Schauspieler und ihre Radikal-Diäten – Experten warnen: So gefährlich ist schnelles Zu- und Abnehmen

Für ihre Rolle in „Monster“ hatte sich Charlize Theron mehrere Kilos angefuttert. (Bild: Wenn)
Für ihre Rolle in „Monster“ hatte sich Charlize Theron mehrere Kilos angefuttert. (Bild: Wenn)

Dramatische Gewichtsveränderungen sind in Hollywood keine Seltenheit. Um auf der Leinwand authentisch zu wirken, müssen Schauspieler oft an ihrer Figur arbeiten. Für die Gesundheit bedeuten solche Extreme oft nichts Gutes. Dr. Heinrich Everke und Diplom-Psychologin Konstanze Münstermann erklären, welche gravierenden Folgen Hungerkuren oder schnelle Gesichtszunahme kurz- und langfristig für Körper und Psyche haben können.

Im Jahr 2003 hat sie es zum ersten Mal gemacht: Charlize Theron stand für das Biopic „Monster“ als Serienmörderin Aileen Wuornos vor der Kamera. Um der Rolle gerecht zu werden, hat die Südafrikanerin im Vorfeld der Dreharbeiten 13 Kilo zugenommen. Das Ergebnis war so überzeugend, dass Theron für ihre Darbietung im Folgejahr den Oscar bekam.

Die überflüssigen Kilos hatte Theron schnell wieder verloren. Doch für ihren aktuellen Film „Tully“ musste sich die 42-Jährige nun abermals ein paar Pfunde anfuttern. Und diesmal waren es nicht 13, sondern gleich 23 Kilo! Über diese Tortur sagte Theron nun gegenüber „Entertainment Tonight“: „Ich wurde richtig depressiv. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich so viele ungesunde Lebensmittel gegessen und viel zu viel Zucker getrunken.“

Theron ist nicht die Erste, die durch radikale Gewichtsveränderungen Probleme bekam. In ihrem Fall waren es Depressionen. Auch Sänger und Schauspieler Jared Leto hat aufgrund von Filmrollen bereits schwerwiegende Erkrankungen davongetragen. Für seine Rolle als Mark David Chapman in „Chapter 27“ nahm Leto unglaubliche 28 Kilo zu, um den Mörder von John Lennon glaubhaft zu porträtieren. Durch diese drastische Gewichtszunahme erkrankte Leto an Gicht. Und vom Oscar war er damals auch noch weit entfernt.

Jared Leto bekam für seine Rolle in „Dallas Buyers Club“ einen Oscar. (Bild: Wenn)
Jared Leto bekam für seine Rolle in „Dallas Buyers Club“ einen Oscar. (Bild: Wenn)

Dafür klappte es mit der Auszeichnung sechs Jahre später, als Leto für das Aids-Drama „Dallas Buyers Club“ vor der Kamera stand. Schon kurz nach „Chapter 27“ hatte Leto wieder sein Normalgewicht erlangt, doch für „Dallas Buyers Club“ speckte er dann noch weitere 18 Kilo ab. Auch diese Radikalumstellung hinterließ Spuren: Seither leidet Leto unter einem Schrumpfmagen und kann oft nicht essen, selbst wenn er Hunger hat.

Christian Bale in „Der Maschinist“. (Bild: Rex Features)
Christian Bale in „Der Maschinist“. (Bild: Rex Features)

Auch Christian Bale kennt das Problem, innerhalb von kürzester Zeit aus beruflichen Gründen große Gewichtsunterschiede herbeiführen zu müssen. Für die Hauptrolle in dem Drama „Der Maschinist“ aus dem Jahr 2004 hat sich der Waliser sagenhafte 31 Kilo runtergehungert, und wog bei einer Körpergröße von 1,82 Metern nur noch 55 Kilo. Ein halbes Jahr später stand der Brite für „Batman Begins“ vor der Kamera. Dafür brauchte er Muskeln und eine starke Physis – daher packte er in kürzester Zeit wieder 45 Kilo drauf.

Wenn Schauspieler mit einem Gewichtsverlust oder einer -zunahme von um die 30 Kilo leben müssen, gerät im Körper vieles aus dem Gleichgewicht. Was machen derartige Extremerfahrungen mit dem Körper und der Psyche eines Menschen?

Der Konstanzer Mediziner Dr. Heinrich Everke hat in seiner Praxis häufig mit Patienten zu tun, die sich der Auswirkungen ihrer Extrem-Diäten nicht bewusst sind: „Das Ergebnis ihrer Handlungen ist das genaue Gegenteil von dem, was die Leute erwarten. Langfristig wird die betreffende Person immer mit Gewichtszunahme zu tun haben – ein dauerhafter Jojo-Effekt sozusagen. Egal, ob extremes Ab- oder Zunehmen, der Körper reagiert auf die enormen Gewichtsschwankungen mit einer langfristigen – und vor allem fehlerhaften – Veränderung des Stoffwechsels. Der Körper hat als Konsequenz im schlimmsten Fall selbst kein gesundes Gefühl mehr dafür, wann er satt ist. Hier entscheidet dann nur noch der Kopf und das führt zu psychischen Problemen.“

Neben einem gestörten Gefühl für die eigenen Bedürfnisse in Bezug auf Essen kann das Prozedere ständiger extremer Gewichtsschwankungen auch zu einer Steigerung des Insulinspiegels führen, so Dr. Everke. „Setzt man den Körper immer wieder diesem Stress aus, wirkt sich das hormonell auf die inneren Organe aus – die Bauchspeicheldrüse, die Leber und die Nieren werden geschädigt.“

Auch die Berliner Diplom-Psychologin Konstanze Münstermann hält Extrem-Transformationen für gefährlich. „Muss sich jemand schnell und kurzfristig mit einem neuen Ernährungsprogramm auseinandersetzen, kommt der natürliche Rhythmus häufig durcheinander. Wer entweder lernt, zu hungern oder trotz Sättigungsgefühl weiterzuessen, übt unbewusst ständig Gewalt auf seine Psyche aus. Das neue Programm entwickelt sich dann häufig zu Zwängen, die sich nur – wenn überhaupt – mit jahrelanger therapeutischer Behandlung wieder lösen lassen. Personen, die sich langfristig immer wieder entgegen ihrer natürlichen Ernährung extremen Belastungen aussetzen, müssen mit Depressionen und ständiger Unzufriedenheit rechnen. Innere Gewohnheiten werden durch die unnatürliche Disziplin immer wieder außer Kraft gesetzt und das führt zu ständiger Enttäuschung.“

Ist eine schnelle und radikale Gewichtsveränderung unvermeidbar, wie es etwa bei Schauspielern, Sportlern oder oft genug auch Models der Fall ist, sollte diese unbedingt vorher mit einem Mediziner geplant werden. Grundsätzlich – da sind sich beide Experten einig – darf es dabei nie nur um eine Ernährungsumstellung gehen. Vielmehr sollte damit immer auch eine Anpassung des Lebensstils einhergehen. „Die betreffenden Personen sollten daraus ein Lifestyle-Programm machen, das dem Körper trotz allem das gibt, was er braucht. Hier sollte unbedingt auf das Gleichgewicht von Anspannung und Entspannung geachtet werden“, so die Psychologin. „Wer sich trotz der Radikalveränderung immer wieder bewusst macht, dass es sich um keinen Dauerzustand handelt und die extreme Belastung nur als akut nötig erkennt, kann es auch ohne psychische Langzeitfolgen schaffen. Man sollte sich dabei vor allem von längst überkommenen Schönheitsidealen loslösen und rechtzeitig wieder zurück zur Normalität finden.“