Putins Krieg wirft die russische Wirtschaft auf das Jahr 2018 zurück – aber Experten hätten einen stärkeren Rückgang erwartet

Der russische Präsident, Wladimir Putin. - Copyright: picture alliance/Associated Press/Alexey Maishev
Der russische Präsident, Wladimir Putin. - Copyright: picture alliance/Associated Press/Alexey Maishev

Der Krieg in der Ukraine hat die russische Wirtschaft auf das Jahr 2018 zurückgeworfen, so Bloomberg Economics.

Laut zwölf von Bloomberg befragten Analysten dürfte das russische BIP im zweiten Quartal 2022 um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken sein. Der Zeitraum von April bis Juni war das erste vollständige Quartal seit der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar. Die russische Zentralbank schätzt, dass die russische Wirtschaft im zweiten Quartal des Jahres um 4,3 Prozent geschrumpft ist.

Rückgang der Wirtschaft war weitaus geringer als erwartet

Die russische Wirtschaft habe wahrscheinlich "vier Jahre Wachstum hinter sich gelassen und ist im zweiten Quartal auf den Stand von 2018 zurückgekehrt", so Alexander Isakov, Wirtschaftsexperte für Russland bei Bloomberg Economics. Russlands Wirtschaft war 2018 rund 1,66 Billionen Dollar und 2021 etwa 1,78 Billionen Dollar wert, so Berechnungen der Weltbank.

Im ersten Quartal 2022 wuchs die russische Wirtschaft nach offiziellen Angaben um 3,5 Prozent.

Obwohl die russische Wirtschaft im zweiten Quartal unter Druck stand, war der Rückgang weitaus geringer als erwartet. Die von Bloomberg von März bis Juli befragten Analysten hatten mit einem Rückgang der russischen Wirtschaft um neun bis zehn Prozent gerechnet.

Russland produzierte im Juli mehr Öl als im Mai und Juni

Trotz der weitreichenden Sanktionen hat sich die russische Wirtschaft besser gehalten als erwartet - auch wenn ein Bericht der US-Universität Yale im vergangenen Monat dem Kreml vorwarf, sich die Daten herauszupicken, um die Aussichten des Landes positiv darzustellen.

Der Kreml habe jedoch versucht, die Auswirkungen der Handelsbeschränkungen mit Programmen abzufedern, die den Rubel stützen und Arbeitsplätze erhalten, so Analysten im Juni gegenüber Insider.

"Wir erwarten, dass sich der Rückgang im vierten Quartal verlangsamen wird, da die lockere Geldpolitik die Nachfrage stützt", so Isakov. Die Bank von Russland geht davon aus, dass das BIP des Landes im dritten Quartal um sieben Prozent schrumpfen wird.

Russlands wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit ist bisher auch darauf zurückzuführen, dass sich seine Energieexporte dank einer weltweiten Angebotsverknappung, die die Preise in die Höhe treibt, gut halten. Die Internationale Energieagentur (IEA) erklärte in einem Bericht vom Donnerstag, dass Russland in diesem Jahr immer noch weit mehr Öl produziert als erwartet. Tatsächlich produzierte Russland im Juli mehr Öl als im Mai und Juni, so die IEA.

Doch die Lage für Russland könnte in Zukunft sehr viel schwieriger werden

Der Kreml versucht, alternative Märkte für seine Energieprodukte zu finden, da seine traditionellen Abnehmer in der Europäischen Union ab Ende 2022 die Einfuhr von Rohöl verbieten werden. Der Block hat bereits die Kohleimporte des Landes verboten. Europäische Länder wie Deutschland und Italien arbeiten ebenfalls daran, sich vom russischen Erdgas zu lösen.

Dies bedeutet, dass die Lage für Russland in Zukunft sehr viel schwieriger werden könnte. Denn Energieabnehmer werden in Märkten wie Indien und China wahrscheinlich harte Schnäppchen machen, was sich auf die Einnahmen des Kremls auswirken wird, heißt es im Yale-Bericht.

Das EU-Embargo dürfte die russische Rohölproduktion bis 2023 um 20 Prozent sinken lassen, so die IEA in ihrem Bericht. Isakov von Bloomberg Economics sagte, er erwarte, dass die russische Wirtschaft aufgrund des Embargos bis 2023 um weitere zwei Prozentpunkte schrumpfen werde.

Dieser Text wurde von Leo Ginsburg aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.