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ROUNDUP 2: Haushalt 2021 steht - Ein Drittel aus Schulden finanziert

(neu: weitere Details)

BERLIN (dpa-AFX) - Es ist voraussichtlich der letzte Haushalt dieser GroKo - und er wird zu mehr als einem Drittel aus Schulden finanziert. Die Haushälter im Bundestag haben in der Nacht zum Freitag den Etat für 2021 festgezurrt. Unter dem Strich stehen danach Ausgaben von fast einer halben Billion Euro und fast doppelt so hohe Kredite, wie Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im September noch dem Kabinett vorgeschlagen hatte. Auf viele Bürger kommt die größte Steuersenkung der vergangenen Jahre zu. Der Bundestag will den Etat in der Woche vom 8. bis 11. Dezember verabschieden.

"Der Bundeshaushalt 2021 steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie", erklärte Unionshaushälter Eckhardt Rehberg. Doch das sehen nicht alle so: "Das ist kein Pandemie-Haushalt, sondern der teuerste Wahlkampf-Haushalt in der Geschichte der Bundesrepublik", konterte Gesine Lötzsch von den Linken. Der Vorwurf: Scholz, der für die SPD als Kanzlerkandidat ins Rennen geht, wolle sich eine gute Ausgangsposition verschaffen.

DIE SCHULDEN

Die große Koalition will vor allem zur Bewältigung der Krise 179,82 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen und dafür wieder die Schuldenbremse im Grundgesetz aussetzen. Ursprünglich hatte Scholz mit 96 Milliarden gerechnet. Als die Corona-Infektionszahlen im Herbst aber in die Höhe schossen, musste er nachbessern. Große Teile der Milliardenhilfen für die vom Teil-Lockdown betroffenen Unternehmen werden wohl erst 2021 ausgezahlt. Die mussten genauso eingepreist werden wie etwa Kosten für Impfstoffe.

Die letzte Anpassung kam von den Koalitionsfraktionen: Noch einmal 20 Milliarden Schulden mehr, pauschal für die Pandemiebekämpfung. Niemand könne jetzt sagen, wofür das Geld gebraucht werde, sagte SPD-Haushälter Dennis Rohde. Es sei eine Vorsorge, "für Lasten, die wir heute noch nicht absehen können". Geregelt wurde: Wenn Scholz das Geld nutzen will, muss er den Haushaltsausschuss mit konkreten Plänen um Erlaubnis bitten. Lötzsch kommentierte das als "ungedeckte Schecks", der FDP-Haushälter Otto Fricke sprach von Blanko-Schecks für die Regierung.

Scholz dagegen erklärte, zwar sollten 2021 höhere Schulden gemacht werden, dafür würden die für 2020 genehmigten 218 Milliarden aber lange nicht ausgeschöpft. In beiden Jahren zusammen plane er mit rund 300 Milliarden an neuen Krediten. Die Koalitionshaushälter betonten, auch 2021 müsse ja nicht der ganze Kreditspielraum genutzt werden.

DIE CORONA-AUSGABEN

Die Pandemie kommt den Bund auch im kommenden Jahr teuer zu stehen. Nicht nur bleiben die Steuereinnahmen niedrig, auch viele Hilfsprogramme sollen weitergeführt werden. 39,5 Milliarden Euro stehen nun für Überbrückungshilfen für die Wirtschaft zur Verfügung, auch Corona-Hilfen etwa für Profisportvereine wurden verlängert. Das Sonderprogramm der KfW-Bank wurde aufgestockt, die Arbeitsagentur, Krankenhäuser, Flughäfen und die Bahn werden unterstützt. Auch Geld für FFP2-Masken ist eingeplant. Für die Beschaffung von Corona-Impfstoffen sind rund 2,7 Milliarden Euro vorgesehen.

Die Opposition ist mit den Schwerpunkten unzufrieden: Der Haushalt beschäftige sich mehr mit der Pandemie als damit, wie man aus der Krise wieder herauskomme, kritisierte Fricke. Der Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, monierte eine soziale Schieflage. Außerdem seien die Investitionen für den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft viel zu gering, stattdessen rette die Bundesregierung mit Milliarden Großkonzerne, die fossile Energien nutzten.

WER DAS ALLES BEZAHLEN SOLL - BUND-LÄNDER-ZOFF

Steuererhöhungen seien jedenfalls keine Lösung betonte Rehberg. Stattdessen müssten die Länder helfen. "Es ist nicht länger hinnehmbar, dass sich die Länder ihrer finanziellen Verantwortung entziehen", sagte er mit Blick auf die Pandemiekosten. Mit der Meinung ist er nicht allein: "Der Frust über die Länder ist bei allen Haushältern riesig groß", sagte Fricke. Die Kritik: Die Bundesländer nähmen schon im laufenden Jahr viel weniger Schulden auf als der Bund. Im Frühjahr hätten sie noch eigene Hilfsprogramme aufgelegt, aber inzwischen stünden sie wie der Zuschauer am Spielfeldrand, wollten mitbestimmen, aber keinen Cent übernehmen. Mehrere Länder haben die Kritik bereits zurückgewiesen und zugleich betont: "Wer bestellt, bezahlt."

ENTLASTUNGEN FÜR DIE BÜRGER

Der Bundeshaushalt sieht nicht nur milliardenschwere Hilfen für Unternehmen vor, sondern auch eine kräftige Entlastung für fast alle Bürger. Ab Januar müssen die meisten keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen - das ist die größte Steuersenkung der vergangenen Jahre. Nur die reichsten zehn Prozent sollen noch zur Kasse gebeten werden. Insgesamt haben die Bürger im Jahr dadurch fast 11 Milliarden Euro mehr in der Tasche.

Außerdem sollen Familien pro Kind und Monat 15 Euro mehr Kindergeld bekommen. Auch die Grundrente startet: Menschen mit kleiner Rente bekommen einen Aufschlag von im Schnitt 75 bis 80 Euro - im Maximalfall sogar 400 Euro mehr. Für alle Steuerzahler steigt außerdem der Grundfreibetrag, auf den man keine Einkommensteuer zahlt

- von 9408 auf 9744 Euro.

WAS DIE "BEREINIGUNG" SONST BRACHTE

Die letzte Sitzung des Haushaltsausschusses vor der großen Abstimmung im Bundestag nennt man auch Bereinigungssitzung. Mehr als 17 Stunden gingen die Abgeordneten alle Ressorts mit den Ministern durch. An einigen Stellen legten sie nochmal drauf, strichen an anderen etwas zusammen. So wurden etwa höhere Mittel zur Sanierung kommunaler Einrichtungen, also Sporthallen, Jugendtreffs, Theater und Schwimmbäder, beschlossen. Es ging um Gelder für Kirchen und Synagogen. Auch die humanitäre Hilfe wurde um 170 Millionen Euro aufgestockt. Das kritisierte die AfD: Deutschland solle nicht in einer Notlage auch noch die Pandemiefolgen in anderen Ländern kompensieren.