spiel einfach mit und dein Leben wird einfacher‘, aber ich habe verdammt viel von meiner Mutter in mir.“

„Ich habe das Gefühl, dass ich außerhalb des Systems stehe, aber ich stecke immer noch darin fest. Der einzige Weg, sich zu befreien und auszubrechen, ist, die Wahrheit zu sagen.“

Charles' schockierender Rat an seine Söhne

Harry sprach über die fehlende Unterstützung seitens seiner Familie nach Dianas Tod 1997. Damals war er gerade einmal 12 und sein Bruder William war 15.

Er beschrieb den Gang hinter dem Sarg seiner Mutter zusammen mit Will und ihrem Vater, Prinz Charles, als eine „außerkörperliche Erfahrung“.

„Ich bin einfach nur mitgegangen und habe das getan, was von mir erwartet wurde, und habe ein Zehntel der Emotionen gezeigt, die alle anderen gezeigt haben“, sagte er.

Er erzählte Oprah, wie er mit dem Presseansturm nach ihrem Tod allein gelassen wurde und betonte, dass der Rat seines Vaters an seine Söhne war, sich mit dem „Leid“ abzufinden.

„Als ich jünger war, pflegte mein Vater zu mir zu sagen, sagte es zu uns beiden, zu William und mir: ‚Nun, es war für mich so, also wird es auch für euch so sein‘“ so Harry.

„Das macht keinen Sinn. Nur weil du gelitten hast, heißt das nicht, dass deine Kinder leiden müssen, ganz im Gegenteil - wenn du gelitten hast, dann tu alles, was du kannst, um sicherzustellen, dass du das, was du an negativen Erfahrungen hattest, für deine Kinder nicht so schlimm wird.“

Der ehemalige Ehemann von Diana Prinz Charles (rechts) und ihre beiden Söhne Harry (Mitte) und William (links) warten nach der Beerdigungszeremonie der Prinzessin von Wales am 06. September vor Westminster Abbey in London. WPA POOL / AFP PHOTO / AFP WPA POOL / JOEL ROBINE (Photo credit should read JOEL ROBINE/AFP via Getty Images)
Der ehemalige Ehemann von Diana Prinz Charles (rechts) und ihre beiden Söhne Harry (Mitte) und William (links) warten nach der Beerdigungszeremonie der Prinzessin von Wales am 06. September vor Westminster Abbey in London. WPA POOL / AFP PHOTO / AFP WPA POOL / JOEL ROBINE (Photo credit should read JOEL ROBINE/AFP via Getty Images)

Harry beschuldigt die Königsfamilie der „totalen Vernachlässigung“

Harry sprach auch die „totale Vernachlässigung“ seitens der Königsfamilie an, die ihn und Meghan letztendlich dazu veranlasste, als hochrangige Royals zurückzutreten und im Januar 2020 in die USA zu ziehen.

Seitdem sie 2016 ihre Beziehung öffentlich gemacht hatten, war das Paar in den sozialen Medien Belästigungen, Trollen und – in Meghans Fall – rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt. Harry beschrieb, was passierte, als er versuchte, dieses Thema bei der Firma anzusprechen.

„Jede einzelne Bitte, Aufforderung, Warnung, was auch immer es war, damit es aufhört, wurde mit totalem Schweigen oder totaler Vernachlässigung beantwortet", sagte er.

„Wir haben vier Jahre lang versucht, damit klarzukommen. Wir taten alles in unserer Macht stehende, um zu bleiben und unserer Rolle und unserem Job gerecht zu werden.“

PrinzHarry (abgebildet 2008 in Afghanistan) sagte, seine zehn Jahre bei der Armee sei ‚die glücklichste Zeit seines Lebens‘ gewesen. Foto: Getty Images.
PrinzHarry (abgebildet 2008 in Afghanistan) sagte, seine zehn Jahre bei der Armee sei ‚die glücklichste Zeit seines Lebens‘ gewesen. Foto: Getty Images.

Harry hatte in der Armee seine „glücklichste Zeit“

Mit Blick auf sein bisheriges Leben sagte Harry, die „glücklichste Zeit“ habe er gehabt, als er in der Armee war. Er war bis zum Rang eines Captains ausgestiegen und nahm an zwei Einsätzen in Afghanistan teil.

„Die glücklichste Zeit meines Lebens waren zweifelsohne die zehn Jahre bei der Armee“, sagte er.

Querelen im Königshaus: Prinz Harry erneut im Kreuzfeuer des britischen Boulevards

„Denn ich durfte die gleiche Uniform tragen wie alle anderen. Ich habe die gleiche Ausbildung gemacht wie alle anderen. Ich begann von ganz unten, wie alle anderen auch. Es gab keine Sonderbehandlung aufgrund meiner Person.“

„Das war das, wo ich mich am normalsten fühlte und tatsächlich fühlte ich mich in meinen jungen Jahren am wohlsten, wenn ich in Afghanistan war, weit weg von den Medien.“

Gillian Wolski

VIDEO: Prinz Harry: "Die BBC trägt eine Mitschuld am Tod meiner Mutter"