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Riccardo Simonetti im Interview: „Das Publikum ist schon lange für Plus Size bereit, die Designer sind es nicht“

Wir haben Riccardo Simonetti auf den Plus Size Fashion Days zum Interview getroffen. (Bild: Getty Images)
Wir haben Riccardo Simonetti auf den Plus Size Fashion Days zum Interview getroffen. (Bild: Getty Images)

„Diversity“ lautete das Trendthema der Fashion Week. Auf den Laufstegen war von der Vielfalt zumindest in Sachen Konfektionsgrößen nichts zu sehen. Damit tun sich die Designer keinen Gefallen, meint einer der erfolgreichsten Influencer Deutschlands. Im Interview erzählt Riccardo Simonetti, warum er es so wichtig findet, der Plus Size-Branche endlich Gehör zu verschaffen.

Dass Models in Konfektionsgrößen von 32 bis 34 über den Laufsteg schreiten, ist völlig normal. Aber warum eigentlich? „60 Prozent der Deutschen trägt Konfektionsgröße 42 oder größer“, sagt Kurvenrausch-Gründerin Tanja Marfo. Die 38-Jährige veranstaltet regelmäßig „Plus Size Fashion Days“ und war mit ihrem Casting für Männer und Frauen fernab der Runway-Größen nun zum ersten Mal auch auf der Berlin Fashion Week vertreten.

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Unterstützung bekommt sie von einem, der sich in der Mode-Branche bestens auskennt: Riccardo Simonetti ist einer der bekanntesten Influencer Deutschlands. Im Interview spricht der 25-Jährige über den inspirierenden Vibe des Plus Size-Events und die Angst der Designer, mehr Realität auf den Laufstegen zu zeigen.

Yahoo Style: Wie ist es zu der Zusammenarbeit zwischen dir und Tanja Marfo gekommen?

Riccardo Simonetti: Jeder, der mir folgt, weiß, dass es meine tägliche Message ist, sich selbst zu lieben und seine eigenen Ideale zu entwickeln. Wenn man Einfluss auf viele junge Menschen hat, sollte man sie ermutigen, an ihre Individualität zu glauben. Das passt sehr gut zu dem, was Tanja auf den „Plus Size Fashion Days“ repräsentiert. Ich hoffe, dass ich damit ein bisschen Aufmerksamkeit in eine Welt bringen kann, die es meiner Meinung nach verdient hat.

Du hast die Castings als Moderator begleitet, wie hast du die Stimmung wahrgenommen und was hat dich besonders beeindruckt?

Hier waren viele Frauen beim Casting, die gezeigt haben: Ich mache das zum ersten Mal, ich bin ein normales Mädchen, ich bin mutig und schaffe es, zu lächeln und mich vor Menschen zu stellen, die mich nicht kennen und über meine Unsicherheiten zu sprechen. Der ganze Vibe ist unglaublich inspirierend und ich freue mich sehr, ein Teil davon sein zu können.

Warum war es so wichtig, die „Plus Size Fashion Days“ während der Fashion Week auszurichten?

Es ist ein schönes Symbol und zeigt, dass Plus Size genauso zur Fashion Week gehört wie reguläre Fashion auch.

Wird sich dadurch auf dem Runway etwas ändern?

Nein, das glaube ich nicht. Ich fände es aber toll, wenn sich das mehr mischen würde und es nicht mehr nötig wäre, Plus Size zu trennen. Labels sollten versuchen, ein anderes Ideal zu vermitteln. Die Modewelt von morgen muss sich schließlich mehr am Verbraucher orientieren. Früher wurde ein Kleid vorgegeben und die Leute mussten damit leben.

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Heute hat jeder die Chance, ins Internet zu gehen, einen Kommentar abzugeben und dadurch eine ganze Lawine loszutreten. Deshalb muss sich die Branche auf die Bedürfnisse der Kunden und weniger auf die eigenen Ideale konzentrieren.

Was sagst du dazu, dass Models mit einer Konfektionsgröße von 38 auf dem Laufsteg schon als Plus Size gelten?

In der Modewelt gibt es ganz andere Maßstabe. Für die Frauen da draußen ist es aber natürlich ein Schock, wenn jemand mit der Konfektionsgröße 38 als Plus Size beschrieben wird. Für eine normale Frau ist das doch unglaublich schlank. Auf dem Runway sind aber Größen von 32 bis maximal 34 Standard. Plus Size ist also nichts Beleidigendes, es heißt einfach nur, dass man eine größere Größe hat. Deswegen sollen die Leute sich dadurch nicht angegriffen fühlen. Bei den Plus Size Fashion Days werden Models mit 38 nicht als Plus Size-Models gesehen, hier geht es um Größen, die man sonst auf dem Laufsteg gar nicht sieht. Hier wird eine Zielgruppe angesprochen, der sonst kein Gehör geschenkt wird.

Wäre es nicht toll, mit dem unrealistischen Schönheitsideal auf dem Laufsteg zu brechen?

Absolut. Auf der Dessous-Show von Lascana beispielsweise sind auch nur sehr dünne Models gelaufen. Das Curvy-Model Angelina Kirsch, das so einen tollen Körper hat und sehr erfolgreich ist, saß hingegen im Publikum. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn sie mitgelaufen wäre. Das ist es doch, was Frauen sehen wollen und es ist wichtig, dass man zeigt, dass es auch noch etwas anderes gibt.

Und warum passiert das nicht?

Das Publikum ist schon lange bereit – die Designer sind es nicht. Dabei würden sie sich einen großen Gefallen tun, wenn sie Plus Size-Mädchen buchen würden, weil es eine tolle Botschaft nach außen ist. Ich verstehe gar nicht, warum die Fashion-Welt nicht auf Plus-Size-Mädchen setzt. Die komplette Medienaufmerksamkeit und Unterstützung so vieler Menschen wäre den Designern sicher. Ich frage mich, ob sie zu stolz sind oder Angst davor haben, nicht mehr genug Fashion auszustrahlen. Aber ich bin sicher, dass die Marken, die sich dazu entschließen, gemischte Schauen zu machen, am Ende diejenigen sind, die gewinnen und auch am meisten verkaufen würden.

Alle Highlights der Berlin Fashion Week 2018 gibt es hier!